Kommt Dir das bekannt vor?
Häufig werde ich gefragt: "Maria - wie sieht das in der Praxis aus? Wie gestalte ich als Moderator ein strukturiertes Meeting?". In diesem Artikel stelle ich Dir EINEN alternativen Ablauf einer Kickoff-Veranstaltung in fünf Schritten vor. Ein Gestaltungsvorschlag, der Impulse und Mut zum Experimentieren neuer Formate bieten soll.
Was es ermöglicht:
Förderung
des Projekterfolg
- Frühes gemeinsames Verständnis des Projekts
- Missverständnissen wird vorgebeugt
- Es werden hilfreich Hinweise sichtbar, WIE das Projekt
umgesetzt werden sollte
- Projektverantwortliche erhalten sofortige Rückmeldung in
einer frühen Phase
- Mitarbeiter können frühzeitig Ideen und Vorschläge einbringen
Förderung
Psychologischen Sicherheit
- das Team wird eingebunden und aktiviert
- ein wertschätzender Umgang mit Widerständen wird ermöglicht
- das Team wird von Beginn an in ihrer Zusammenarbeit gestärkt
- Selbstorganisation wird gefördert
Schritt 1: Projekt vorstellen
Im ersten Schritt wird dem Team das Projekt vorgestellt. Ein Project Canvas dient der Förderung eines gemeinsamen Projektverständnisses. Es stellt ein Projekt in seinen grundlegenden Elementen übersichtlich dar. Hier bekommst du Details und eine Vorlage dazu.
Schritt
2: Verständnisfragen klären
"Du weißt erst was du
gesagt oder getan hast, wenn Du Rückmeldung darauf bekommst" | unbekannt
Anschließend werden
Verständnisfragen beantwortet. Hier bieten sich Formate aus dem „LiberatingStructure“-Baukasten an. Liberating Structures
sind eine Sammlung an Micro-Strukturen. Je nach Ziel des Meetings können passende Micro-Strukturen zusammen gestellt werden. Die Sammlung bieten sehr durchdachte Auswahlmöglichkeiten und Anleitungen. Das Buch liefert die detailiertesten Informationen. Auch App und Website sind meine treuen Begleiter. Hier kannst du einen Blick auf den Liberating Structure- Baukasten werfen.
- In einem Appreciative
Interviews (AI) können fehlende Informationen und „Blinde
Flecken“ aufgedeckt werden. In strukturierten Dialogen reflektieren die
Teilnehmer die verstandenen Informationen. In entspannter Atmosphäre
entsteht eine hohe Intensität, da jeder ganz aktiv und aufmerksam ist,
entweder als Interviewer oder als Interviewter. Dabei werden Einsichten ermöglicht,
neue Perspektiven entdeckt. Die Ergebnisse der Gespräche werden in Gruppen
besprochen und zu einem Verständnisbild zusammengefügt. Die Anleitung findest du hier.
- 1-2-4-All-
Methode sorgt dafür, dass alle sicher und effektiv miteinander sprechen und
ein gemeinsames Verständnis geschaffen wird. In der ersten Runde
reflektiert jeder Teilnehmer für sich die erhaltenen Informationen. Dabei
können Fragen, Meinungen und Impulse notiert werden. Im zweiten Schritte tauschen
2 Personen ihre Gedanken aus. Unterschiedliche Wahrnehmungen und
Gemeinsamkeiten können abgestimmt werden. In der dritten Runde finden sich
2 Paare aus und besprechen erkannte Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Im
letzten Schritt werden die Ergebnisse in großer Runde besprochen. Hier gehts zur genauen Anleitung.
Was
wird ermöglicht?
- Das Team erhält einen ersten Überblick vom Projekt
- Initiale Fragen können sofort geklärt werden
- Alle Mitglieder erhalten einen Einblick in die Perspektiven
der anderen Beteiligten
Schritt 3
Einschätzung abfragen
"Es gibt immer eine Lösung! Finde eine, schaffe eine oder frag andere." Tom Bilyeu
Auf dieser Basis an Informationen schätzen die Teammitglieder das Projekt ein.
Dazu beantworten die einzelnen Teammitglieder ein paar Fragen, die folgende
Kriterien beleuchten:
- Haben wir ausreichend Klarheit, um die ersten Schritte gehen
zu können?
- Können wir auf ausreichend Erfahrung zurückgreifen?
- Stehen uns ausreichend Informationsquellen zur Verfügung?
- Wie schätzen wir mögliche Stolpersteine und Abhängigkeiten
ein?
Anhand der Ergebnisse wird das Projekt einer der fünf Kategorien des Cynefin-Models zugeordnet: einfach, kompliziert, komplex, chaotisch oder "nicht wissen".
Impulsfragen
Die vorgestellten Fragen können per
digitaler Umfrage, auf Flipcharts, Whiteboard oder per Excel dargestellt und
befüllt werden.
Ich empfehle Dir eine Skala von 1-5 zu
wählen. So erleichterst Du die Kategorie-Zuordnung im Cynefin-Model. Die Logik
beruht auf der Einteilung:
- 1 = nichts wissend = keine Angaben möglich
- 2 = chaotisch = eher Ablehnung
- 3 = komplex = unsicher
- 4 = kompliziert = eher Zustimmung
- 5 = einfach = volle Zustimmung
Hinweis: Die Ergebnisse sollen dazu dienen, das Bauchgefühl der Teammitglieder besprechbar zu machen. Ich erhebe nicht den Anspruch, dass die Fragestellungen zu wissenschaftlichen Zwecken eingesetzt werden können.
Frageblock
1: Haben wir genug Klarheit, um starten
zu können?
1.
Ist die Herausforderung
ausreichend beschrieben und verständlich?
2.
Kannst du die Herausforderung
mit einer eindeutigen Zielvorgabe beschreiben?
3.
Wie klar ist dein
Verständnis darüber, was als erfolgreich im Projekt angesehen wird?
Frageblock 2: Können wir auf ausreichend Erfahrung zurückgreifen?
1.
Gab es in der
Vergangenheit ausreichend vergleichbare Projekt, bei denen erfolgreiche
Lösungen gefunden wurden?
2.
Kann man auf bestehende
Prozesse und Verfahren zurückgreifen, um das Projekt umzusetzen?
3.
Haben wir ausreichend
Expertise und Erfahrung im Team, die zur Umsetzung nötig sind?
Frageblock 3: Stehen uns ausreichend Informationsquellen zur Verfügung?
1.
Gibt es bereits genügend
Informationen über das Projekt und dessen Herausforderungen?
2.
Kann man nötige
Informationen leicht einholen?
3.
Ist es möglich,
zuverlässige Prognosen über die Auswirkungen bestimmten Vorgehensweisen auf den
Projekterfolg bei abzugeben?
Frageblock 4: Wie schätzen wir mögliche Stolpersteine und
Abhängigkeiten ein?
1.
Wie klar ist Dir das
nötige Vorgehen im Projekt?
2.
Existiert eine klare
Lösung für die Herausforderung im Projekt?
3.
Es gibt nur Wenige
außerhalb des Teams, die in irgendeiner Weise vom Projekt betroffen sind.
Was wird ermöglicht?
- Die Einschätzung des Teams wird sichtbar und messbar
- Das Projekt kann in eine der Kategorien des Cynefin-Models eingeordnet
werden
- Es liefert konkret Hinweise auf ein geeignetes Vorgehen.
- gemeinsames Verantwortungsgefühl wird gefördert
Tipp: Immer häufiger bewegen sich Projekte in der komplexen und chaotischen Kategorie. Hier ist ein agiles Vorgehen wie Design Thinking, Lean Startup, Scrum oder Kanban gefragt. Die erforschende Vorgehensweise liefert schnell neue Erkenntnisse und Fakten, die vorhandene Lücken schließen.
Schritt 4:
Gemeinsames Verständnis schaffen
Werden stark abweichende
Einschätzungen sichtbar, könnt ihr diese gezielt ansprechen. Nehmen wir
beispielsweise an, Teammitglied A schätzt die ausreichenden Informationsquellen
(aus Frageblog 3) mit 2 Punkten ein. Ein anderer mit 5 Punkten. Hier kann Teammitglied
A gezielt gefragt werden, was zur Einschätzung geführt hat. Teammitglied B wird
ebenfalls befragt. Alle Teilnehmer hören zu. Die Teammitglieder erhalten
anschließend die Möglichkeit, ihre Einschätzung neu zu bewerten.
Was wird ermöglicht?
- Unerkannte Potenziale werden aufgedeckt
- Mögliche Stolpersteine werden sichtbar
Schritt 5: Umsetzung planen
Jetzt werden die nächsten
Schritte zusammengestellt. In
einer Team
Alignment Map werden
- gemeinsamen (Teil-)Ziele
- Konkrete Schritte, Verantwortlichkeiten und Fristen
- benötigte Mittel und
- erkannte Risiken
erfasst. Auch hier bietet sich
die 1-2-4-All- Methode an.
Gemeinsam könnt ihr nun Schritte überlegen, wie ihr die Risiken konkret angehen könnt. Irgendwas geht immer. Möglicherweise müssen noch Informationen beschafft werden. Wer kümmert sich darum? Bis wann? Was oder wen braucht ihr dazu? So könnt ihr die Risiken Schritt für Schritt abmildert und ihnen den Schrecken nehmen.
- Was müssen wir konkret tun?
- Woran kann der Fortschritt sichtbar werden?
- Wer übernimmt die Verantwortung wofür?
- Welche Ressourcen werden benötigt, um das Projekt starten zu können?
- Was sollte zur Verfügung gestellt oder organisiert werden?
- Was fehlt, damit jeder erfolgreich mitwirken kann?
- Was sind die notwendigen Mittel, um unsere Arbeit auszuführen? Was ist Nice-to-have?
Was wird ermöglicht:
- Die übersichtliche visuelle Darstellung bietet einen
kompakten Überblick der nächsten Schritte
- Risiken und Stolperstein werden sichtbar und aktiv angegangen
- Die Projektverantwortlichen erhalten eine direkte Rückmeldung
WIE das Team das Projekt angehen möchte
- Die nächsten Schritte können direkt in ein Projektbacklog überführt werden
Legt abschließend gemeinsam fest,
wann ihr die Zwischenergebnisse überprüfen werdet. Vielleicht bieten sich
bestehende Regel-Termine an. Eine klare Meeting-Strukturen unterstützten dabei,
die gewonnene Energie fließen zu lassen?
Tipp: Mache die geschafften
Ergebnisse greifbar für das Projektteam. Hänge z.B. die Team-Alignment Map und
das Projektcanvas auf oder schaffe im digitalen Raum eine Bühne dafür. So
bleiben die Erkenntnisse präsent und können weiter verinnerlicht
werden.
Fazit
In einem strukturiertem Projekt-Kickoff
erarbeitet sich das Team ein gemeinsames Verständnis in weniger als 4-5 Stunden.
Die Teammitglieder sollten aktiv eingebunden werden. Ein Moderator hilft, den
Fokus zu behalten. Du erhältst wichtige Hinweise auf versteckte Potenziale und
mögliche Stolpersteine. Einfache Modelle und übersichtliche Darstellungen
helfen, ein gemeinsames Verständnis zu schaffen. Die Ergebnisse dienen als
Grundlage für die weitere Kommunikation. Enge Feedbackschleifen helfen
Missverständnissen und Konflikten vorzubeugen.
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