Direkt zum Hauptbereich

Übung zum Erstellen einer Vision

Ich habe zwar viele Ideen. Aber mir macht es selten Spaß, eine Vision zu entwickeln. Deswegen haben wir eine Übung entwickelt, in der Gruppen in einer Stunde zu einer ersten Vision kommen. Allerdings geben wir dafür einen engen inhaltlichen und zeitlichen Rahmen vor. Das klappt überraschend gut.

Was macht eine gute Vision aus?

In dem Wort "Vision" steckt das lateinische Wort videre - sehen. Sie soll mir dabei helfen, die Zukunft zu sehen. Eine gute Vision ist daher konkret und gibt Orientierung und Richtung, wo es hingehen soll. Wenn sie positiv formuliert ist und vielleicht sogar eine emotionale Komponente hat, eignet sie sich gut, um Mitstreiter:innen zu gewinnen.

Foto von Myznik Egor auf Unsplash

Warum brauchen wir eine Vision?

Mit einer Vision wollen wir allen Beteiligten zeigen, wohin wir wollen. Wir brauchen das bei Veränderungsprozessen. Beim agilen Coaching ist es interessant, aber auch in der Produktentwicklung. Ohne gemeinsame Vision macht sich jeder selbst sein eigenes Bild von der Zukunft.

Im Folgenden wird der Ablauf der Übung beschrieben.

Ein Zeitungsartikel oder ein Video aus der Zukunft

Die Idee des Zeitungsartikels oder Videos aus der Zukunft ist nicht neu. (Wolf hat in diesem Blog schon einen Vorschlag für einen Zeitungsartikel gemacht.) Aber in dieser Übung geben wir den Rahmen stärker vor. Es geht um das Erzählen einer Geschichte. (Geschichte bedeutet Veränderung, sei sie auch noch so klein. - Matthew Dicks)

Die Übung funktioniert in Präsenz und virtuell. Die Übung darf jeder gern benutzen. Wir freuen uns natürlich, wenn Ihr auf das Teamworkblog hinweist.

Foto von Jake Hills auf Unsplash

Aufgabe: Erstellen Sie einen Artikel oder ein Video aus der Zukunft

Erstellen Sie etwas, das beschreibt, wie Ihre Organisation in einer positiven Zukunft aussehen könnte. Dieser Artikel oder das Video soll Ihnen helfen, Ihre Vorstellung von anderer Arbeit zu verdeutlichen. Sie soll Ihnen dabei helfen, Ihre eigene Arbeit zu strukturieren und Mitstreiter:innen zu helfen.

Vorgaben

Beiträge, die sofort zur Sache kommen, sind langweilig. Deswegen möchten wir unsere Vision lieber in Form einer Geschichte erzählen, in der es auch Konflikte gab.

Vorgaben für den Artikel:

Definiert max. 6 Abschnitte für den Artikel. Der Artikel besteht aus dem Titel, einem Teasertext und den 6 Abschnitten.

Abschnitte:
  • Was wurde erreicht?
  • Was war die Ausgangssituation?
  • Welche Lösungen hätten andere gewählt? (Und warum passen diese nicht?)
  • Welche Lösung habt Ihr gewählt?
  • Welche Konflikte traten auf? Wie wurden sie gelöst?
  • Wie geht es den Menschen heute?

Vorgaben für das Video:

Definiert max. 10 Szenen.

  • Anfang: eine Situation, die Erfolg zeigt; eine Situation, in der das Team kurz vorm Scheitern steht.
  • Intro
  • Zeigen, wie die Ergebnisse jetzt sind
  • Auslöser: Warum haben wir das damals gemacht?
  • Interview mit Mitarbeitern, die die Situation damals erlebt haben.
  • Vorgehen erklären
  • Eine Situation, in der man fast gescheitert wäre.
  • Auflösung der Situation
  • Bestätigendes Feedback

Zeit und Gruppengröße

  • Die Übung dauert ca. 1 Stunde. Beim Drehen von Videos plane ich 30 Minuten mehr ein.
  • Die Übung eignet sich gut für Gruppen bis 20 Personen. Bei größeren Gruppen muss man mehr Zeit einplanen, damit alle Kleingruppen gutes Feedback bekommen.

Material

  • Vor Ort: Flipchart, Post-Its, Stifte. Für Videos: Smartphones mit Kamera, Videoschnittsoftware
  • Virtuell: Online-Präsentation oder Kollaborationsboard (Miro o. ä.). Für Videos: Smartphones mit Kamera, Videoschnittsoftware
     

Zeitlicher Ablauf

1. Der/Die Trainer:in stellt die Aufgabe, das Ziel und den Ablauf vor.

2. Die Gruppe teilt sich auf. Wer möchte am Artikel arbeiten, wer am Video? 4-5 Personen sind eine gute Größe. Wenn die Gruppe größer als 10 Personen ist, werden mehrere Artikel oder Videos erstellt. (Es ist wichtig, dass sich die Teilnehmer:innen selbst aussuchen können, was sie machen. Nicht alle sehen sich selbst gern in Videos.)

3. Der/Die Trainer:in legt eine Person fest, die im Zweifelsfall oder Konflikt entscheiden darf: "Die/der ... bekommt von mir das Recht, bei Konflikten oder in Zweifelsfällen zu entscheiden. Sie/er hat dann das letzte Wort."

4. Der/Die Trainer:in legt eine Person fest, die auf die Zeit achtet und ggf. Diskussionen abbricht. "Die/der ... achtet bitte auf die Zeit. Sie/er bekommt von mir das Recht, eine Diskussion abzubrechen, wenn sie/er das Gefühl, die Diskussion ufert aus."

5. Die einzelnen Gruppen bekommen 6 Minuten Zeit, um sich auf eine Kundensituation zu einigen: Sammelt mehrere Ideen von Kunden- oder Ausgangssituationen. Schaut Euch die Situationen an und entscheidet, mit welcher Situation Ihr am besten die Geschichte erzählen könnt.

6. Die Gruppen kommen kurz im Plenum zusammen, um vorzustellen, was die Ausgangssituation ist. Der/Die Trainer:in gibt förderliches Feedback.

7. Die Gruppen gehen wieder für 20 Minuten in Break-Out-Sessions und sammeln Ideen: Bitte sammelt für jeden Punkt Eurer Vorgaben (Abschnitte oder Szenen) mehrere Ideen, z. B. 3 Stück. In den letzten 5 Minuten entscheidet Ihr Euch, mit welchen Ideen Ihr am besten Eure Geschichte aufbauen könnt.

8. Die Gruppen kommen im Plenum zusammen, um ihre Storyline vorzustellen. Der/Die Trainer:in gibt förderliches Feedback oder Hinweise.

9.  Die Gruppen gehen wieder für 20 Minuten in Break-Out-Sessions und arbeiten ihre Ideen aus: Bitte  arbeitet Eure Abschnitte oder Szenen aus. Ihr müsst Euch dazu aufteilen, sonst schafft Ihr es nicht in der Zeit. (Für das Drehen von Videos ist etwas mehr Zeit einzuplanen.)

10. Die Gruppen präsentieren ihre Ergebnisse.

  • Beim Zeitungsartikel reicht es auch, wenn die Beteiligten Ihre Abschnitte vortragen. Der Text muss nicht fertig aufgeschrieben sein.
  • Beim Video reicht auch ein Schauspiel.

11. Die anderen geben Feedback, was ihnen gut gefallen hat.

12. De-Briefing: Was habt Ihr in dieser Übung gelernt? Was sind Elemente einer guten Vision für Euch?

Hinweise für den/die Trainer:in

Die Trainer:innen müssen die Gruppe zügig durch die Übung führen. Man darf ruhig betonen, dass es wenig Zeit ist. Aber die Übung funktioniert. Natürlich darf man noch eine weitere Arbeitsphase hinzufügen, wenn man das Gefühl hat, sie würde das Ergebnis noch einmal verbessern.

Man darf den Gruppen erlauben, aus gutem Grund von den Vorgaben abzuweichen. Die engen inhaltlichen und zeitlichen Vorgaben regen die Kreativität an. 

Wenn man tatsächlich Videos dreht, wäre es gut, die Übung vor dem Mittagessen zu machen. In der Mittagspause kann dann geschnitten werden. Nach der Pause präsentieren dann alle.

Wir haben aus gutem Grund Konflikte in der Geschichte vorgesehen. Das macht es interessanter zuzuhören. Zudem können die Zuhörer:innen damit die Leistung besser einordnen.

Texte für die Aufgabenfolien

FOLIE 1 -------

Erstellt einen Zeitungsartikel oder ein Video, mit dem Ihr Eure Vision für ... vorstellt. Haltet Euch an die Vorgaben und die Anweisungen der Trainer:innen

Vorgaben Artikel:

Definiert max. 6 Abschnitte für den Artikel. Der Artikel besteht aus dem Titel, einem Teasertext und den 6 Abschnitte.

Abschnitte:
  • Was wurde erreicht?
  • Was war die Ausgangssituation?
  • Welche Lösungen hätten andere gewählt? (Und warum passen diese nicht?)
  • Welche Lösung habt Ihr gewählt?
  • Welche Konflikte traten auf? Wie wurden sie gelöst?
  • Wie geht es den Menschen heute?

Vorgaben Video:

Definiert max. 10 Szenen.

  • Anfang: eine Situation, die Erfolg zeigt; eine Situation, in der das Team kurz vorm Scheitern steht.
  • Intro
  • Zeigen, wie die Ergebnisse jetzt sind
  • Auslöser: Warum haben wir das damals gemacht
  • Interview mit Mitarbeitern, die die Situation damals erlebt haben.
  • Vorgehen erklären
  • Eine Situation, in der man fast gescheitert wäre.
  • Auflösung der Situation
  • Bestätigendes Feedback

FOLIE 2 ------- 

Ablauf:

  • Teilt Euch in Gruppen auf.
  • Gruppenarbeit 1: Ihr habt 6 Minuten Zeit, um Euch auf eine Kundensituation zu einigen. (Worum geht es in Eurer Geschichte?) Die Situation wird im Plenum vorgestellt.
  • Gruppenarbeit 2: Ihr habt 20 Minuten Zeit, um viele unterschiedliche Ideen zu den Punkten in Eurer Vorgabe zu sammeln. Wählt in den letzten 5 Minuten die Ideen, mit denen Ihr Eure Geschichte am besten erzählen könnt. Die Ergebnisse werden im Plenum vorgestellt.
  • Gruppenarbeit 3: Ihr habt 20 Minuten Zeit, um Eure Ideen auszuformulieren oder um die Szenen zu drehen. Ihr müsst Euch aufteilen, sonst wird es mit der Zeit eng.
  • ggf. Pause (für das Schneiden der Videos)
  • Präsentation der Ergebnisse
  • De-Briefing
FOLIE 3 -------

De-Briefung:
  • Wie seid Ihr mit den Ergebnissen zufrieden?
  • Wie hat Euch der Rahmen geholfen, gute Ergebnisse zu liefern?
  • Was sind für Euch Merkmale einer guten Vision?

 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Wie lassen sich Ergebnisse definieren? - Drei Beispiele (WBS, CBP und BDN)

Ich habe schon darüber geschrieben, warum das Definieren von Ergebnissen so wichtig ist. Es lenkt die Aufmerksamkeit des Projektteams auf die eigentlichen Ziele. Aber was sind eigentlich Projektergebnisse? In diesem Beitrag stelle ich drei Methoden vor, um leichter an Ergebnisse zu kommen.

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Wie Agilität den Kundennutzen steigert - Einige Argumente für Berater:innen

In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit fragen sich viele, ob agile Beratung noch eine Zukunft hat. Die Antwort liegt in der konsequenten Orientierung am Kundennutzen. Qualität setzt sich durch, wenn sie messbare Verbesserungen bei Umsatz, Kosten und Leistungsfähigkeit bewirkt, anstatt sich in Methoden und zirkulären Fragen zu verlieren. Dieser Artikel zeigt, wie agile Beratung nachhaltige Veränderungen in Unternehmen schafft und warum gerade jetzt gute Berater:innen gebraucht werden, um Organisationen widerstandsfähiger zu machen.

Warum eine Agile Transformation keine Reise ist

Die agile Transformation wird oft als eine Reise beschrieben. Doch dieser Vergleich kann viele Unternehmen in die Irre führen oder Bilder von unpassenden Vergleichen erzeugen. Transformationen sind keine linearen Prozesse mit einem klaren Ziel, sondern komplexe und dynamische Entwicklungen. Dieser Artikel zeigt, warum Agilität kein Weg mit einem festen Endpunkt ist.

Kleine Organisationsveränderungen, die direktes Feedback erzeugen

Große Veränderungen sind in einer Organisation schwer zu messen. Oft liegt zwischen Ursache und Wirkung ein langer Zeitraum, sodass die Umsetzer:innen nicht wissen, was genau gewirkt hat. Hier ist eine Liste mit kleinen Maßnahmen, die schnell etwas zurückmelden.

Agile Leadership – Führst du noch oder dienst du schon?

Die Arbeitswelt verändert sich. Und das spüren nicht nur Führungskräfte, sondern vor allem Mitarbeitende. Immer mehr Menschen hinterfragen den Sinn ihrer Arbeit, erwarten Respekt, Vertrauen und eine Unternehmenskultur, die echte Zusammenarbeit ermöglicht. Studien wie die Gallup-Studie 2025 oder die EY-Jobstudie zeigen: Der Frust am Arbeitsplatz wächst – und mit ihm die Unzufriedenheit mit der Führung. Höchste Zeit, umzudenken. Genau hier setzt agile Führung an. 1. Warum agile Führung heute entscheidend ist  Klassische Führung – hierarchisch, kontrollierend, top-down – funktioniert immer weniger. Die Zahlen sind eindeutig:  Laut Gallup fühlen sich nur noch 45 % der deutschen Beschäftigten mit ihrem Leben zufrieden. Fast jede dritte Kündigung erfolgt wegen der Führungskraft. Nicht das Gehalt, sondern mangelnde Wertschätzung, fehlendes Vertrauen und ein schlechtes Arbeitsumfeld treiben Menschen aus Unternehmen.  Agile Führung bietet eine Alternative, die auf Vertrauen, Selbs...

Ent-Spannen statt Platzen: Erste Hilfe für mehr Vertrauen und Resilienz im Team

Zwei Themen die mir in den letzten Wochen immer wieder über den Weg laufen sind Vertrauen und Resilienz. Vertrauen als das Fundament für gemeinsame Zusammenarbeit und Resilienz als die Fähigkeit, Herausforderungen, Stress und Rückschläge zu bewältigen und gestärkt daraus hervorzugehen.  In dem Blogpost möchte ich ein paar Erste-Hilfe Interventionen teilen, die zu mehr Vertrauen und Resilienz im Team führen können - gerade wenn die Emotionen hochkochen und es heiss her geht im Team. Die „Mist-Runde“: Ärger Raum geben. In konfliktbeladenen oder belasteten Teams kann es eine große Herausforderung sein, eine offene Kommunikation und ein respektvolles Miteinander zu fördern. Eine einfache, aber äußerst effektive Methode, um Spannungen abzubauen, ist die „Mist-Runde“ . Diese Intervention, die ich zuerst bei Veronika Jungwirth und Ralph Miarka kennengelernt habe, gibt den Teilnehmern einen geschützten Raum, in dem sie ihre Frustrationen und negativen Gedanken ohne Zensur äußern können un...

Microsoft Lists: mit Forms und Power Apps komfortabel mobil arbeiten

In meinem Kundenkreis sind viele Menschen, die den Arbeitsalltag nicht vorwiegend auf dem Bürostuhl sitzend verbringen, sondern "draußen" unterwegs sind. Vielleicht in Werkstätten oder im Facility-Management. Es ist so wichtig, dass die Schnittstellen zu den Abläufen im Büro gut abgestimmt sind. Microsoft 365 hat so einiges im Baukasten, man muss es nur finden und nutzen.  In diesem Artikel spiele ich ein Szenario durch, das auf Microsoft Lists, Forms und - für die Ambitionierteren - Power Apps setzt.

Selbstbewertungsfragen für den Alltag in Arbeitsgruppen aus Sicht von Mitarbeitenden

Welche Fragen können wir Mitarbeiter:innen stellen, um herauszufinden, ob agiles Arbeiten wirkt? Es gibt bereits eine Menge an Fragebögen. Aber ich bin nicht immer zufrieden damit.