“Wir müssen aber pragmatisch vorgehen”, drängt der Kollege. Hm… Im Wörterbuch finde ich für “pragmatisch” in etwa: sachbezogenes, praktisches Handeln. Klingt gut. Leider zeigt sich in meinen Erfahrungen, dass pragmatisch für viele doch eher “quick and dirty” bedeutet. Es soll schnell fertig werden. Aber auf welche oder wessen Kosten? Wo ist die Grenze? Warum steht “praktisch” im Konflikt mit einem langfristigen “Nützlich”? Muss das sein?
Ein Team, das ich kenne, hat Pragmatismus für sich wie folgt definiert: “Stets den kürzesten und einfachsten Weg zum Ergebnis verfolgen, ohne dass daraus Folgen entstehen, die langfristig mehr schaden als nutzen.” Die Definition ist gut, und sie erfasst genau die zwei Kernprobleme:
In der Lean Philosophie gelten solche Fehler und das daraus entstehende Re-Work als Verschwendung, die zu reduzieren bzw. zu vermeiden sind. Das Pragmatische deutet damit auf ein Optimum, das wir durch einen Kompromiss erreichen.
Der Kompromiss gibt uns in der täglichen Arbeit leider keinen guten Leitfaden. Auf der einer Seite ist er banaler Common Sense: Gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis. Ja, richtig. Gut. Auf der anderen Seite ist dieses Verhältnis für die handelnden Personen aber sehr schwer zu ermitteln. Wie viel Zusatzkosten dürfen wir im Kauf nehmen? Wie hoch sind diese Kosten? Keiner kann in einem "pragmatischen" Entscheidungsmoment durchblicken, wie viel Re-Work oder Fehlerkorrekturen durch den genommenen, kürzeren Weg entstehen. Meist beugt man sich dem Termindruck der Einzelsituation und entscheidet für die kurzfristig naheliegendste Lösung. Denn der Mensch "leidet" generell an einem "Optimism-Bias", der ihn dazu verleitet, den späteren Schaden zu unterschätzen./1/
Die Folge ist, dass wenig Hoffnung besteht, dass sich Menschein im Eifer des Gefechts für das Optimum entscheiden. Am Ende führt sich das Team in eine negative Spirale, die Menge an Korrekturarbeit nimmt Oberhand. Und da wir keine Zeit haben, es richtig zu machen, sind wir zu weiterer Korrekturarbeit verdammt...
Der Weg aus dem Strudel liegt in einem stetigen Hervorheben des kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP), der die Ursachen und Fehlerquellen aufdeckt und angeht. Der KVP sorgt für einen langfristigen Pragmatismus, der darin besteht, dass unsere Prozesse einfach gestaltet sind. So entstehen möglichst wenig Fehler in den Einzelfällen. Die Herausforderung liegt allerdings darin, dass wir oft meinen, keine Zeit für den KVP zu haben. In dieser Situation hilft nur ein radikaler Schnitt: Wir zwingen uns die Zeit für den KVP zu nehmen. Trotz Termindruck. Das ist zunächst hart. Doch diese Zeit zahlt sich schnell aus.
Es gibt auch einen Teamwork- bzw. sozialen Aspekt zum vermeintlichen pragmatischen Handeln. Die Schaden (Korrekturkosten) entstehen häufig bei anderen, als denjeningen, die pragmatisch gehandelt haben. Sie nehmen eine Hypothek auf, und andere bezahlen die Zinsen. Gutes Geschäft, könnte man auf den ersten Blick meinen! Für den Pragmatiker ist es häufig schwer wirklich zu begreifen, welche unnötige Last er bei seinen Kollegen in einer entfernten Abteilung verursacht hat. Denn er kennt ihre Arbeit zu wenig. Der Lean-Ansatz bietet in diesem Zusammenhang ein Qualitätsversprechen an, das jedes Team an sich selbst geben kann. Das Qualitätsverprechen lautet:
Der wichtigste Satz ist der letzte. Denn er generiert sowohl das notwendige Feedback. Und er bietet eine Lern-Chance für beide Parteien an. In einem längeren Prozess mit vielen unterschiedlichen Teams pusht der Fehler zurück zu seiner Quelle. Wenn ich keinen Fehler von dir akzeptieren kann, und du machst das Gleiche mit deinem Lieferant, decken wir die wahre Fehlerquelle schnell auf. Damit können wir am effektivsten den ursprünglichen Fehler (Root Cause) beseitigen.
Also: Ich schlage eine neue Definition von Pragmatismus vor: “Stets nach Verbesserungen im Prozess zu suchen, die über kurze und einfache Wege zu fehlerarmen Ergebnissen führen.”
Denn für kurzfristigen Pragmatismus habe ich keine Zeit.
Ein Team, das ich kenne, hat Pragmatismus für sich wie folgt definiert: “Stets den kürzesten und einfachsten Weg zum Ergebnis verfolgen, ohne dass daraus Folgen entstehen, die langfristig mehr schaden als nutzen.” Die Definition ist gut, und sie erfasst genau die zwei Kernprobleme:
- Wie stellen wir sicher, dass wir schlank (Lean) handeln?
- Wie vermeiden wir langfristigen Schaden, sprich Fehler oder unfertige Arbeit, die zu späteren Aufwänden, Kosten oder PR-Arbeit führen?
In der Lean Philosophie gelten solche Fehler und das daraus entstehende Re-Work als Verschwendung, die zu reduzieren bzw. zu vermeiden sind. Das Pragmatische deutet damit auf ein Optimum, das wir durch einen Kompromiss erreichen.
Der Kompromiss gibt uns in der täglichen Arbeit leider keinen guten Leitfaden. Auf der einer Seite ist er banaler Common Sense: Gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis. Ja, richtig. Gut. Auf der anderen Seite ist dieses Verhältnis für die handelnden Personen aber sehr schwer zu ermitteln. Wie viel Zusatzkosten dürfen wir im Kauf nehmen? Wie hoch sind diese Kosten? Keiner kann in einem "pragmatischen" Entscheidungsmoment durchblicken, wie viel Re-Work oder Fehlerkorrekturen durch den genommenen, kürzeren Weg entstehen. Meist beugt man sich dem Termindruck der Einzelsituation und entscheidet für die kurzfristig naheliegendste Lösung. Denn der Mensch "leidet" generell an einem "Optimism-Bias", der ihn dazu verleitet, den späteren Schaden zu unterschätzen./1/
Die Folge ist, dass wenig Hoffnung besteht, dass sich Menschein im Eifer des Gefechts für das Optimum entscheiden. Am Ende führt sich das Team in eine negative Spirale, die Menge an Korrekturarbeit nimmt Oberhand. Und da wir keine Zeit haben, es richtig zu machen, sind wir zu weiterer Korrekturarbeit verdammt...
Der Weg aus dem Strudel liegt in einem stetigen Hervorheben des kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP), der die Ursachen und Fehlerquellen aufdeckt und angeht. Der KVP sorgt für einen langfristigen Pragmatismus, der darin besteht, dass unsere Prozesse einfach gestaltet sind. So entstehen möglichst wenig Fehler in den Einzelfällen. Die Herausforderung liegt allerdings darin, dass wir oft meinen, keine Zeit für den KVP zu haben. In dieser Situation hilft nur ein radikaler Schnitt: Wir zwingen uns die Zeit für den KVP zu nehmen. Trotz Termindruck. Das ist zunächst hart. Doch diese Zeit zahlt sich schnell aus.
Es gibt auch einen Teamwork- bzw. sozialen Aspekt zum vermeintlichen pragmatischen Handeln. Die Schaden (Korrekturkosten) entstehen häufig bei anderen, als denjeningen, die pragmatisch gehandelt haben. Sie nehmen eine Hypothek auf, und andere bezahlen die Zinsen. Gutes Geschäft, könnte man auf den ersten Blick meinen! Für den Pragmatiker ist es häufig schwer wirklich zu begreifen, welche unnötige Last er bei seinen Kollegen in einer entfernten Abteilung verursacht hat. Denn er kennt ihre Arbeit zu wenig. Der Lean-Ansatz bietet in diesem Zusammenhang ein Qualitätsversprechen an, das jedes Team an sich selbst geben kann. Das Qualitätsverprechen lautet:
- Ich erstelle keine schlechte Qualität.
- Ich gebe keine schlechte Qualität weiter.
- Ich akzeptiere keine schlechte Qualität.
Der wichtigste Satz ist der letzte. Denn er generiert sowohl das notwendige Feedback. Und er bietet eine Lern-Chance für beide Parteien an. In einem längeren Prozess mit vielen unterschiedlichen Teams pusht der Fehler zurück zu seiner Quelle. Wenn ich keinen Fehler von dir akzeptieren kann, und du machst das Gleiche mit deinem Lieferant, decken wir die wahre Fehlerquelle schnell auf. Damit können wir am effektivsten den ursprünglichen Fehler (Root Cause) beseitigen.
Also: Ich schlage eine neue Definition von Pragmatismus vor: “Stets nach Verbesserungen im Prozess zu suchen, die über kurze und einfache Wege zu fehlerarmen Ergebnissen führen.”
Denn für kurzfristigen Pragmatismus habe ich keine Zeit.
Anmerkungen
- /1/ Daniel Kahneman, Thinking, Fast and Slow (Farrar Straus & Giroux, 2011). Schöner ließt sich allerdings Albert O. Hirschman, “The Principle of the Hiding Hand,” in Development Projects Observed (Washington, D.C.: The Brookings Institution, 1967), 9–34. Hirschmanns Hiding Hand hat 30 Jahre früher das gleiche Phänomen aufgegriffen und geht dessen Paradoxen subtiler an.
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