Das Buchkapitel, der Blogbeitrag oder der Angebotstext ist fertig. Kann ich den Text so rausschicken? Manch einer zögert und bittet einen Kollegen, doch über das Dokument zu schauen. Eigentlich will man hören, dass der Text perfekt ist. Aber das ist er selten. Wie geht man also vor, um den Text zu verbessern? Hier sind zwei Tools und ein paar Tipps.
Ihr wollt nicht wirklich, dass ich Eure Texte Korrektur lese, oder? Die meisten Texte, die ich bekomme sind zu lang und schwer zu verstehen. Aber das kann jeder schnell selbst überprüfen. In diesem Beitrag geht es um folgende Fragen:
- Ist der Text gut lesbar?
- Hat der Text die richtige Länge?
- Ist der Text spannend zu lesen?
- Ist der Text richtig?
(Es gibt in diesem Blog einen Beitrag über die Entwicklung eines Buchs: Wie wird mein Buch gut?)
Foto von Daria Kraplak auf Unsplash |
Woher weiß ich, ob mein Text lesbar ist?
Mit jedem Text, den wir für die Leser schreiben, haben wir eine Absicht:
- Ändere Deine Arbeitsweise!
- Kauf mein Produkt!
- Denk über etwas nach!
Wenn ein Autor klar und deutlich schreibt, hat es der Leser leichter, die Absicht zu erkennen. Die Klarheit eines Textes kann jeder selbst messen:
- Der Flesch-Grad zeigt die technische Lesbarkeit an. Er bildet einen Index aus Satz- und Silbenlänge. Je länger die Worte und Sätze sind, desto schwieriger ist der Text zu lesen. Bei https://fleschindex.de/ strebe ich einen Wert von 60 oder höher an.
- Marketingsprache und Passivkonstruktionen machen Texte unverständlich. Es ist nicht klar, was gemeint ist und wer genau etwas tun soll. Beim http://www.blablameter.de/ strebe ich einen Wert unter 0,3 an.
- Wörterwolken zeigen an, welche Worte häufig genutzt werden. Die Anwendung https://tagcrowd.com/ erzeugt solche Wolken. Kommen die wichtigen Begriffe hier vor?
Die WORTLIGA Tools GmbH hat ein Onlinetool ins Netz gestellt, das auf viele Probleme in Texten aufmerksam macht. Für einzelne Tests ist es ok. Aber wie auch beim Languagetool ist erst die bezahlte Variante interessant.
Was mache ich, wenn die Werte nicht stimmen? Bei einem schlechten Flesch-Grad ist es am einfachsten, Nebensätze in Hauptsätze umzuwandeln und nach langen Worten zu suchen. Bei schlechten Werten im Blablameter löse ich als erstes Passivkonstruktionen auf. Es gibt ein paar Wörter, die das Verständnis verschlechtern. Dazu gehören: durchführen, erfolgen, Wörter auf -ung.
Ist mein Text zu lang?
Ja, der Text ist immer zu lang. Wer will schon lange Texte oder dicke Bücher lesen? Lange Texte schreiben ist einfach. Auf den Punkt zu kommen und Texte zu kürzen, ist harte Arbeit.
Grundsätzlich sollte sich jeder Autor fragen: Komme ich auch mit der Hälfte der Worte aus, um meine Botschaft herüberzubringen? Und reicht vielleicht auch die Hälfte von der Hälfte? Word zeigt die Anzahl der Worte übrigens an.
Wie lang soll der Text sein? Die typische Sprechgeschwindigkeit liegt bei ca. 120 Wörter pro Minute. Für einen Vortrag von 10 Minuten kann man also 1.200 Worte einplanen. Die durchschnittliche Lesegeschwindigkeit ist doppelt so schnell. Wenn ein Buchkapitel den Leser nicht länger als 10 Minuten beschäftigen soll, sind 2.400 Worte ausreichend.
Wo kann ich denn kürzen, wenn der Text zu lang ist? Wer die technische Lesbarkeit verbessert, kürzt meist auch die Worte und die Sätze. Zusätzlich kann man den Inhalt prüfen:
- Was sind die 4 wesentlichen Punkte, die herüberkommen sollen? Kann man den Rest streichen?
- Gibt es überflüssige Details? Zu tief drin im Thema?
- Beliebt ist auch, viele Ausnahmen aufzulisten, obwohl die Kernbotschaft noch gar nicht klar ist. Raus damit.
- Gibt es Dinge, die an anderer Stelle bereits beschrieben wurden? Wenn ja, kann man dorthin verweisen.
- Gibt es Stellen, bei denen es um die Autoren (statt um den Leser) geht? Meist uninteressant.
- Werden Dinge erklärt, die den Leser wahrscheinlich schon bekannt sind?
- Wird dem Leser eine Meinung oder Bewertungen aufgedrängt? Wenn er nicht danach gefragt hat, weg damit.
- Floskeln, Trivialitäten, die immer gleichen Sprüche können ersatzlos gestrichen werden.
Je kürzer, je besser. Wir sollten uns beim Schreiben nicht daran orientieren, wie viel der Autor weiß. Besser ist die Frage, wie viel Zeit ich dem Leser gebe, um zur Tat zu schreiten.
Ist mein Text langweilig?
Ja, ist er. Besonders langweilig sind Sachtexte, bei denen (ungefragt) eine Lösung präsentiert wurde, ohne dass das Problem und die Herausforderungen klar sind. Jeder Text pendelt zwischen zwei Extremen: Kochbuch und Krimi.
- Kochbuch: dickes Buch, aber die einzelnen Texte (=Rezepte) kommen sofort zum Punkt.
- Krimi: eigentlich ein unbedeutendes Ereignis (ein Mensch tötet einen anderen) kann den Leser stundenlang beschäftigen.
Bei Sach- und Fachtexten ist es eher unüblich, den Leser bis zur letzten Seite im Unklaren zu lassen. Aber der Kochbuchstil kommt meist auch nicht so gut an. Wie wird der Text interessant? Hier ist ein Vorschlag zur Gliederung:
- Was ist das Problem? Ist das auch für den Leser ein Problem (oder nur für den Autor)?
- Was ist der Vorteil, wenn das Problem gelöst ist?
- Welche Hindernisse gibt es? Warum ist die Lösung nicht so einfach? Welche Umwege gibt es?
- Wie sieht die Lösung aus?
- Was ist der nächste Schritt?
Nur wenn dem Leser das Problem und die Hindernisse klar und deutlich präsent sind, kann er die Lösung des Autoren wertschätzen.
Ist mein Text richtig?
Der mündige Leser erkennt sofort, wenn wir ihn manipulieren oder mit billigen Tricks unterhalten. Ein guter Autor wird daher sein Denken und seine Quellen offen legen. Er stellt es dem Leser frei, sich seiner Argumentation anzuschließen.
Wenn ich Texte prüfe, achte ich darauf ob die wichtigen Begriffe genannt werden. Wenn die nicht auftauchen, wird der Leser denken, der Autor habe keine Ahnung. Selbst wenn der Autor anderer Meinung ist, muss er erklären, warum die Standardbegriffe nicht passen. Dem Leser ist das ganz wichtig. Schließlich will er sich im Gespräch mit Kollegen nicht blamieren.
Schließlich müssen auch die Quellen angegeben werden. Bei einem neuen Buch schaue ich zu Beginn oft ins Literaturverzeichnis. Ich möchte wissen, wes Geistes Kind der Autor ist. Nennt er die relevante Literatur oder sind das Sekundärquellen oder unwichtige Werke? Google Scholar zeigt uns an, wie oft ein Buch zitiert wird. Der Literaturgenerator erzeugt Literaturverweise, die man direkt kopieren kann.
Autoren, die in ihren Texten auch auf Gegenargumente eingehen, sind für mich vertrauenswürdiger als solche, die es nicht tun. Das nimmt dem Leser die eigene mühselige Recherche ab. Das ist ein echter Mehrwert.
Ein guter Text ist also schnell und leicht lesbar. Er geht auf ein Problem ein, das für den Leser relevant ist. Der Text ist spannend zu lesen. Er ist richtig, hat eine nachvollziehbare Argumentation und drängt sich dem Leser nicht auf.
Weiterführende Texte
- Baum, Thilo: 30 Minuten Gutes Schreiben. Offenbach: GABAL Verlag GmbH, 2011. #
- Rechenberg, Peter: Technisches Schreiben : (nicht nur) für Informatiker. München: Hanser, 2006.
- Franklin, Jon: Writing for Story : Craft Secrets of Dramatic Nonfiction. : Penguin Publishing Group, 1994.
- Heath, Chip ; Heath, Dan: Made to Stick : Why Some Ideas Survive and Others Die. New York: Random House, 2010.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen