Direkt zum Hauptbereich

Ab morgen Agil - Ein Erfahrungsbericht - Interview mit Erdal Uğur Ahlatçı (Teil 1/3)

Scrum Day 2022: Ich sitze in der Pause zufällig neben Erdal AhlatçıIch höre ihn sagen "Wir haben von einem Tag auf den anderen auf agil umgestellt. Nach einem Jahr waren wir mit der Transformation fertig." Erdal, ich habe Fragen!

Erdal Ahlatçı war CTO und später Geschäftsführer von movingimage. Später hat er seine Erfahrungen zur Transformation gemeinsam mit anderen in eine Software übersetzt. Geschaffen wurde die SaaS-Lösung AgyleOS, die Organisationen unterstützt, ihre individuelle Transformation für alle Beteiligten sichtbar zu machen. In einem Interview sprechen wir über seine Erfahrungen, was es mit dieser Ab-morgen-Agil-Transformation auf sich hat. Welche Haltung nötig ist und welche Stolpersteine ihn überrascht haben.

AgyleOS-Webseite

Paukenschlag

Maria Kühn: Erdal, was hat es mit dieser „Ab morgen Agil“- Ansage auf sich? Wie kann ich mir das vorstellen?

Erdal Ahlatçı: Wichtig war für mich, dass agile Transformation mit einem Paukenschlag startet. Eine agile Transformation ist eine Veränderung mit einem bestimmten Ziel, die aktiv entschieden worden ist. Diese Entscheidung und das Ziel müssen von Anfang an allen kommuniziert werden. Wenn du auf eine Reise geschickt wirst, ohne das Ziel zu kennen, merkst du: "Hier passt was nicht." Als Teil der Geschäftsführung trägst du das Gefühl der Firma in dir. Mitarbeiter merken z.B., wenn wirtschaftlich was nicht im Unternehmen stimmt, selbst wenn sie die Zahlen nicht kennen. Bei einer agilen Transformation merken alle, dass etwas in der Luft ist und dass etwas auf sie zukommt. Deswegen ist es wichtig, als erstes die Entscheidung allen klar und deutlich mitzuteilen. 

Wir haben ein großes Meeting für alle Mitarbeiter organisiert und verkündet: ab morgen werden wir agil arbeiten. Wir öffnen die Türen für Veränderungen. Wir werden die nächsten Jahre immer mit Veränderungen leben. Was das konkret bedeutet, werden wir Schritt für Schritt zeigen und machen. Wir werden Schwierigkeiten haben und dafür Lösungen finden. Agilität wird alltäglich sein. Über das Wie entscheiden wir nicht über eure Köpfe hinweg, da können alle mitmachen. 

Die Entscheidung ist gefallen, es gibt kein Zurück mehr. Das war der Start. Alle wussten: "Ok, die Entscheidung steht - wir werden agil sein". Es gab keine ewigen Diskussionen ob oder ob nicht, sondern eher Fragen, wie es gehen soll. Ich bin kein Fan von Stück für Stück Veränderungen, hier und dort mal ein Training, da mal ein Team, das agil arbeitet usw.. Dieses Vorgehen verunsichert die Mitarbeiter, da nicht klar ist, was das Ziel für alle bedeutet. 

Wir haben auch klar dargestellt, dass es nicht um ein einmaliges Changemanagement-Projekt handelt, also keine begleitete Veränderung, die irgendwann mal fertig ist. Oder als etwas, das wir mal ausprobieren um zu sehen, ob es klappt. 

Agilität ist kein Projekt mit Anfang und Ende. Bei jeder Veränderung gibt es Early Adaptors die sofort dabei sind und eine Masse, die nicht mitmachen will. Irgendwann kommt die Masse nach und nach dazu. Wenn man Stück für Stück anfängt, gibt man den Kritikern viel Zeit für Diskussionen. 



Rückkopplung

Maria Kühn: Inwiefern glaubst du, haben die Mitarbeiter in diesem Meeting das Ziel verstanden? Hast du Antworten bieten können, was "ab morgen agil" konkret bedeuten könnte?

Erdal Ahlatçı: Ja klar. Es ging ja darum, das Unternehmen so aufzustellen, dass wir schneller auf Veränderungen reagieren können. Dass es Veränderungen auf den Märkten gibt, war inzwischen jedem klar. Dass wir als Unternehmen nur überleben können, wenn wir uns darauf einstellen auch. Ich habe Beispiele wie Panasonic vorgestellt, die früher etwas ganz anderes gemacht haben und sich als Unternehmen komplett transformiert haben. Das haben alle verstanden. Es war allen klar: wir können keine Zweijahrespläne aufstellen, einfach weil wir nicht wissen, wie der Markt dann aussehen wird. 

Veränderung muss im ganzen System verankert sein. Viele machen den Fehler, dass sie Lösungen in den Methoden wie Scrum oder Kanban suchen. Methoden kann man schnell lernen. Die sind gar nicht so relevant. 

Die Vision sollte verstanden werden. Wie beim Kleinen Prinzen "Wenn du willst, dass die Menschen ein Schiff bauen, erzähl ihnen, wie schön das Meer ist." Wir haben vorgestellt und visualisiert, was Agilität für uns grundsätzlich bedeutet. Es ging darum zu vermitteln, was wird sich grundsätzlich ändern: Selbstorganisierte Teams, Mitmachen und einfach loslegen - Inspect & adapt. Das war die Botschaft. Mit einer "Das haben wir schon immer so gemacht" Einstellung ist da nichts zu machen. Es war niemand dagegen, es gab natürlich viele Fragezeichen. Wir haben unseren Mitarbeitern aus der Anfangszeit nach einem Jahr Aufzeichnungen gezeigt. Da haben die Leute selbst gestaunt, über was sie sich zum Start so Gedanken gemacht haben.

 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Das Ubongo Flow Game

Spiele bieten eine gute Gelegenheit, zeitliche Erfahrungen zu verdichten und gemeinsam zu lernen. Karl Scotland und Sallyann Freudenberg haben im Mai 2014 das Lego Flow Game veröffentlicht. Wir haben die Spielidee übernommen, aber das Spielmaterial gewechselt. Statt Legosteinen benutzen wir Material aus Grzegorz Rejchtmans Ubongo-Spiel. Hier präsentieren wir die Anleitung für das Ubongo Flow Game.

Das neue Outlook - One Outlook - erster Eindruck

Microsoft hat ein Problem: Outlook ist nicht gleich Outlook. Da ist das gute alte Outlook in der Desktop-Version. Das ist das, womit fast alle von uns im Alltag arbeiten und worüber ich hier schon oft berichtet habe. Outlook auf dem MAC sieht aber anders aus. Outlook auf Mobilgeräten sowieso. Dann gibt's noch Outlook im Web. Kein Wunder, dass Microsoft das alles entwirren, verschlanken und vereinheitlichen möchte. Gelingt es? Hier die interessantesten Funktionen des neuen Outlooks . 

Outlook-Aufgabenliste: bitte nicht die Aufgaben des ganzen Teams!

Am Tag der Arbeit kommt eine Lösung, nach der ich schon so oft gefragt wurde: Wie schaffe ich es, dass meine Outlook-Aufgabenliste nur meine eigenen Aufgaben anzeigt und nicht auch die E-Mails, die meine Kollegen gekennzeichnet haben oder Aufgaben, die einfach in einem gemeinsamen Postfach stehen?

Kategorien in Outlook - für das Team nutzen

Kennen Sie die Kategorien in Outlook? Nutzen Sie diese? Wenn ja wofür? Wenn ich diese Fragen im Seminar stelle, sehe ich oft hochgezogene Augenbrauen. Kaum jemand weiß, was man eigentlich mit diesen Kategorien machen kann und wofür sie nützlich sind. Dieser Blogartikel stellt sie Ihnen vor.

Und jetzt alle zusammen! Teams - OneNote - Aufgaben - To Do

Ein Meeting jagt das nächste. Sich da nicht zu verzetteln, wird  im Zeitalter virtueller Besprechungen  noch anspruchsvoller. Kein Wunder, dass  im Zusammenhang mit Microsoft 365  zwei Fragen besonders häufig auftauchen: Wie dokumentiert man Besprechungen gut? Was hilft, offene Aufgaben nachzuhalten? Eine gute Lösung: Das in MS Teams integrierte OneNote-Notizbuch als gemeinsame Plattform auch für den Aufgabenüberblick zu nutzen.

Beispiel für eine Partyplanung mit Scrum

Wer sich neu mit Scrum beschäftigt, ist vielleicht überwältigt von den ganzen Fachbegriffen. Dann sieht man vielleicht gar nicht, wie einfach die einzelnen Elemente von Scrum sind. Deshalb hier ein einfaches Beispiel für die Vorbereitung einer Party mit Hilfe von Scrum.

E-Mail-Vorlagen gemeinsam nutzen (Outlook)

Mittlerweile wird praktisch alle Routine-Korrespondenz in Outlook erledigt. Was liegt da näher, als ein gutes Set von Vorlagen zu erstellen und diese gemeinsam in Team zu nutzen? Leider hat Microsoft vor diesen – an sich simplen – Wunsch einige Hürden gebaut.

Protokolle in OneNote - neue Ideen für's neue Jahr

Protokolliert Ihr Team seine Besprechungen in OneNote? Das geht einfach, schnell ist teamfähig und hat eine exzellente Suchfunktion. Die beliebte Fragen "Wann haben wir eigentlich beschlossen, dass..." ist so schnell beantwortet. Darum wird OneNote an dieser Stelle immer beliebter. In meinen Seminaren dazu sind gute Ideen entstanden, die ich hier weitergeben will.

Führung weiterentwickeln mit Surflehrer Pepe (Pedro)

Führung weiterentwickeln mit Surflehrer Pepe  "Du bist für dein Board verantwortlich, ich bin für dich verantwortlich. Wenn du genau das tust, was ich dir sage, werden wir und alle anderen Leute hier sicher sein und wir werden eine wunderbare Zeit haben." - Pepe (Pedro) Surflehrer in Ericeira Gute Führung hängt stark vom Kontext und der aktuellen Kultur des Unternehmens ab. Der Stil von Pepe unterschied sich von den anderen Surflehrern, die ich zuvor hatte. In diesem Beitrag erzähle ich euch mehr von meinem Surfkurs, wobei ich mir nicht sicher bin, ob es eine Geschichte über meinen Surflehrer oder über Führung an sich ist.  Let’s grow, Michael

Was macht einen guten Abstract für eine Konferenz aus?

Ein guter Abstract spricht zwei Gruppen an: die Konferenzorganisatoren und die Besucher:innen. Einige Abstracts sind gut, andere verbesserungsfähig. Hier sind meine Erfahrungen als Organisator von mind. 15 Konferenzen.