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Die gemeinsame Ablage als Projekthandbuch, Teil 1 (Sinn und Herausforderungen)

Ab und zu stellen wir in unseren Beratungsprojekten fest, dass ein Team ein Projekthandbuch zu erstellen hat. Braucht man aus agiler Sicht überhaupt noch ein Projekthandbuch? In dieser Woche gibt es eine kleine Serie zu diesem Thema.

Was ist der Sinn von Projekthandbüchern?

Es gibt zwei Arten von Anleitungen:
  • Wie gehen wir im Allgemeinen mit Projekten um? Das ist in einem ProjektMANAGEMENThandbuch beschrieben.
  • Wie arbeiten wir in einem konkreten Projekt zusammen? Das ist in einem PROJEKThandbuch beschrieben.
Der Sinn dieser Handbücher ist, dass alle Beteiligten ein gleiches Verständnis von den vereinbarten Zielen und Abläufen bekommen. Das Projekthandbuch ist die erste Anlaufstelle für Fragen zum Projekt.

Was ist das Problem mit Handbüchern und Standards?

Wer bereits an einer längeren internen Dokumentation gearbeitet hat, kennt folgende Probleme:
  • Das was beschrieben ist, ist gar nicht vereinbart. Es sieht auf dem Papier gut aus. In der Praxis wird aber nicht nach der Vorgabe gearbeitet. 
  • Kaum jemand kennt und versteht das Dokument. Es ist irgendwo verabschiedet worden. Aber es wurde den Betroffenen nicht erklärt.
  • Die Dokumentation ist nicht mehr aktuell. Es gibt Teile, die sind relativ statisch. Die ändern sich nur selten. Dann gibt es Teile, die sich sehr häufig ändern. Wenn beides im gleichen Dokument steht, muss dies ständig aktualisiert werden. Das führt zum Beispiel dazu, dass unterschiedliche Versionen im Umlauf sind.
  • Je mehr unterschiedliche Situationen abgedeckt werden müssen, desto schwieriger ist es, einen gemeinsamen Standard zu finden.
  • Je länger die Dokumente sind, desto schwieriger ist es, den Überblick zu behalten und das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden.
Wenn ich mehrere Wege kenne, das gleiche Ziel zu erreichen, dann sollten wir auch hier überlegen, ob es einfacher geht.

Was ist das Problem mit der Gesamtheit der Projekte?

Viele Organisationen haben zu viele Projekte /1, 2/. Die Unternehmensziele sind nicht eindeutig. So wissen die Bereiche nicht, wie sie konkret zum Erfolg beitragen können. Daher starten sie Projekte, die zwar sinnvoll aussehen. Aber eigentlich lasten sie die Mitarbeiter und Führungskräfte nur aus, ohne dass sich danach etwas ändert.

Was nützt das beste Projekthandbuch, wenn kein Mensch Zeit für ein Projekt hat? Das Projektmanagementhandbuch könnte auf dieses Thema hinweisen: "Bitte starten Sie erst ein neues Projekt, wenn ein anderes Projekt abgeschlossen wurde."

Was ist das Problem mit einem bestimmten Projekt?

Am meisten begegnen mir unklare Ziele und Teilziele. Alle sind beschäftigt, aber nichts kommt raus. Scrum oder PRINCE2 können hier helfen, weil die Aufmerksamkeit der Product Owner und Auftraggeber auf Ergebnisse ausgerichtet wird. Zur Erinnerung: bei technischen Projekten ist das Ergebnis nicht, dass die Technik steht. Das Ergebnis sind geänderte Arbeitsweisen beim Kunden.

Hier kommt das Projekthandbuch ins Spiel: Was soll denn wirklich rauskommen?

Bevor wir über die Inhalte eines Handbuchs nachdenken, sollten wir herausfinden, was sein Wert ist. Das sehen wir uns im nächsten Teil an.

Diese Serie hat vier Teile: 

Anmerkungen

  • /1/ Don Reinertsen mahnt dies mehrfach an, siehe Reinertsen, Donald: Managing the Design Factory. New York: Simon and Schuster, 1997.
  • /2/ Zeynep Ton hat ebenfalls viele Gespräche geführt, in denen bestätigt wurden, dass eigentlich zu wenig Mitarbeiter da sind, siehe Ton, Zeynep: The Good Jobs Strategy : How the Smartest Companies Invest in Employees to Lower Costs and Boost Profits. Orlando: Houghton Mifflin Harcourt, 2014. 

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