Direkt zum Hauptbereich

Welche Gewohnheiten braucht ein Projektmanager?

Es gibt Blogbeiträge im Netz, die ich nicht so stehen lassen kann. Sehr beliebt sind Beiträge wie "X Habits Of Successful Project Managers". Finden Sie auch, dass gute Projektmanager Teams managen, Zeitpläne verwalten und verbrauchte Zeit aufschreiben müssen? Ich nicht.
In einem Blogbeitrag von projectmanager.com werden 5 Gewohnheiten eines erfolgreichen Projektmanagers beschrieben /1/. Der oder die Autoren zählen dazu:
  • Das Team managen, weil es so viel zu tun hat. (Deswegen brauchen Projektmanager auch Resource Planning Software, um den Überblick zu behalten.)
  • Zeitplan wöchentlich aktualisieren.
  • Projektrisiken managen
  • Zeiten aufschreiben, um sie mit den ursprünglichen Schätzungen zu vergleichen.
  • Änderungen in die bestehende Umgebung integrieren.
Vor 10 Jahren hätte ich diese Liste auch unterschrieben. Heute nicht mehr. Sehen wir uns diese Punkte an:
  • Team managen: Bei Scrum und im agilen Bereich haben wir gute Erfahrungen mit der Selbstorganisation des Teams gemacht. Wenn das Team zu viel zu tun hat, deutet das für mich auf falsche Prioritäten von der Führung hin. Hier muss nicht das Team gemanaged werden, hier muss einfach weniger getan werden. Das ganze Mutlitasking ist viel zu teuer und erzeugt dazu Verzögerungskosten.
  • Zeitlan aktualisieren und Zeiten aufschreiben: Die geplante und verbrauchte Zeit ist kein Maß für Arbeit. Wir wissen, dass wir zu optimistisch schätzen und die Realität ausblenden. Die Zeitschätzungen helfen uns nicht wirklich bei der Planung. Wir brauchen ein Maß für Arbeit und einen Bezug zu den Ergebnissen. Relatives Schätzen, Burndown-Charts, Earned-Value-Management sind da wirkungsvoller.
  • Projektrisiken managen: Risiken auf das Radar bringen und das regelmäßige Überprüfen finde ich gut. Aber was machen wir mit den Erkenntnissen? Risikomanagement bedeutet "Bezahl mich jetzt oder bezahl mich später". D. h. wenn ich kein Geld in die Hand nehmen kann, weil ich keins mehr habe, mache ich kein Risikomanagement. Besser wäre aus meiner Sicht, so früh es geht, Zwischenergebnisse zu liefern. Dann weiß, dass diese Ergebnisse schon mal sicher habe.
  • Integration der Ergebnisse: Auch eine interessante Sache. Ich weiß nicht, aus welcher Domäne die Autoren kommen. Die Personen auf der "About us"-Seite scheinen überwiegend einen IT-Hintergrund zu haben. IT-Systeme sind per se nutzlos. Nur wenn sie dauerhafte Änderungen in den Geschäftsabläufen unterstützen, hat das Unternehmen einen Vorteil. Aus meiner Sicht ist es viel zu spät, am Ende eines Projekts die IT-Systeme in die Mitarbeiter zu werfen. Die betroffenen Mitarbeiter müssen von Anfang an ihre Prozesse überarbeiten, testen und andere Wege ausprobieren. Irgendwann kommt die Software dazu. Als PM ist es ganz schwierig, wenn ich am Ende erst alle auf das neue System zwinge. Zudem ist das Einführen neuer Abläufe und Werkzeuge die Aufgabe der Unternehmensführung.

Sie merken schon, dass ich mit dieser Aufstellung nicht zufrieden bin. Offenbar verkaufen die Autoren eine Projektmanagement-Software. Ihr Blogbeitrag unterstreicht, wie wichtig eine Software für gute Projektarbeit ist. Es ist also nichts mehr als ein Marketingbeitrag.

Leser, die unseren Blog öfter besuchen, kennen schon meine wichtigste Regel zum Projektmanagement: Projektarbeit bedeutet, Ergebnisse unter Unsicherheit zu liefern. Ein erfolgreicher Projektmanager kümmert sich also um Ergebnisse. Und wenn diese nicht klar sind, klärt er sie zunächst. Insofern habe ich eigentlich im Moment nichts zu den Fähigkeiten hinzuzufügen, die ich im Mai 2014 schon einmal beschrieben habe /2/.

Sie wollen mehr über gute Projektarbeit lernen? Es gibt eine Übersichtsseite zum Thema Projektmanagement in diesem Blog. Dort finden Sie weitere Artikel, mit denen Sie sich in das Thema einlesen können.

Anmerkungen

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Wie lassen sich Ergebnisse definieren? - Drei Beispiele (WBS, CBP und BDN)

Ich habe schon darüber geschrieben, warum das Definieren von Ergebnissen so wichtig ist. Es lenkt die Aufmerksamkeit des Projektteams auf die eigentlichen Ziele. Aber was sind eigentlich Projektergebnisse? In diesem Beitrag stelle ich drei Methoden vor, um leichter an Ergebnisse zu kommen.

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Wie Agilität den Kundennutzen steigert - Einige Argumente für Berater:innen

In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit fragen sich viele, ob agile Beratung noch eine Zukunft hat. Die Antwort liegt in der konsequenten Orientierung am Kundennutzen. Qualität setzt sich durch, wenn sie messbare Verbesserungen bei Umsatz, Kosten und Leistungsfähigkeit bewirkt, anstatt sich in Methoden und zirkulären Fragen zu verlieren. Dieser Artikel zeigt, wie agile Beratung nachhaltige Veränderungen in Unternehmen schafft und warum gerade jetzt gute Berater:innen gebraucht werden, um Organisationen widerstandsfähiger zu machen.

Warum eine Agile Transformation keine Reise ist

Die agile Transformation wird oft als eine Reise beschrieben. Doch dieser Vergleich kann viele Unternehmen in die Irre führen oder Bilder von unpassenden Vergleichen erzeugen. Transformationen sind keine linearen Prozesse mit einem klaren Ziel, sondern komplexe und dynamische Entwicklungen. Dieser Artikel zeigt, warum Agilität kein Weg mit einem festen Endpunkt ist.

Kleine Organisationsveränderungen, die direktes Feedback erzeugen

Große Veränderungen sind in einer Organisation schwer zu messen. Oft liegt zwischen Ursache und Wirkung ein langer Zeitraum, sodass die Umsetzer:innen nicht wissen, was genau gewirkt hat. Hier ist eine Liste mit kleinen Maßnahmen, die schnell etwas zurückmelden.

Agile Leadership – Führst du noch oder dienst du schon?

Die Arbeitswelt verändert sich. Und das spüren nicht nur Führungskräfte, sondern vor allem Mitarbeitende. Immer mehr Menschen hinterfragen den Sinn ihrer Arbeit, erwarten Respekt, Vertrauen und eine Unternehmenskultur, die echte Zusammenarbeit ermöglicht. Studien wie die Gallup-Studie 2025 oder die EY-Jobstudie zeigen: Der Frust am Arbeitsplatz wächst – und mit ihm die Unzufriedenheit mit der Führung. Höchste Zeit, umzudenken. Genau hier setzt agile Führung an. 1. Warum agile Führung heute entscheidend ist  Klassische Führung – hierarchisch, kontrollierend, top-down – funktioniert immer weniger. Die Zahlen sind eindeutig:  Laut Gallup fühlen sich nur noch 45 % der deutschen Beschäftigten mit ihrem Leben zufrieden. Fast jede dritte Kündigung erfolgt wegen der Führungskraft. Nicht das Gehalt, sondern mangelnde Wertschätzung, fehlendes Vertrauen und ein schlechtes Arbeitsumfeld treiben Menschen aus Unternehmen.  Agile Führung bietet eine Alternative, die auf Vertrauen, Selbs...

Ent-Spannen statt Platzen: Erste Hilfe für mehr Vertrauen und Resilienz im Team

Zwei Themen die mir in den letzten Wochen immer wieder über den Weg laufen sind Vertrauen und Resilienz. Vertrauen als das Fundament für gemeinsame Zusammenarbeit und Resilienz als die Fähigkeit, Herausforderungen, Stress und Rückschläge zu bewältigen und gestärkt daraus hervorzugehen.  In dem Blogpost möchte ich ein paar Erste-Hilfe Interventionen teilen, die zu mehr Vertrauen und Resilienz im Team führen können - gerade wenn die Emotionen hochkochen und es heiss her geht im Team. Die „Mist-Runde“: Ärger Raum geben. In konfliktbeladenen oder belasteten Teams kann es eine große Herausforderung sein, eine offene Kommunikation und ein respektvolles Miteinander zu fördern. Eine einfache, aber äußerst effektive Methode, um Spannungen abzubauen, ist die „Mist-Runde“ . Diese Intervention, die ich zuerst bei Veronika Jungwirth und Ralph Miarka kennengelernt habe, gibt den Teilnehmern einen geschützten Raum, in dem sie ihre Frustrationen und negativen Gedanken ohne Zensur äußern können un...

Microsoft Lists: mit Forms und Power Apps komfortabel mobil arbeiten

In meinem Kundenkreis sind viele Menschen, die den Arbeitsalltag nicht vorwiegend auf dem Bürostuhl sitzend verbringen, sondern "draußen" unterwegs sind. Vielleicht in Werkstätten oder im Facility-Management. Es ist so wichtig, dass die Schnittstellen zu den Abläufen im Büro gut abgestimmt sind. Microsoft 365 hat so einiges im Baukasten, man muss es nur finden und nutzen.  In diesem Artikel spiele ich ein Szenario durch, das auf Microsoft Lists, Forms und - für die Ambitionierteren - Power Apps setzt.

Selbstbewertungsfragen für den Alltag in Arbeitsgruppen aus Sicht von Mitarbeitenden

Welche Fragen können wir Mitarbeiter:innen stellen, um herauszufinden, ob agiles Arbeiten wirkt? Es gibt bereits eine Menge an Fragebögen. Aber ich bin nicht immer zufrieden damit.