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Warum eine Agile Transformation keine Reise ist

Die agile Transformation wird oft als eine Reise beschrieben. Doch dieser Vergleich kann viele Unternehmen in die Irre führen oder Bilder von unpassenden Vergleichen erzeugen. Transformationen sind keine linearen Prozesse mit einem klaren Ziel, sondern komplexe und dynamische Entwicklungen. Dieser Artikel zeigt, warum Agilität kein Weg mit einem festen Endpunkt ist.

Warum ist die agile Transformation keine Reise?

Globetrotter
Globetrotter auf Pixabay
Der Begriff „Reise“ vermittelt den Eindruck einer geradlinigen Bewegung mit einem klaren Anfang und Ende. Agile Transformationen hingegen sind fortlaufende Entwicklungen. Unternehmen können nicht einfach einen festen Punkt erreichen, an dem sie vollständig agil sind. Stattdessen handelt es sich um einen kontinuierlichen Prozess. In diesem passen wir unser System ständig an interne und externe Veränderungen an. Wir lernen nicht nur einmal. Wir lernen fortwährend die Marktsituation, die zugrundeliegenden Theorien unserer Zusammenarbeit, und passen uns reflektiert an.

Beispiel einer typischen Reise

Hotelpool
Foto von Valeriia Bugaiova auf Unsplash
Stellen wir uns eine klassische Urlaubsreise vor. Wir planen Monate im Voraus, buchen Hotels, Züge, Flüge und Ausflüge. Die Reiseziele sind oft die gleichen: Drei Viertel der Reisen führen in zehn Länder. Das Reiseziel ist festgelegt, die Route weitgehend fix, und die Kosten sind hoch. Während der Planung werden wir oft von Reisebüro-Mitarbeitern beraten, die entweder selbst nie am Urlaubsort waren oder aus Einzelerfahrungen Rückschlüsse auf das ganze Urlaubsland ziehen. Zudem gibt es oft versteckte Kosten, Verspätungen oder unerwartete Änderungen, die unsere Reise beeinflussen. Wir genießen die Reise und kehren nach einer bestimmten Zeit mit ein wenig gesammelter Erfahrung an unseren Ausgangspunkt zurück. Dort erinnern wir uns immer wieder an die Reise, erzählen Geschichten darüber, machen aber mehr oder weniger weiter wie zuvor.

Wie eine agile Transformation verlaufen könnte, wenn sie wie eine klassische Reise behandelt wird?

Stellen wir uns vor, wir würden im Unternehmen agile Transformation genauso angehen wie eine typische Urlaubsreise:

Lange Vorbereitungszeit und feste Planung

Planung und Standards: 
Bild von Shakti Shekhawat auf Pixabay
Monate im Voraus wird ein detaillierter Plan erstellt: Frameworks, Roadmaps und Meilensteine werden festgelegt. Die Ziele stehen von Anfang an fest – etwa „Wir führen Scrum ein“ oder „Wir skalieren mit SAFe“. Doch diese starren Pläne lassen keinen Raum für Anpassungen. Damit widersprechen sie dem Grundgedanken agiler Methoden, die flexibel auf neue Herausforderungen reagieren müssen.

Standardisierte Ziele

Wir setzen lediglich auf die Einführung bekannter Frameworks wie Scrum, SAFe oder LeSS. Uns interessiert nur am Rande, ob und wie sie zu unserer spezifischen Situation passen oder nicht.

Externe Berater ohne tiefes Hintergrundwissen

Berater + Kosten
Berater + Kosten:
Bild von Tumisu auf Pixabay

Wir holen externe Berater ins Boot, die uns bei der Transformation unterstützen sollen. Allerdings haben diese oft nur allgemeine Lösungen im Gepäck, die nicht unbedingt zu unserer speziellen Situation passen. Das ist so, als würde man sich im Reisebüro einen Urlaub buchen, deren Angestellte uns und den Urlaubsort nicht wirklich kennen. Stattdessen sollten wir lieber unser eigenes Verständnis der Lage und Optionen entwickeln und die Veränderungen selbst in die Hand nehmen. So schaffen wir Lösungen, in und mit den wir selbst handlungsfähiger werden.

Hohe Kosten und unerwartete Hindernisse

Die Transformation kostet mehr als geplant. Neben den direkten Ausgaben kommen unvorhergesehene Kosten wie Schulungen, neue Tools und organisatorischer Widerstand hinzu. Probleme treten auf, weil sich die Organisation anders verhält als erwartet. Hier sind versteckte Kosten und unerwartete Probleme typisch, die uns dazu zwingen, flexibel zu bleiben und ihre Pläne gegebenenfalls anzupassen.

Kurze Euphoriephase

Euphoriephase
Euphoriephase:
Bild von Alexa auf Pixabay
Zu Beginn gibt es einen Aufschwung – Teams nehmen an Schulungen teil, es gibt neue Rollen und agile Meetings. Doch oft bleibt es bei oberflächlichen Veränderungen ohne tiefgreifende Systemanpassung. Wir erwarten schnelle Ergebnisse. Doch die wirksamen Ergebnisse kommen nicht durch kurzfristige Euphorie. Sie kommen durch kontinuierliches Lernen und eine Verankerung der neuen Prinzipien.

Rückkehr zu alten Mustern

Nach einer gewissen Zeit lässt der initiale Schwung nach. Teams und Führungskräfte erinnern sich an die anfänglichen Veränderungen. Doch viele kehren zu alten Arbeitsweisen zurück. Einige Methoden bleiben, aber oft nur als Fassade. Ein erfolgreiches Unternehmen wird/will jedoch nicht wieder zum Ausgangspunkt zurückkehren. Agilität bedeutet, dass sich das Unternehmen nachhaltig verändert und nicht unreflektiert in alte Muster verfällt.

Wenig nachhaltige Veränderung

Eine Veränderung hält nur an, wenn sie fester Teil des Arbeitsalltags wird. Sonst verpufft sie so schnell, wie gute Vorsätze nach dem Urlaub. Agilität ist kein einmaliges Update, sondern ein fortlaufender Prozess. Sie entsteht durch tägliches Üben, kleine Anpassungen und gelegentlich auch größere Veränderungen.

Fazit

Eine agile Transformation ist kein klassisches Projekt mit klarem Start und Ende. Es ist ein fortlaufender Prozess, der sich immer wieder neu gestaltet. Manchmal braucht es schnelle, radikale Veränderungen – hier können feste Zeiträume hilfreich sein. Die meiste Zeit geht es jedoch darum, das Erreichte zu festigen, anzupassen und weiterzuentwickeln.

Frage
Frage: Bild von Sophie Janotta auf Pixabay

Wenn wir uns nur auf bekannte Frameworks verlassen oder eine vorgefertigte Lösung erwarten, werden wir mit Cargo Cult Problemen scheitern. Ebenso, wenn wir glauben, dass Agilität nach einer festgelegten Zeit abgeschlossen oder final eingeführt ist. Der Erfolg hängt von einer tiefgreifenden, bewussten Veränderung des Systems ab. Dieses müssen wir flexibel an den individuellen Herausforderungen in unserem Unternehmen und am Markt ausrichten.

Abschlussfrage

Wie viel einer typischen Reise steckt in Eurer Transformation?

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