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1 Minute für besseres Projektmanagement

Viel zu oft wird Projektmanagement als eine sehr komplizierte Angelegenheit dargestellt. Wenn man verschiedene Bücher durchliest, wird einem ganz schwindelig bei den ganzen Management-Disziplinen, die ein guter Projektleiter beherrschen soll. Aus meiner Sicht muss man nur ein paar Regeln beachten und selbst denken.

Ich habe mir ein paar Taschenbücher zum Thema Projektmanagement besorgt. Ich wollte wissen, was jemand erfährt, wenn er nur wenig Zeit hat, um sich darüber zu informieren. Ich kann nur raten, von diesen kurzen Ratgebern die Finger zu lassen. Sie dürfen nicht glauben, was darin steht.

Obwohl ich viele gute Sätze darin gefunden habe, bleibt den Lesern der Kern von Projektarbeit verborgen. Er bekommt den Eindruck, dass Projektmanagement die Kunst ist, überlastete Mitarbeiter, zerstrittene Teams und inkompetente Führungskräfte zur Einhaltung von unrealistischen Zielen zu bringen. Beispiel gefällig?
"Erfolgreiche Projektarbeit hängt stark von einer guten Projektleitung ab. [...] Die Ausstattung der Projektleitung mit weitreichenden Entscheidungs- und Weisungsbefugnissen hinsichtlich projektbezogener Sachverhalte ist die beste Voraussetzung für einen effizienten Projektverlauf" /1, Abschnitt 1.3 und Abschnitt 2.1/
Spätestens seit 1945 müssten wir eigentlich wissen, dass weitreichende Entscheidungsbefugnisse in die Katastrophe und nicht zum Erfolg führen.

Besonders schwierig wird es offenbar für den Projektleiter, wenn er den Projektauftrag entdecken soll. Auch hier eine Kostprobe:
"Oft herrscht zu Beginn eines Projekts große Unsicherheit darüber, was von der Projektgruppe von Seiten des Auftraggebers [...] erwartet wird und folglich zu leisten ist. Eine der Hauptaufgaben der Projektleitung besteht darin, gemeinsam mit den übrigen Projektmitgliedern zu Beginn des Projekts den Projektauftrag zu hinterfragen" /1, Abschnitt 3.3/
Spätestens hier wird deutlich, warum ernsthafte Methoden wie PRINCE2 oder Frameworks wie Scrum zwischen Businessverantwortung und Projektsteuerung unterscheiden. Natürlich ist es die Aufgabe des Auftraggebers (oder des Product Owners), die Ziele und zu liefernden Ergebnisse zu klären. Sie müssen klar angeben, welches Budget zur Verfügung steht. Das ist nicht die Aufgabe des Projektmanagers.

Die obige Beschreibung erinnert mich an eine Biografie über Karl Brandt, einem Arzt im Dritten Reich, der viele grausame Dinge zu verantworten hatte /2/. Er hatte Zugang zum engsten Führungskreis des Diktators und beschreibt, dass dieser meist in Rätseln gesprochen hat. Der Führungskreis war dann mit der Auslegung der Worte und vorauseilendem Gehorsam beschäftigt.

Bevor ich mich jetzt weiter aufrege, hier meine zwei wichtigsten Regeln zum Projektmanagement (jetzt läuft die Minute):
  • Projektarbeit bedeutet, Ergebnisse unter Unsicherheit zu liefern.
  • Projekte werden nicht genehmigt, sondern finanziert.
Wenn Sie diese Regeln beachten und selbst denken, machen Sie ganz viel richtig. Lassen Sie lieber die Finger von Projekten, in denen es keine klaren Ziele gibt und bei denen die Mitarbeiter keine Zeit haben. Wenn die Unternehmensleitung den Mitarbeitern für das Projekt keine zeitlichen Freiräume schafft, kann es nicht so wichtig sein. (Jetzt können Sie aufhören, die Zeit zu stoppen. War das eine Minute?)

Ich möchte der Autorin nicht zu Nahe treten. Ich habe mir andere Bücher besorgt, die Projektmanagement ähnlich kompliziert beschreiben. Die Ratschläge sind gut gemeint. Aber sie sind leider nutzlos.
  • Kein Mensch kann solche Anforderungen an sich erfüllen. 
  • Kein Mensch hat Zeit für die ganzen Managementaufgaben. 
  • Und noch schlimmer: Keiner der auf diese Weise erzeugten Pläne hilft. Keiner dieser kurzen Bücher schreibt über Wahrscheinlichkeiten von Planwerten und über Optimism Bias, der zu viel zu optimistischen Schätzungen führt.

Wenn Sie im Projektmanagement erfolgreich sein wollen, müssen Sie mehr darüber lernen, wie man echte Ergebnisse definiert und was Unsicherheit in Projekten bedeutet. Wenn Ergebnisse und Unsicherheitslage nicht klar sind, helfen Stakeholderanalysen, Change Management, Konflikt- und Eskalationsmanagement, Qualitätsmanagement, Projektmarketing, Claim-Management und Motivationstraining NICHT weiter.

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