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Foto von ThisisEngineering RAEng auf Unsplash |
All diese Erfolgsgeschichten eint, dass die dort eingeführte Agilität nicht nur als Methode verstanden wird. Sie zeigt sich in gelebten Prinzipien, die auf Kundenorientierung, Lernen, Anpassungsfähigkeit und Selbstorganisation setzen /AP1/.
Problemstellung
Im Engineering wird bei der Umsetzung von Projekten meistens basierend auf der Prozess-Sicht und auf Meilensteinen gearbeitet. Erst wird die komplette Planung vervollständigt, danach geht es in die Umsetzung, später in Abnahme und Auslieferung. Ein klassischer Big Bang Ansatz also, bei dem ein potenziell enormer Projektumfang nach langer Zeit auf einen Schlag eingeführt wird. Hierbei können sich mehrere Punkte als problematisch herausstellen.
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Bild von Robert /RB1/ |
Es kann in dieser Projektwelt zur "Herausforderung" werden, am Ende die komplette Funktionalität bzw. alle neuen Funktionen zu testen und Fehler(ursachen) zu identifizieren. Die typischerweise lange Dauer zwischen Projektstart und -ende erhöht das Risiko umfangreicher, ungeplanter und teilweise unvorhersehbarer Nacharbeiten bis hin zum Einstampfen des (komplett ungenutzten) Ergebnisses. Agilität kann helfen, diese Herausforderungen /AP2/ zu meistern.
Ein paar kurze Mutmacher
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Bild von Sasin Tipchai auf Pixabay |
Automobilbranche
Smart Factory von Audi /SF1/ in Ingolstadt.
Anwendungsfall: Fertigung von Fahrzeuge nach individuellen Kundenwünschen, indem die einzelnen Module flexibel kombiniert werden können.
Vorteile:
- hohe Kundenzufriedenheit
- kurze Lieferzeit
- hohe Qualität
- geringe Fehlerquote
Elektrotechnikbranche
Würth Elektronik /DW1/ in Niedernhall.
Anwendungsfall: Herstellung von Leiterplatten in kleinen Losgrößen und hoher Variantenvielfalt.
Die Produktion ist modular aufgebaut und kann schnell auf unterschiedliche Aufträge reagieren. Unterstützt wird sie durch ein Gesamtkonzept zur Digitalisierung. Die Mitarbeiter sind in selbstorganisierten Teams tätig und bedienen sich bei den verwendeten Methoden wie Daily Stand-ups oder Retrospektiven aus dem in agilen Ansäten bekannten Spektrum and "Events" und Workshopformaten.
- hohe Flexibilität und schnelle Anpassung an Marktveränderungen
- hohe Innovationsfähigkeit
- hohe Mitarbeitermotivation
Maschinenbaubranche
Trumpf /TA1/ in Ditzingen.
Anwendungsfall: Produktion von Werkzeugmaschinen und Lasertechnik.
Die Produktion ist digitalisiert, vernetzt und automatisiert. Die Mitarbeiter arbeiten in crossfunktionalen Teams und nutzen agile Methoden wie Scrum oder Design Thinking.
Vorteile:
- hohe Effizienz
- kurze Time-to-Market
- hohe Produktqualität
- hohe Kundenbindung
Diese Beispiele zeigen, dass agile Produktion in verschiedenen Branchen erfolgreich – mit vielen Vorteilen – umgesetzt werden kann. Im weiteren Verlauf gehen wir auf entscheidende Punkte ein, um auch im eigenen Unternehmen von diesen Vorteilen profitieren zu können.
Lösungsansatz
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Illustration Fehlerkosten bei Big Bang /PS1/ |
Schnelles Feedback …
… mit Hilfe iterativ-inkrementeller Vorgehensweise
Ein wichtiger Aspekt der agilen Produktion ist also das iterativ-inkrementelle Vorgehen /II1/. Das bedeutet, dass die Produktion des Entwicklungs- oder Projektergebnisses in kleinen Schritten erfolgt, in denen jeweils eine funktionierende Einheit oder ein Teilprodukt erstellt werden. Jedes dieser Ergebnisse wird getestet, bewertet und gegebenenfalls verbessert. Diese Verbesserungen werden oft in der direkt darauf folgenden Iteration umgesetzt. Durch das iterativ-inkrementelle Vorgehen kann die Produktion flexibel auf Veränderungen reagieren, sehr regelmäßig Kundenfeedback einholen und kontinuierlich lernen. Eine Entwicklung in die falsche Richtung kann so extrem früh erkannt werden.
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Bild von Krupadeluxe auf Wikipedia |
Dieses Vorgehen hat somit mehrere Vorteile für die agile Produktion:
- Es reduziert das Risiko von Fehlern, Verschwendung und Nacharbeit, da Fehler frühzeitig erkannt und behoben werden können.
- Es erhöht die Kundenzufriedenheit, da die Kunden in den Entwicklungsprozess eingebunden werden und ihre Wünsche transparent gemacht werden und in höchstem Maße berücksichtigt werden können.
- Es fördert die Innovation, da neue Ideen schnell ausprobiert und validiert werden können.
- Es steigert die Motivation und das Engagement der Mitarbeiter, da sie selbstständig arbeiten und fast permanent ihre Ergebnisse sehen können.
- Eine modulare Produktarchitektur, die eine flexible Kombination von Teilen ermöglicht.
- Ein übergreifender Rahmen, in dem Ziele und Prioritäten klar und transparent gemacht werden.
- Eine Arbeitsweise, die kurze Feedbackzyklen, regelmäßige Abstimmungen und kontinuierliche Verbesserung umfasst.
- Werte, die Offenheit, Vertrauen und Lernbereitschaft fördern und vor allem gelebt werden.
Persönliches Beispiel – Entwicklung eines Consumer-Produkts
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Streaming Halter als Beispiel von travelers-aid /RB1/ |
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Analyse des Streaming Halters von travelers-aid /RB1/ |
- Was sind extrem wichtige Anforderungen?
- Aus welchen Teilen besteht das Entwicklungsprojekt?
- Gibt es kritische Stellen in der Konstruktion?
- Zu welchen Zeitpunkten werden wegweisende Entscheidungen getroffen?
- Welche Risiken gibt es für das Produkt?
Auf diese Weise konnte die Weiterentwicklung des Produktes, trotz der immer auftretenden Unsicherheiten, stets im von den Beteiligten kontrollierbaren Rahmen gehalten werden. Während der Entwicklung konnte stets ein nutzbares Ergebnis geliefert werden. Bei einem Big Bang Ansatz wäre man von einer Fee abhängig gewesen, die einem noch in letzter Minute alle Unsicherheiten und negativen Überraschungen wegzaubert.
Zusammenfassung, Fazit und Ausblick
Big Bang Ansätze, die auf eine einmalige, vollständige Umsetzung des Projekts setzen, haben mit hohen Kosten, zahlreichen Risiken und einer schlechteren Anpassbarkeit an Kundenwünsche zu kämpfen. Um dem entgegenzuwirken, sind iterativ-inkrementelle Vorgehensweisen ein bewährtes Modell aus der agilen und flexiblen Entwicklung, Sie können auch in der Industrie helfen, Zeit und Kosten zu sparen und früh(er) ein besseres Ergebnis zu liefern.
Dennoch handelt es sich um keine allgemeingültige Lösung für alle Teile eines Projekts oder gar für jedes Projekt. Welcher im Einzelfall der beste Weg ist, sollte durch die an der Umsetzung Beteiligten sorgfältig abgewogen werden.
In folgenden Artikeln haben wir je nach Wunsch der Leser und eigener Freude am Schreiben vor, genauer auf weitere und tiefer gehende Details des Ansatzes einzugehen, wie z. B.
- Überprüfbarkeit/Testbarkeit und schnelle Rückmeldungen,
- Wahl der Iterationslängen,
- Umgang mit Risiken, Reihenfolgen und Prioritäten,
- hypothesenbasiertes Arbeiten,
- Entscheidungen trotz/bei Unsicherheit treffen,
- Dimensionierung der Arbeitspakete und Aufgaben
Bis demnächst und viel Erfolg
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