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Die besten Bücher zum Thema Teamleistung

Es gibt viele Bücher, die sich mit Teams beschäftigen. Doch wo sollen wir anfangen? In diesem Artikel stelle ich die wichtigsten Quellen vor.

Die Erforschung von Teams beginnt vor ca. 100 Jahren

In den 1920er- und 1930er-Jahren beginnen Psychologinnen und Psychologen mit ihren Forschungen in der Arbeitswelt. Zur Erinnerung: Die Psychologie war damals eine ganz junge Disziplin. Im Jahr 1879 eröffnete Wilhelm Wundt das weltweit erste Institut für experimentelle Psychologie.

Ab den 1930 entwickeln sich in den USA drei Schulen an verschiedenen Universitäten./1/

  • Kurt Lewin wanderte im Jahr 1932 von Deutschland in die Vereinigten Staaten aus. Er begründete Research Center for Group Dynamics (RCGD) am MIT. Als er im Jahr 1947 überraschend stirbt wird sein Institut an die Universität von Michigan verlegt. Aus diesem Institut sind viele bekannte Forscher:innen hervorgegangen. Diese Denkschule beschäftigt sich vor allem mit dem Einfluss einer Gruppe auf die einzelnen Mitglieder.
  • Elton Mayo und andere begründen die Forschung an Gruppen in Harvard. Diese Denkschule betrachtet Gruppen als ein System, in dem die einzelnen Elemente miteinander interagieren. Richard Hackman erforschte später mit seinen Schülern wie Ruth Wageman und Emy Admonson die Bedingungen für gute Gruppenleistungen.
  • Joseph McGrath studierte erst in Michigan und wechselte später an die Universität von Illinois. Die Forschung dort suchte nach universellen Eigenschaften von Gruppen, die sich auf die Teamleistung auswirken. Dort beschäftigte man sich auch mit Entscheidungsprozessen.

Für Scrum Master:innen, Teamleitungen und Coaches ist es hilfreich, sich mit der Forschungsgeschichte etwas auseinanderzusetzen. Jede Denkschule hat sich die Gruppen- oder Teamleistung aus einer anderen Brille angesehen: Welchen Einfluss hat das einzelne Mitglied auf die Gruppe? Wie verändert die Gruppe wiederum die Leistung eines einzelnen Mitglieds? Welchen Einfluss hat die Umgebung auf die Gruppe?

Die wichtigsten Bücher und Artikel

Die wichtigsten Bücher zur Teamarbeit
 
Wenn ihr wissen wollt, wie und warum Teams funktionieren, macht euch mit den Hintergründen zu Teamarbeit vertraut. Einen guten Einstieg bieten die folgenden Titel:
  • Hackman, J. Richard: Leading Teams: Setting the Stage for Great Performances. Boston, Massachusetts: Harvard Business Press, 2002.
  • Katzenbach, Jon; Smith, Douglas: The Wisdom of Teams: Creating the High-Performance Organization. Boston, Massachusetts: Harvard Business Press, 1992.
    • Ausgabe in deutscher Sprache: Katzenbach, Jon; Smith, Douglas: Teams. München: Redline Wirtschaft, 2009.
  • Marks, Michelle A., John E. Mathieu, and Stephen J. Zaccaro: A temporally based framework and taxonomy of team processes. Academy of management review 26.3 (2001): 356-376.
  • Tannenbaum, Scott; Salas, Eduardo: Teams That Work: The Seven Drivers of Team Effectiveness. New York: Oxford University Press, 2020.

Die Autorinnen und Autoren sind keine Unbekannten. Sie haben zum Teil sehr lange an diesen Themen geforscht und sehr viele weitere Artikel und Bücher veröffentlicht. Deswegen schauen wir uns diese Personen etwas genauer an. 

Hintergründe zu den Autoren

(Bei der Recherche und beim Formulieren der Texte habe ich mir von Perplexity helfen lassen.) 

Richard Hackman 

Richard Hackman (1940-2013) war einer der einflussreichsten Teamforscher des 20. Jahrhunderts und hat wie kaum ein anderer erklärt, warum manche Teams Großes leisten und andere scheitern. /2/ 

Hackman promovierte an der University of Illinois, die damals ein führendes Zentrum für Gruppenforschung war. Dort arbeitete er unter anderem mit Joseph McGrath zu Gruppen als Leistungssystemen. Nach der Promotion lehrte er rund 20 Jahre an der Yale University, bevor er 1986 an die Harvard University wechselte, wo er bis zu seinem Tod 2013 wirkte. /3/

Hackman war in der sozial- und organisationspsychologischen Tradition ausgebildet, die Gruppen als soziale und zugleich aufgabenorientierte Systeme untersucht. Diese „Illinois-Schule“ der Gruppenprozesse verband experimentelle und feldorientierte Forschung und prägte klassische Modelle wie das Input-Prozess-Output-Verständnis von Gruppenleistung, das Hackman im Jahr 1975 mit Charles Morris systematisch formulierte. /4/ Wir nutzen für unser Verständnis von Teams gern seine Authority Matrix

Jon R. Katzenbach und Douglas K. Smith

Jon R. Katzenbach und Douglas K. Smith sind keine klassischen akademischen Psychologen, sondern praxiserfahrene Managementberater, die mit „The Wisdom of Teams“ die Art geprägt haben, wie in Unternehmen über Teams nachgedacht wird.

Jon R. Katzenbach (1932-2025) arbeitete über fünf Jahrzehnte als Top-Managementberater, vor allem als Director bei McKinsey & Company, später als Gründer von Katzenbach Partners und Senior Executive Advisor bei Strategy& (PwC). Er studierte Wirtschaftswissenschaften an der Stanford University (B.A. 1954) und erwarb 1959 einen MBA an der Harvard Business School. /5/

Douglas K. Smith (*1949) ist Jurist und Berater, der vor seiner Beraterkarriere an der Yale Law School studiert und dort seinen J.D. erworben hat. Er war – wie Katzenbach – Partner bei McKinsey & Company und beschäftigte sich mit Strategie, organisatorischer Leistung, Total Quality Management und später mit Fragen von Innovation, digitalen Medien und Bürgerbeteiligung.

Beide Autoren stehen exemplarisch für die „evidenzbasierte Praxis“ der Managementberatung: Sie haben in „The Wisdom of Teams“ Dutzende reale Teams in mehr als 30 Unternehmen untersucht und daraus ein klar strukturiertes, praxisnahes Modell von Teamleistung abgeleitet. Zentral sind dabei Aspekte wie ein gemeinsamer, anspruchsvoller Leistungszweck, spezifische gemeinsame Ziele, eine ergänzende Zusammensetzung, klare Regeln des Miteinanders und die Doppelrolle der Führungskraft als Leistungs- und Teamcoach. /6/ Wir finden den Unterschied von Arbeitsgruppe und Team sehr hilfreich.

Michelle A. Marks, John E. Mathieu und Stephen J. Zaccaro

Michelle A. Marks, John E. Mathieu und Stephen J. Zaccaro gehören zu den prägenden Figuren der modernen Team‑ und Führungsforschung in der Arbeits- und Organisationspsychologie.

Michelle A. Marks ist Organisationspsychologin und Professorin für Management, die vor allem zu Teamprozessen, Teamtraining und Führung geforscht hat. Sie war viele Jahre Professorin an der George Mason University, später Kanzlerin der University of Colorado Denver, und steht in der Tradition der US‑amerikanischen Industrial/Organizational Psychology mit einem starken Fokus auf evidenzbasierte Team- und Leadership-Entwicklung.

John E. Mathieu ist Board of Trustees Distinguished Professor of Management an der University of Connecticut und einer der meistzitierten Teamforscher weltweit. Seine akademische Ausbildung liegt in der Arbeits- und Organisationspsychologie. Er ist Fellow der Society for Industrial and Organizational Psychology, der APA und der Academy of Management und hat zentrale Arbeiten zu Teamprozessen, geteilten mentalen Modellen und Trainingseffektivität publiziert. 

Stephen J. Zaccaro ist Professor für Psychologie an der George Mason University und ausgewiesener Experte für Führung und Teamarbeit. Er wurde in der I/O‑Psychologie sozialisiert, forscht insbesondere zu „functional leadership“ in Teams sowie zu den kognitiven und entwicklungsbezogenen Grundlagen von Führung und berät parallel Organisationen über sein eigenes Beratungsunternehmen.

Ihr Artikel „A temporally based framework and taxonomy of team processes“ ist mit über 6.000 Zitierungen ein Schlüsselartikel. Er teilt Teamprozesse systematisch in Phasen (Übergangs- und  Handlungsphase mit interpersonalen Prozessen) ein und schafft damit eine gemeinsame Sprache für Forschung und Praxis. Für Teamleiter sind diese Namen wichtig, weil ihr Rahmenwerk hilft, das „diffuse“ Thema Teamarbeit präzise zu beobachten und zu steuern: Es macht sichtbar, welche Prozesse vor, während und zwischen Leistungsepisoden relevant sind (z.B. Missionsanalyse, Zielklärung, Monitoring, Backup‑Verhalten, Konfliktmanagement) und wie sich daran gezielt Führungsinterventionen knüpfen lassen.

Eduardo Salas und Scott Tannenbaum

Eduardo Salas und Scott Tannenbaum gehören zu den einflussreichsten, zugleich extrem praxisnahen Teamforschern unserer Zeit und haben mit „Teams That Work“ eine verdichtete Synthese aus Jahrzehnten Forschung und Feldarbeit vorgelegt.

Eduardo Salas ist ein amerikanischer Psychologe, geboren und aufgewachsen in Lima, Peru. Er studierte Psychologie an der Florida International University, machte seinen Master in Psychologie an der University of Central Florida und promovierte in Psychologie. Salas arbeitete rund 15 Jahre als ziviler Forschungspsychologe für die US Navy, wo er ein Labor für Teamtraining aufbaute und Hochrisiko-Teams in Luftfahrt, Militär und Medizin untersuchte, bevor er als Professor (u.a. an der University of Central Florida und heute an der Rice University) eine der weltweit sichtbarsten Forschungskarrieren zu Teamarbeit, Teamtraining, Sicherheit und Human Factors entwickelte. /7, 8/

Scott Tannenbaum ist ebenfalls Psychologe und Präsident der von ihm mitgegründeten Beratungsfirma The Group for Organizational Effectiveness (gOE). Er hat einen Ph. D. in Psychologie, war viele Jahre Professor für Management an der University at Albany und berät seit den späten 1980er-Jahren mehr als 500 Organisationen weltweit. Seine Forschung zu Teamarbeit, Lernen, Change Management und HR-Effektivität ist stark anwendungsorientiert; er ist Fellow der Society for Industrial and Organizational Psychology und verbindet akademische Forschung mit der Entwicklung praxisnaher Tools.

Wer als Teamleiter auf der Höhe der Forschung zu Teams sein will, kommt an Salas und Tannenbaum kaum vorbei. Sie haben die Forschung aus Hunderten von Studien mit Hochrisiko-Teams (z. B. im Militär, in der Luftfahrt, Medizin und Raumfahrt) zu einem gut kommunizierbaren, anschlussfähigen Modell verdichtet.

Verweise

 

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