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Nachschau zum Lean Coffee-Spezial "Agil einfach machen" (Interaktive Buchvorstellung)

Bei unserem Lean Coffee-Spezial Ende Mai waren wir von Lean Coffee Karlsruhe/Frankfurt Zeugen einer Buchvorstellung, doch nicht nur das – natürlich gab es auch einen nicht unbeträchtlichen Anteil an eigener Aktion, denn bei unseren Spezialterminen ist traditionell „Teilgabe“ angesagt. Das Autorenduo Christian Baron und Janick Oswald zeigte uns, was es mit „Agil einfach machen“ auf sich hat.
 

Es geht los

Bereits im Vorfeld der Veranstaltung konnten wir über 30 Anmeldungen verzeichnen. Am Termin selbst waren dann leider nicht so viele Gäste da, was offenbar auch an einer Un-Logik von LinkedIn liegt. Aber wer da ist, sind schließlich die Richtigen, und so hatten wir einen kurzweiligen Abend mit der Anwendung von Methoden in Gruppen. 

„Noch’n Buch über Agilität – braucht es das?“

Eine Ausführung, die erst am Schluss der Veranstaltung in kleiner Runde erfolgte, stellen wir hier gleich an den Anfang, um unsere geneigte Leserschaft abzuholen. Auf charmante Weise berichtete Janick, dass sie gefragt worden seien, ob es denn tatsächlich noch ein Buch über Agilität brauche. Die beiden Autoren hatten etwas gemäß der Analogie eines Kochbuchs gesucht – und nicht gefunden. Viele Menschen gehen gerne ins Restaurant, um dort leckere Speisen zu essen. Für den heimischen Gebrauch, um etwa Gerichte nachzukochen, gibt es Kochbücher, die selbst des Kochens Un-Mächtige Schritt für Schritt durch den Prozess leiten und sie damit befähigen, selbst ein solches Gericht herzustellen. Da Christian und Janick so etwas nicht fanden, beschlossen sie, diese Lücke selbst zu füllen.

Der Buchtitel "Agil einfach machen" /1/ ist in doppeltem Sinne zu verstehen: einmal als „Agilität einfach anwenden, also ins Tun kommen, ohne im Vorfeld lange zu theoretisieren“, sowie „die Anwendung von Agilität so einfach gestalten, dass wirklich jede/r die Methoden anwenden kann“.

Alleinstellungsmerkmal des Buches

Die Idee in Kurzform: eine Sammlung agiler Methoden im Kochbuch-Format, mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen und Informationen zum passenden Anwendungskontext, inklusive Methoden-Übergängen (für verschiedene Phasen eines Projekts), alles für Menschen ohne jegliche Vorkenntnis zu den Methoden. 


 

Für die praktische Anwendung wurde mitgedacht, da alle Methoden als Arbeitsblätter ausdruckbar sind (selbstverständlich schwarz-weiß-optimiert, damit die Druckerpatrone nicht leergeleiert wird und alles gut lesbar bleibt). Über eine Randbemerkung erfuhren wir, dass das Buch inzwischen auch in mindestens einer Musikschule verwendet wird.

Agil einfach machen 

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde (auch so etwas wie: „Woher kommst du?“) und einer Einführung ging es dann gleich los mit der Anwendung. Nachdem Janick die Buchvorstellung übernommen hatte, moderierte uns Christian durch die erste Übung.
 

Weniger ist mehr: Übung 1

Zunächst sollten wir uns für uns selbst ca. eine Minute lang Gedanken darüber machen, welches die größten Herausforderungen sind, denen wir in unseren beruflichen Umfeldern begegnen. Dazu, ja, Ihr lest richtig, verwendeten wir echtes Papier und echte Stifte. (Anmerkung der Autorin dieses Artikels: Das verbessert die Merkfähigkeit, siehe z. B. /2/)

Erster Austausch und Verhandlung

In Runde zwei wurden wir zu zweit in Breakout-Räume geschickt, um unsere Ergebnisse zusammenzuwerfen und auf einen einzigen Punkt einzudampfen. (Erfahrenere Leser:innen wissen schon, um welche Methode es sich handelt. Unsere Impulsgeber nannten extra keine Namen und verwendeten insgesamt eine universelle Sprache, die jede/r im Projektgeschäft, ob klassisch oder agil oder hybrid oder sonstwas, versteht – ein weiteres Anliegen der beiden.)
Es ist gar nicht so einfach, wenn jede der zwei Personen eine ganze Liste vor sich hat, weil es ja im Projektgeschäft viele Herausforderungen gibt. Und das soll dann auf einen Punkt reduziert werden. Da wurde die Zeit schon etwas knapp. Nachdem wir technisch zurück in den Hauptraum gewischt worden waren, tauschten wir uns über die jeweiligen Ergebnisse aus.

Immer mehr Ideen weiter verdichten

In Runde drei dann waren wir zu viert und hatten denselben Auftrag: sich über die jeweiligen Ergebnisse austauschen und diese wiederum zu einem einzigen Punkt komprimieren. Man kann sich vorstellen, dass die Gruppen jeweils zu einer Art Trick griffen, indem sie "ihren" Begriff so schwammig fassten, dass man verschiedene Themen damit in Verbindung bringen kann. Als Verdichtungen resultierten „Mindset“ und „Klärung“. In der großen Runde wurde schließlich abgestimmt, welcher Begriff der „Sieger“ sein sollte.

Umgekehrtes Brainstorming: Übung 2

Für diese Übung hatten uns Christian und Janick ein MIRO-Board vorbereitet. (In der Gruppe der Gäste gab es niemanden, der/die das Tool noch nicht kannte, die Kenntnis dessen wird auch hier vorausgesetzt). 

Klare Sprache: Um was geht es hier?

Hier mussten sich die Gruppen in das Thema „Anforderungsmanagement“ vertiefen und natürlich auch wieder Konsens erreichen, das ist ja der Witz an Gruppenübungen. In Gruppe eins scheiterten wir bereits am ersten in einer Abfolge von mehreren Aufträgen: „Anforderung oder Problem definieren“ – und das, obwohl wir doch vorbereitend schon ausführlich darüber gesprochen und verdichtet und komprimiert hatten.

Eine Reihe von Aufträgen für uns

Zweiter Auftrag: Anforderung umdrehen (wenn ich also etwas verbessern will, stattdessen danach fragen, wie ich es verschlimmern könnte – auch hier wissen Eingeweihte schon, um welche Methode es sich handelt.). Dritter Auftrag: Ideen sammeln, wie ich das „umgedrehte“ Ziel erreichen könnte, dann im vierten Auftrag die Ideen umdrehen, damit sie wieder die ursprüngliche Anforderung lösen, und im fünften Schritt schließlich wieder alle Ideen auswerten und die besten auswählen (man will ja schließlich Maßnahmen herauskristallisieren).

Erfahrungsberichte aus den Breakout-Räumen

Wie nach Übungen in einzelnen Gruppen üblich, trafen wir uns wieder im Hauptraum, und unsere Moderatoren fragten nach, was wir in unseren Breakout-Räumen für Erkenntnisse gewonnen hätten. Gruppe eins bekannte, dass sie sich bereits im ersten Schritt völlig verrannt hatte, weil man an Formulierungen feilte und sich fragte, ob das, was da fabriziert wurde, tatsächlich die eigentliche Anforderung wäre. Schön, das mal so zu erleben bzw. zu hören, denn Menschen im „realen“ Unternehmensleben geht es, da sind wir uns sicher, ja auch nicht besser.

Donald Trump und andere, die (natürlich) doof sind

Gruppe zwei dagegen geriet in einen gemeinsamen Flow. Alle Aufträge wurden bearbeitet, und es gab stets mehrere Post-Its pro Station. Witzige Einfälle wie „Donald Trump“ (nichts weiter, nur dieser Name - das reichte im Kontext schon) oder „Die anderen sind doof“ waren zu lesen. Am Ende wurde alles noch auf einen einzigen Vorschlag heruntergebrochen, wie die eingangs genannte Anforderung am besten zu lösen sei.
Nach einem gemeinsamen Austausch nach der Übung verließen unsere Teilnehmer:innen nach und nach die Veranstaltung, bis am Schluss noch die Impulsgeber und die Organisatoren übrigblieben.

Agil einfach machen 

Wie habt Ihr eigentlich selbst komprimiert?

Es kam die Frage auf, wie Christian und Janick denn vorgegangen sind, um aus dem riesigen Fundus an gefühlt tausenden von Methoden, Denkmodellen, Ansätzen und sonstigen Gimmicks, die auf die Zusammenarbeit von Menschen und die Zielerreichung von Unternehmen positiven Einfluss nehmen sollen, genau die 61 auszuwählen, die nun Teil des Buches geworden sind.

Empirische Buchinhaltekontrolle

Auch die Antwort darauf ist einfach: durch Empirie. Natürlich hat man, wenn einem eine Methode begegnet, mehr oder weniger Resonanz, je nach eigenen Präferenzen, der Einschätzung des Unternehmenskontextes, in dem man sie anzuwenden gedenkt, und sonstigen Faktoren, die wir hier nicht alle aufzählen wollen. Janick und Christian starteten also ein Projekt. Sie gingen in mittelständische Unternehmen und probierten dort aus, wie gut sich Methoden eignen, um als „Kochbuch“-Handreichung anderen dabei zu helfen, bestimmte Herausforderungen zu lösen.

Und wie suche ich jetzt das richtige aus?

Bleibt noch die Frage, wie man als unbedarfte:r Leser:in herausfinden soll, welche der 61 Methoden wann zu wählen ist. Aber auch das ist einfach, genau wie der Buchtitel es verspricht. Es gibt sechs typische Projektphasen, die quasi für jede Art von Projekt Gültigkeit haben. Grob werden sie unterteilt in drei im Bereich „Problemraum“ und drei im Bereich „Lösungsraum“. Als Leser:in wird man durch den gesamten Prozess geführt und bekommt je Phase, in der man sich gerade mit seinem Projekt befindet, passende Methoden präsentiert, die auch darauf eingehen, welches Detailthema in der jeweiligen Phase gerade akut ist. Man kann also eigentlich gar nichts falsch machen (was ja in der aktuellen deutschen Fehlerkultur auch immer noch ziemlich wichtig ist).

Qualitätsgütesiegel des Buches

Unsere Referenten berichten uns außerdem im abschließenden Gespräch, dass ein „rigoroser Review-Prozess“ (O-Ton Christian) für ihr Werk stattgefunden habe. Dieses wurde, so Christian, „gegrillt, von unterschiedlichen Seiten“. Entwickler:innen, Coaches und Spezialist:innen für Themen wie z. B. „Design Thinking“ (und viele andere) unterzogen alle Inhalte einer gründlichen Qualitätskontrolle – damit auch für in der Methodenanwendung noch Unerfahrene wirklich nichts schief geht!
Agil halt einfach machen!
Wer nicht dabei war, hat wie immer was verpasst.

Quellen

/1/ https://agileinfachmachen.de/

/2/ https://www.br.de/nachrichten/wissen/darum-ist-es-gut-mit-der-hand-zu-schreiben-studien,UaPbtjm

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