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Ein kurzer Business Case

Projekte brauchen eine (fortlaufende) wirtschaftliche Rechtfertigung. Es ist eine gute Idee, sog. Business-Cases zu erstellen. In der Praxis gibt es allerdings Probleme: entweder wird überhaupt kein Business-Case erstellt oder das Dokument wird so umfangreich, dass es keiner prüft. Dann haben wir noch das Problem, dass sie oft nicht stimmen. In diesem Beitrag schlage ich eine Kurzform auf einer Seite vor, um die nächsten Schritte zu starten.

Wozu dient ein Business-Case?

Business Cases haben für mich einen ganz praktischen Zweck: sie sollen verhindern, dass eine Organisation zu viele Projekte gleichzeitig startet. Viele Projekte werden mit großem Elan gestartet und verhungern über die Zeit, weil andere Projekt irgendwie auch wichtig sind. Dieses Vorgehen verzögert die Lieferung von Wert signifikant und frustriert alle Beteiligten. Wenn ein Projekt einen großen Nutzen erzeugt, sollte es schnellstmöglich (erfolgreich) abgeschlossen werden.

Der Wert von Business Cases liegt also nicht in dem einzelnen Dokument, sondern in allen Cases für Projekte, die als Nächstes geplant sind. Wenn wir wissen, dass wir uns immer zu viel vornehmen, können wir mithilfe der Business Cases entscheiden, worauf wir uns fokussieren. Dazu wäre es praktisch, die wichtigsten Informationen auf einer Seite darzustellen.

Was brauchen wir in einem Business Case?

Wir sind in einer frühen Phase. Wir sollten nicht zu viel Zeit in die Vorbereitung eines Business Case stecken, wenn wir nicht sicher sind, ob wir das Projekt machen. In dieser Situation herrscht noch große Unsicherheit:

  • Wir wissen zu wenige Details über die Lösung.
  • Daher können wir weder die Kosten noch den Nutzen konkret berechnen.

Aber wir wissen schon andere Punkte:

  • Wir wissen, warum wir das Projekt brauchen.
  • Wir wissen, welche Geschäftsprozesse davon betroffen sind.
  • Wir können Größenordnungen über Kosten und Nutzen abschätzen.

Diese Informationen bereiten wir auf einer Seite auf. Mit etwas Vorbereitung kann das im Team in wenigen Stunden abgeschlossen werden.

Ein erster Business-Case könnte durch folgende Informationen beschrieben werden:

  • Titel: Wie nennen wir das Projekt?
  • Ziele: Was wollen wir eigentlich erreichen? Es ist niemals das Ziel, eine bestimmte technische Lösung zu bauen. Projekte bauen Fähigkeiten auf. Wie können wir diese beschreiben? Welche Leistungsanforderungen gelten dafür?
  • Optionen: Auch wenn wir eine präferierte Lösung haben, sollten wir trotzdem mehrere Optionen aufführen. Mit welchen anderen einfachen und aufwendigen Lösungen können wir die Ziele auch erreichen? Es besteht sonst die Gefahr, dass wir auf die falsche Lösung setzen und keine Alternativen sehen.
  • Nutzen: Bevor wir auf die Kosten gehen, sollten wir auf den Nutzen eingehen. Nutzen könnten zusätzliche Einnahmen, eingesparte Kosten oder eine deutlich verbesserte Qualität sein. Den Nutzen bekommen wir nur, wenn wir dauerhaft unsere geschäftlichen Abläufe ändern. Welche Änderungen bringen uns den Nutzen? Wir brauchen übrigens keine perfekten und diskreten Zahlen. Oft reichen schon Bandbreiten.
  • Kosten: Wo entstehen einmalig oder dauerhaft Kosten, die wir gegenfinanzieren müssen? In welcher Größenordnung?
  • Investitionsstrategie: Bei hoher Unsicherheit ist vernünftig, nicht gleich alles Geld auf einmal auszugeben. Wir können uns einzelne Schritte überlegen, durch die wir uns Wissen kaufen. Zum Beispiel können wir statt direkt 2 Mio. EUR auszugeben, das Projekt in Phasen einteilen: Was können wir mit 10.000 EUR anfangen, um eine erste Lösung zu bauen, um zu sehen, ob die Lösung etwas bringt? Im nächsten Schritt könnten wir 100.000 EUR investieren und danach 200.000 EUR. Wenn der erste Schritt zeigt, dass es keine gute Lösung gibt, haben wir nur 10.000 EUR verloren (statt 2 Mio.). Nach dem zweiten Schritt hätten wir nur 110.000 EUR verloren usw. Was sind also sinnvolle Zwischenschritte, um zu lernen?
  • Rückzahlungsstrategie: Projekte werden nicht genehmigt, sondern finanziert. Wer Geld gibt, erwartet irgendwann einen Nutzen. In welchen Schritten liefern wir den Nutzen? Nutzen kann Geld (mehr Umsatz oder weniger Kosten) sein. Es können auch Features sein, auf die andere schon lange warten. Wann kommt frühestens das Geld? Wann bekommt der nächste etwas?

Diese Informationen können wir auf einer DIN-A3-Seite oder auf einem Flipchartblatt sammeln.

Vorlage für einen Business Case auf einer Seite

Was sind die Vorteile dieses Formats?

Wenn wir über die nächsten Projekte entscheiden, können wir alle Ideen besser vergleichen. Wir haben mit dieser Vorlage folgende Erfahrungen gemacht:

  • Es wird überhaupt so etwas wie ein Dokument zur wirtschaftlichen Rechtfertigung erstellt.
  • Es geht schneller, als alle Beteiligten erwartet hatten.
  • Wenn man sich selbst zwingt, über mehrere Lösungswege nachzudenken, fallen einem noch bessere Lösungen ein. Durch geschicktes Nachfragen bekommt man schnell heraus, worum es eigentlich geht.
  • Wenn man vorab über eine Investitions- und eine Rückzahlungsstrategie nachdenkt, kann man das Projekt besser planen. Wir können die technische Umsetzung so planen, dass man schon früher etwas sieht oder zeigen kann.
  • Wenn wir behutsam investieren, kann man Abbruchbedingungen oder Lernziele definieren. Schlechte Projekte sollten frühzeitig gestoppt werden.
  • Früher haben Führungskräfte die Fehler in den Business-Cases gesucht. Mit diesem Format führen sie ihre Mitarbeiter:innen und kommen durch gute Fragen auf neue Ideen.

Ersetzt diese Vorlage klassische Business-Cases? Wahrscheinlich nicht. Sie sind eine gute Quelle für die nächste Version des Business Cases. Sie regen zum Lernen an und helfen den Beteiligten beim Formulieren der nächsten Fragen.

Wer tiefer in das Thema Business Cases eintauchen will, findet in diesen Büchern gute Anregungen:

 

Sie wollen mehr über gute Projektarbeit lernen? Es gibt eine Übersichtsseite zum Thema Projektmanagement in diesem Blog. Dort finden Sie weitere Artikel, mit denen Sie sich in das Thema einlesen können.

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