Direkt zum Hauptbereich

Fragen zur Lieferfähigkeit für Scrum Master:innen

Wenn Unternehmen ihre Arbeitsweise ändern, muss eine neue zu besseren Ergebnissen führen. Scrum und Co. sind da keine Ausnahmen. Welche Fragen kann ein neuer Scrum Master seinem Team, seinem Bereich oder seiner Organisation stellen, um seine Arbeit zu organisieren?

Will die Organisation wirklich etwas verbessern?

Aus agiler Sicht betonen wir ja gern, dass es vernünftig sei, Scrum oder bestimmte Techniken einzuführen. Aber machen wir uns bewusst, dass nicht jede Führungskraft gleich mit Hurra reagiert. Bob Emiliani hat in mehreren Büchern (z. B. in The Triumph of Classical Management) dargelegt, dass klassische Führungskräfte eher kein Interesse an Veränderungen haben. Probleme und Lernen stören und ändern den Status Quo. Sie bedrohen die mühsam erarbeitete Machtbasis. Führungskräfte werden meist auch nicht in Sachen Veränderungen und Unterstützung der Lieferfähigkeit ausgebildet.

Mehrere Personen arbeiten am Tisch zusammen.
Foto von ThisisEngineering RAEng auf Unsplash 

Es gibt Beispiele von Firmen, die sehr gut lean oder agil gearbeitet haben (z. B. Wiremold: How Wiremold Reinvented Itself Through Kaizen, End Game at Wiremold). Aber als neue Besitzer kamen, haben sie das Management-Rad wieder zurückgedreht. Selbst auf den Hinweis hin, dass sie damit dem Unternehmen und damit auch sich selbst schaden, blieben sie bei ihrem Entschluss.

Die erste Frage lautet also: "Wollt Ihr wirklich Dinge verbessern?"

Vielleicht muss man diese Frage mehrfach stellen, um eine ehrliche Antwort zu bekommen. Und wir müssen auf die Konsequenzen hinweisen: zum einen können wir nicht vorab in Zahlen ausdrücken, wie viel Geld wir sparen oder zusätzlich verdienen. Andererseits sind die Kosten, die beim Anwenden von Lean oder Scrum anfallen, nicht groß.

Am besten ist es, wenn sich die Führungskraft im Gespräch selbst die Frage beantwortet, welchen Nutzen sie davon hat, wenn sich die Dinge verbessern. Solch ein Gespräch kann jeder Scrum Master vorbereiten (siehe The First Minute oder SPIN Selling). Ein gut vorbereitete Führungskraft ist eine gute Unterstützung für die Veränderungen.

Was bedeutet (für mich) Lieferfähigkeit?

Ich habe für mich den Begriff Lieferfähigkeit gefunden. Ich finde ihn besser als Produktivität oder Wirksamkeit. Diese Begriffe sind mit zu technokratisch. Bei dem Wort Lieferfähigkeit werde ich daran erinnert, dass die Organisation ja einen Zweck hat: einen Kunden finden, der für die Lieferung einen Preis bezahlt.

Lieferfähigkeit ist für mich die Fähigkeit einer Organisation, das zu liefern, was ihre Stakeholder erwarten. Kunden erwarten bestimmte Produkte oder Dienstleistungen. Die Lieferanten erwarten einen fairen Umgang. Um zu liefern, brauchen wir Menschen mit bestimmten Fähigkeiten und ggf. Maschinen oder Software. Wir brauchen ggf. Geld und Zeit dafür.

Daraus können wir nun bestimmte Fragen ableiten.

Fragen zur Lieferfähigkeit

  • Wer erwartet etwas von uns? (Wir fangen bei den externen Kunden an.)
  • Was sollen wir liefern? In welchen Mengen, in welcher Zeit, in welcher Qualität?
  • Welche Kompetenzen brauchen wir, um zu liefern? Haben wir diese Kompetenzen? Können wir noch liefern, auch wenn Schlüsselpersonen ausfallen? Was ist unsere Strategie, Wissenslücken zu schließen?
  • Haben wir die entsprechenden Mittel, um zu liefern? Wenn nicht, wie bekommen wir die nötigen Mittel?
  • Wie viel Geld brauchen wir, damit das Team/die Abteilung/die Organisation davon gut leben kann? Reicht das Geld? Wenn nicht, was ist unsere Strategie, um an ausreichend Geld zu kommen?
  • Liefern wir in der erwarteten Zeit? Wenn nicht, was ist unsere Strategie, um Zeit zu sparen oder um mehr Zeit zu bekommen?

Mit den Antworten können die Scrum Master die Lücken zwischen dem aktuellen Zustand und den Zielen beschreiben. Daraus können sie dann konkrete Verbesserungsschritte ableiten. Beispiele für Verbesserungen:

  • Skillmatrix erstellen und gegenseitige Ausbildung fördern (jede Woche)
  • Rhythmus festlegen, in dem sich das Team selbst hinterfragt und verbessert.
  • Kritische Lieferprozesse (von hinten nach vorne) definieren. Durchlaufzeiten, Bearbeitungszeiten und Prozesseffizienz messen.

Die Scrum Master sind Manager für die Veränderungen. Es ist gut, wenn sich jemand hauptamtlich um diese Veränderungen kümmert.

Verwandter Artikel: Jan Fischbach: Auftragsklärung für Scrum Master:innen, Teamworkblog, erschienen am 13. Feb 2023, abrufbar unter https://www.teamworkblog.de/2023/02/auftragsklarung-fur-scrum-masterinnen.html 

Ihr wollt mehr über Scrum wissen? Wir haben eine Übersichtsseite zu Scrum, über die man sich in die wichtigsten Artikel in diesem Blog einlesen kann.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Wie lassen sich Ergebnisse definieren? - Drei Beispiele (WBS, CBP und BDN)

Ich habe schon darüber geschrieben, warum das Definieren von Ergebnissen so wichtig ist. Es lenkt die Aufmerksamkeit des Projektteams auf die eigentlichen Ziele. Aber was sind eigentlich Projektergebnisse? In diesem Beitrag stelle ich drei Methoden vor, um leichter an Ergebnisse zu kommen.

Teamleitungen gesucht

Was macht Teams erfolgreich? Kann man das lernen? Ab Herbst starten unsere Kurse für aktuelle und künftige Teamleitungen. Jetzt gibt es die Gelegenheit, den Kurs zu testen.

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Microsoft Copilot - Notebook, Pages, Agents und mehr

Es tut sich sehr viel an der Copilot Front. Gefühlt entwickelt Microsoft mit aller Kraft die KI-Anwendung weiter. Mit dem letzten Update hat sich die Microsoft-Startseite stark verändert. Hier zeige ich, was sich hinter all den Begrifflichkeiten verbirgt und was davon alltagstauglich ist.

Nachschau zum Lean Coffee-Spezial "Agil einfach machen" (Interaktive Buchvorstellung)

Bei unserem Lean Coffee-Spezial Ende Mai waren wir von Lean Coffee Karlsruhe/Frankfurt Zeugen einer Buchvorstellung, doch nicht nur das – natürlich gab es auch einen nicht unbeträchtlichen Anteil an eigener Aktion, denn bei unseren Spezialterminen ist traditionell „Teilgabe“ angesagt. Das Autorenduo Christian Baron und Janick Oswald zeigte uns, was es mit „Agil einfach machen“ auf sich hat.  

Wenn es mal gerade etwas schwierig bei Kund:innen wird… Zwei Fragen, die uns helfen, unsere Strategie mit unseren Kund:innen abzusprechen.

Seit 2024 organisieren Bob Galen und ich eine Masterclass für agile Coaches. Wir möchten die Ausbildung von agilen Coaches verbessern und ihnen Techniken mitgeben, mit denen sie bei ihren Kund:innen etwas einfacher haben. Bisher haben wir in vier Durchgängen mit jeweils 14 Modulen ungefähr 70 Extraordinarily Badass Agile Coaches ausgebildet (/1/). In diesem Blogpost möchte ich ein paar Erfahrungen und simple Techniken aus der Masterclass teilen, wie wir unsere Strategie besser abstimmen können. Sie beschränken sich nicht auf agiles Coaching – das ist nur das Setting.

Kleine Organisationsveränderungen, die direktes Feedback erzeugen

Große Veränderungen sind in einer Organisation schwer zu messen. Oft liegt zwischen Ursache und Wirkung ein langer Zeitraum, sodass die Umsetzer:innen nicht wissen, was genau gewirkt hat. Hier ist eine Liste mit kleinen Maßnahmen, die schnell etwas zurückmelden.

Schätzungen sind schätzungsweise überschätzte Schätze

"Wer viel misst, misst viel Mist." Zumindest ist diese Gefahr gegeben. Entweder misst man z. B. Mist, weil man zu früh zu KPIs zur Messung von Ergebnissen greift, oder aber man greift zu den falschen KPIs, die gar nicht das messen, was man wissen möchte. Einst war agiles Arbeiten der alternative Ansatz, aber inzwischen gibt es auch für einige Details dessen, was in Konzernen als "agil" praktiziert wird, einleuchtende alternative Ideen, die bis heute noch nicht so richtig auf die große Bühne vorgedrungen zu sein scheinen. 

Agil sein heißt nicht, unternehmerisch zu denken

 Die Diskussion, ob Agilität ein „Hype“ war, der nun vorüber ist. Ob wir schon im „Post-agilen Zeitalter“ leben. Und wenn ja, wer dafür verantwortlich ist: diese Diskussion nehme ich jetzt schon seit etwa anderthalb Jahren wahr, und sie geht auch aktuell weiter. In meiner Branche wird Agilität weiter gebraucht Ich bin in der speziellen Situation, dass ich beruflich aus dem öffentlichen Dienst komme und auch seit meinem Ausscheiden vor 15 Jahren weiterhin vor allem Kunden im öffentlichen Bereich berate. Also auf einem Parkett, das normalerweise nicht mit den Anliegen des Agilen Manifests verbunden wird: der Produktion von Software für gewerbliche Kunden in einem unsicheren Umfeld. Auf diesem scheinbar „exotischen“ Feld hat sich in den vergangenen sechs bis acht Jahren bei vielen Verwaltungen die Erkenntnis verbreitet, dass agile Vorgehensweisen bei den anstehenden Transformationen für sie sinnvoll sein können. Denn auch Projekte z.B. die „Digitalisierung der Verwaltung“ (ein völlig ...