Wie viele Industrien beschäftigt sich auch die Verlagswelt aktuell mit Fragen, die sich so erst seit relativ kurzer Zeit stellen, das dafür aber besonders laut: Was tun, um in Zeiten vielfältiger technischer Möglichkeiten und angesichts des Auftretens neuer, teilweise großer, vermeintlich mächtiger Marktteilnehmer bestehen zu können - am besten natürlich dauerhaft und zukunftsfähig? Antworten hierauf suchten Verlage und ihre Dienstleister zunächst, indem sie sich auf ihre Expertise im alltäglichen Tun konzentrierten, hauptsächlich also auf die Inhalte-Produktion, die Vermarktung und die Distribution: Wie stellen wir unsere Inhalte zur Verfügung? Wie können unsere Erlösmodelle auf die neuen Produkte übertragen werden? In welchen Kanälen versprechen Marketing- und Vertriebsaktivitäten den größten Erfolg? Welche Wege stehen uns in welchen Bereichen offen und welche davon sollen/wollen wir gehen? Was bedeutet das für unsere Abläufe?
Es läuft. Aber: Läuft‘s?
All das sind allgemein wichtige Fragen, die nicht nur publizistische Unternehmen ständig und immer wieder beantworten müssen, wenn sie dauerhaft Erfolg haben wollen. Viele Firmen tun genau das gut, und das gilt offenbar auch für die Verlagsbranche. Zumindest legten das aktuelle Marktzahlen nahe, die vom Branchenverband auf derselben Veranstaltung präsentiert wurden und die Entwicklung der letzten Jahrzehnte betrachteten. Es war zu erfahren, dass von Teilbereichen abgesehen die Geschäfte insgesamt seit Jahren stabil und auf passablem Niveau laufen, es gebe grundsätzlich keinen Anlass zur Annahme, dass sich das ändert. Was also kann das anderes heißen, als dass man die Märkte kennt und ihre Prozesse und Abläufe im Griff hat?
Wenn es aber ordentlich läuft, warum beginnen sich dann Menschen allerorten verstärkt mit Agilität zu befassen? Kann es sein, dass es doch nicht ganz so weit her ist mit der Zufriedenheit? Kann es sein, dass Firmen mit ihren bisherigen Instrumenten, Methoden und Organisationsformen zwar noch gute Ergebnisse produzieren, immer öfter aber vielleicht doch an Grenzen stoßen? Kann es sein, dass es zumindest in manchen Bereichen wendigere, leistungsfähigere, innovativere Strukturen als bislang braucht, um auf unsichere Marktsituationen gut vorbereitet zu sein? Kann es sein, dass mancherorts die Erkenntnis heranreift, dass es zukünftig im Sinne der gesamten Unternehmung vielleicht mehr als bislang darauf ankommt, auf die persönliche Motivation, das Interesse und das Know-How des Einzelnen zu achten, also auch darauf, wie die Unternehmung organisatorischen Sinn stiftet und strukturelle Kreativität ermöglicht?
Was auch immer der Grund für das gestiegene Interesse ist und sogar unabhängig davon, ob Organisationen Agilität in ihren Unternehmensalltag tatsächlich integrieren: Alleine dadurch, dass sie sich fragen, was Agilität eigentlich ist und wie sie zur Lösung ihrer Probleme beitragen kann, werden Menschen, Teams und Unternehmen flexibler, leistungsfähiger und besser. In jedem Fall also ist das eine gute Entwicklung.
Wenn auch Sie sich an das Thema Agilität herantasten möchten, finden Sie hier ein paar kommentierte Literatur- und Medienhinweise als Startpunkte:
Agiles Management/Agile Organisationen
- Augenhöhe. Film-Projekt AUGENHÖHE, 2014
Agile Organisationen ganz unterschiedlicher Branchen und Größen im Porträt. Eine eindrucksvolle Dokumentation (im kostenlosen Stream). - Mein wunderbarer Arbeitsplatz. Dokumentarfilm, 2014.
Auch diese sehr empfehlenswerte Dokumentation zeigt ganz unterschiedliche organisatorische agile Ansätze. Leider nicht in Gänze, aber in Einzelsequenzen auf Youtube abrufbar. - Pfläging, Niels: Organisation für Komplexität. Wie Arbeit wieder lebendig wird – und Höchstleistung entsteht. München, 2014
Ein schnell und gut zu lesendes Büchlein, das grundsätzliche Hintergründe zum Arbeiten unter komplexen Voraussetzungen (also den Regelfall) gibt und Spaß macht zu lesen. - Laloux, Frederic: Reinventing Organizations. Ein Leitfaden zur
Gestaltung sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit. München, 2015.
Eine Sammlung von Porträts erfolgreicher agil arbeitender Unternehmen und deren Change-Geschichte. Besonders hilfreich ist der erste Teil, indem Laloux eine methodische Hilfe gibt, die Entwicklungsstufen von Organisationen zu erkennen und was für einen guten agilen Wandel notwendig ist. Eine englische Version ist als Pay-What-Feels-Right-Version erhältlich. - Frederic Laloux im Interview mit dem Magazin managerSeminare
Interessantes kurzes Gespräch über die Hintergründe der agilen Entwicklung, kostenlos verfügbar, ca. 10 Minuten. - Brandes, Ulf: Management Y. Agile, Scrum, Design Thinking & Co. So gelingt der Wandel zur attraktiven und zukunftsfähigen Organisation. Frankfurt am Main, 2014.
Ein relativ umfassendes, überblicksartiges Buch: Was macht agiles Management aus, was sind seine Stärken und wie verankert man es in den Unternehmen. - Appelo, Jurgen: How to Change the World. Change Management 3.0. Rotterdam, 2012.
Wie sein organisatorisches Umfeld konkret ändern? Schnell und gut lesbar, praxisnah, sofort umzusetzen. Hier als günstiger Download oder in diversen Ausgaben auch über Amazon zu beziehen. - Appelo, Jurgen: #Workout. Games, Tools & Practices to Engage People, Improve Work, and Delight Clients. Breda 2014.
Wer nach konkreten Instrumenten sucht, wie Agilität in Organisationen gelebt werden kann, kommt allgemein um Management 3.0 (www.management30.com) und speziell um dieses Buch nicht umhin. Eine wahnsinnig umfassende Sammlung von im Alltag meist recht leicht umsetzbaren Dingen samt Hintergrundinfos! Im Moment leider vergriffen, ab Ende Juni 2016 offenbar aber wieder zu bestellen. Mehr Informationen dazu hier.
Agile Methoden
- Schwaber, Ken; Sutherland, Jeff: Scrum Guide, o.O., 2015. (Kostenloser Download)
Die Pflichtlektüre (!!!) für alle, die sich mit Agilität befassen. - Anderson, David J.: Kanban. Evolutionäres Change Management für IT-Organisationen. Köln, 2011.
Sonstige Literatur
- Das agile Manifest
- Fischbach, Jan: Eine Leseliste für agiles Management, Blogpost auf Teamworkblog
- Fischbach, Jan: Scrum-Literatur-Liste, Blogpost auf Teamworkblog
- Fischbach, Jan: Gibt es agiles Management, Blogpost auf Teamworkblog
- Rodehack, Edgar: Gibt es agiles Management (Ergänzung zu Jans Post), Blogpost auf Teamworkblog
- Rodehack, Edgar: "Der agile Verlag - Rettung oder Spinnerei?", Präsentation
Hier klicken für alle Artikel von Edgar Rodehack.
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