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Selbstbewertungsfragen für den Alltag in Arbeitsgruppen aus Sicht von Mitarbeitenden

Welche Fragen können wir Mitarbeiter:innen stellen, um herauszufinden, ob agiles Arbeiten wirkt? Es gibt bereits eine Menge an Fragebögen. Aber ich bin nicht immer zufrieden damit.

Warum Fortschritte in Richtung Agilität bewerten?

Lange Zeit gab es einen großen Hype um Scrum und Agilität. Unternehmen haben viel Geld ausgegeben, um Teams und Bereiche zu schulen. Da will das Unternehmen vielleicht auch einmal wissen, ob sich die Situation verbessert hat.

Foto von Markus Spiske auf Unsplash

Ein Unternehmen kann leicht erkennen, dass sich Prozessveränderungen gelohnt haben. Typische Vorteile:

  • Das Unternehmen bringt schneller als die Konkurrenz neue Produkte auf den Markt, die gut angenommen werden (Time to market).
  • Das Unternehmen verdient mehr Geld als vor der Umstellung (Umsätze, Return on invest).
  • Das Unternehmen spart langfristig Geld (Total Cost of ownership).
  • Die Kunden nehmen eine höhere Qualität der Produkte und Dienstleistungen war (auch wenn sie nicht mehr Geld dafür bezahlen).
  • Die Mitarbeiter:innen sind zufriedener. Die Fluktuation ist geringer.
Viele dieser Zahlen können die Mitarbeiter:innen nicht sofort erkennen. Sie sind das Ergebnis von mehreren Veränderungen. Aber sie können gut ihren Arbeitsalltag einschätzen. Deswegen suchen wir spezifischere Fragen.

Es gibt viele Fragebögen

Christian Heidemeyer hat eine Liste von Fragebögen zum Bewerten des aktuellen Standes von Agilität zusammengestellt./1/ Auf dieser Liste stehen zum Beispiel das Agile Fluency Model oder das Squad Health Check Modell von Spotify. 

Den Praktiker:innen fallen bestimmt auch die Scrum Checkliste von Henrik Kniberg oder der Nokia Test von Bas Vodde ein. Christiaan Verwijs und Daniel Russo haben einen Artikel über die Effektivität von Scrum Teams veröffentlicht./2/ Christiaan Verwijs und Barry Overeem haben auf dieser Basis einen Fragebogen unter dem Label Columinity erstellt.

Ich benutze einige dieser Listen. Allerdings bin ich oft ganz früh im Einsatz. Es ist noch gar nicht klar, ob die Organisation ihre Arbeitsweise ändern will. Menschen kommen in unsere Trainings und setzen sich das erste Mal mit den Themen auseinander. Ihr Ziel ist nicht, sofort Scrum einzuführen. Sie wünschen sich, dass sich ihr Arbeitsalltag verbessert. Dabei hängen sie oft fest. Sie wissen nicht, was der nächste Schritt ist. Mit Scrum-Begriffen brauche ich da gar nicht zu kommen. Viele der o.g. Fragelisten fragen aber explizit nach Scrum-Elementen.

Deswegen habe ich mir eine eigene Liste mit Fragen ausgedacht, die Mitarbeiter:innen selbst durchgehen können.

Fragen zum Arbeitsalltag

Die folgenden Fragen helfen Mitarbeiter:innen beim Einschätzen ihrer Situation. Scrum und Agilität sind kein Selbstzweck. Sie sollen helfen, den Arbeitsalltag zu verbessern.

Jeder kann beim Durchgehen prüfen, wie gut er/sie dieser Aussage zustimmt. Manchmal gibt es Nachfragen. Diese Fragen beziehen sich immer auf die Arbeitsgruppe, der ein:e Mitarbeiter:in zugeordnet ist oder wo er/sie am meisten Zeit verbringt.

  • Aussage 1: Wir planen unsere Arbeit in kurzen Abständen und so realistisch, dass wir überwiegend rechtzeitig fertig werden und gute Ergebnisse abgeben können.
  • Aussage 2: Wir schaffen aus Teamsicht alles, was wir uns vornehmen.
    • Nachfrage 2a: Wenn nein: So viel % meiner Arbeit, die ich diese Woche schaffen wollte, bleibt ungefähr am Ende der Woche noch übrig (im Rückblick auf die letzten 2-3 Monate)
  • Aussage 3: Unsere internen und externen Kunden sind sowohl mit der Qualität, dem Preis und als auch der Liefergeschwindigkeit unserer Ergebnisse zufrieden.
    • Nachfrage 3a: Wenn nein: Anteil der ungeplanten Arbeit für Störungen, Fehlerbeseitigung oder Nacharbeiten.
    • Nachfrage 3b: Wenn nein: Wir sollten als erstes folgendes verbessern.
  • Aussage 4: Wir haben jede Woche Zeit, eine Kleinigkeit zu verbessern, um insgesamt schneller fertig zu werden oder um bessere Qualität abzuliefern.
  • Aussage 5: Anzahl der Arbeitsgruppen oder Teams, in denen ich jede Woche mitarbeite.
    • Nachfrage 5a: Wenn mehr als 2 Gruppen: Gründe, warum ich in mehreren Arbeitsgruppen bin
  • Aussage 6: Wichtige Entscheidungen (d. h. ich kann nicht ohne eine Entscheidung weitermachen) werden innerhalb einer Stunde getroffen.
    • Nachfrage 6a: Wenn nein: durchschnittliche Wartezeit pro Entscheidung über die letzten 6 Monate betrachtet.
  • Aussage 7: Wir haben alle Kompetenzen in unserer Arbeitsgruppe, um Dinge fertig zu stellen.
  • Aussage 8: Ich muss selten (weniger als 2-mal im Monat) auf andere warten, um meine Ergebnisse fertigzustellen.
    • Nachfrage 8a: Wenn nein: durchschnittliche Wartezeit auf Zulieferungen von anderen
  • Aussage 9: Anzahl von Stunden, die ich pro Woche in Meetings verbringe. (Hier sind nur Meetings oder Stunden gemeint, in denen nicht an einem Ergebnis oder Produkt gearbeitet wird.)
  • Aussage/Frage 10: Das aktuelle System der Zusammenarbeit hat neben seinen Schwächen auch Vorteile. Deswegen halten Organisationen oft am vertrauten System fest. Welche Vorteile hat das aktuelle System der Zusammenarbeit?

Mit diesen Fragen kann man erste Schwerpunkte für das Verbessern planen.

Hinweise

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