Direkt zum Hauptbereich

Statistik für Scrum Teams: 1. empirisch/nicht empirisch

Den Erfindern von Scrum und von Lean Thinking ist empirisches Arbeiten sehr wichtig. Aber warum? Und was ist das Gegenteil von empirisch? Und wie geht empirisches Arbeiten genau? In einer kleinen Serie gehe ich diesen Fragen nach.

Was ist empirisches Arbeiten?


Im Anfang vom Scrum Guide steht:
Scrum basiert auf der Theorie empirischer Prozesssteuerung oder kurz "Empirie". Empirie bedeutet, dass Wissen aus Erfahrung gewonnen wird und Entscheidungen auf Basis des Bekannten getroffen werden. Scrum verfolgt einen iterativen, inkrementellen Ansatz, um Prognosesicherheit zu optimieren und Risiken zu kontrollieren.
Wie können wir besser verstehen, was mit "empirisch" gemeint ist? Wir wissen zum Beispiel, dass Ken Schwaber von dem Buch "Process Dynamics, Modeling, and Control" des Verfahrenstechnikers  B. Ogunnaike beeinflusst wurde./1/ Die interessanten Kapitel sind Nummer 12 "Theoretical Process Modeling" und Nummer 13 "Process Identification: Empirical Process Modeling".

Im Kern schreibt Ogunnaike (und natürlich auch andere), dass es Prozesse gibt, die für uns wie eine Black Box sind. Wir wissen nicht, was innen passiert. Wir können ein paar Faktoren eingeben und uns die Antworten ansehen. Wenn wir genug Experimente gemacht haben, können wir für einen eingeschränkten Bereich auf das Verhalten des Prozesses schließen.

Das Gegenteil von empirisch ist also, dass ein Prozess komplett mathematisch zu berechnen ist. Die meisten Prozesse in unserer Businesswelt sind schwarze Kisten. Wir nehmen aber gern vorhersagbares Verhalten an. Wir müssten nur dies und jenes und tun und schon käme das richtige Ergebnis heraus. Scrum Teams sammeln aus diesem Grund Daten. Jeder Sprint bietet die Gelegenheit, Daten zu sammeln und zu lernen.

Jeff Sutherland erzählt gern die Geschichte von den selbstlernenden Robotern von Rodney Brooks. Statt den Robotern alles Wissen mitzugeben, bekommen sie wenige Algorithmen, um selbst zu lernen. /2, S. 28/ So sollen Scrum Teams sich selbst das relevante Wissen beibringen. "They would self-organize and self-optimize, just like that robot." /2, S. 30/
Photo by Paweł Jagielski from FreeImages
Aber wozu sammeln wir die Daten?

Daten sammeln, um Entscheidungen zu treffen


In der Produktentwicklung und in der Prozessoptimierung stehen ständig Entscheidungen an. Wir lernen über die Zusammenhänge in Produkten und Prozessen. Wir überlegen uns Handlungsoptionen und entscheiden uns, um etwas zu verbessern. Hier kommt noch ein weiterer Aspekt von "Empirie" ins Spiel.

Bob Emiliani hat untersucht, warum Führungskräfte so oft, echte Agilität verhindern./3, Kapitel 3 Metaphysical CEOs and Lean Management/ Bevor jemand zur Führungskraft wird, ist er oder sie sehr wohl mit empirischem Arbeiten vertraut. Aber ab einer gewissen Stufe werden Entscheidungen nicht mehr auf Basis von Fakten, sondern auf Basis des Rechts Entscheidungen getroffen. "Ich entscheide so, weil ich das Recht dazu habe." Diese Entscheidungen sind oft keine guten Entscheidungen, weil sie die Realität und die langfristigen Folgen nicht in Betracht ziehen.

Daher ist es bei Scrum und bei Lean Thinking so wichtig, sich immer wieder an den Ort des Geschehens zu begeben und sich die Daten anzusehen.

Halten wir also fest:
  • Empirisches Arbeiten bedeutet, Daten zu sammeln, um Zusammenhänge zu verstehen. Wir brauchen Daten über Eingangs- und Ausgangsgrößen. Empirisches Arbeiten bedeutet auch, auf Basis der Daten Entscheidungen zu treffen.
  • Es gibt nur sehr wenige Prozesse, die sich vollständig mathematisch beschreiben lassen. Da brauchen wir keine empirischen Daten. Wir können alles ausrechnen. Nicht-empirisches Arbeiten bedeutet aber auch, Entscheidungen zu treffen, ohne die Fakten zu berücksichtigen.
Wie kommen wir an Daten? Und wie viel Aufwand ist das? Darum geht es in den folgenden Teilen.

Literaturverweise

  • /1/ Ogunnaike, Babatunde: Process Dynamics, Modeling, and Control. New York: Oxford University Press, 1994.
  • /2/ Sutherland, Jeff ; Sutherland, J.J.: Scrum : The Art of Doing Twice the Work in Half the Time. New York: Random House, 2014.
  • /3/ Emiliani, Bob: The Triumph of Classical Management Over Lean Management : How Tradition Prevails and what to Do about it.: Cubic LLC, 2018.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Das neue Outlook - One Outlook - erster Eindruck

Microsoft hat ein Problem: Outlook ist nicht gleich Outlook. Da ist das gute alte Outlook in der Desktop-Version. Das ist das, womit fast alle von uns im Alltag arbeiten und worüber ich hier schon oft berichtet habe. Outlook auf dem MAC sieht aber anders aus. Outlook auf Mobilgeräten sowieso. Dann gibt's noch Outlook im Web. Kein Wunder, dass Microsoft das alles entwirren, verschlanken und vereinheitlichen möchte. Gelingt es? Hier die interessantesten Funktionen des neuen Outlooks . 

Und jetzt alle zusammen! Teams - OneNote - Aufgaben - To Do

Ein Meeting jagt das nächste. Sich da nicht zu verzetteln, wird  im Zeitalter virtueller Besprechungen  noch anspruchsvoller. Kein Wunder, dass  im Zusammenhang mit Microsoft 365  zwei Fragen besonders häufig auftauchen: Wie dokumentiert man Besprechungen gut? Was hilft, offene Aufgaben nachzuhalten? Eine gute Lösung: Das in MS Teams integrierte OneNote-Notizbuch als gemeinsame Plattform auch für den Aufgabenüberblick zu nutzen.

Kategorien in Outlook - für das Team nutzen

Kennen Sie die Kategorien in Outlook? Nutzen Sie diese? Wenn ja wofür? Wenn ich diese Fragen im Seminar stelle, sehe ich oft hochgezogene Augenbrauen. Kaum jemand weiß, was man eigentlich mit diesen Kategorien machen kann und wofür sie nützlich sind. Dieser Blogartikel stellt sie Ihnen vor.

E-Mail-Vorlagen gemeinsam nutzen (Outlook)

Mittlerweile wird praktisch alle Routine-Korrespondenz in Outlook erledigt. Was liegt da näher, als ein gutes Set von Vorlagen zu erstellen und diese gemeinsam in Team zu nutzen? Leider hat Microsoft vor diesen – an sich simplen – Wunsch einige Hürden gebaut.

Das Ubongo Flow Game

Spiele bieten eine gute Gelegenheit, zeitliche Erfahrungen zu verdichten und gemeinsam zu lernen. Karl Scotland und Sallyann Freudenberg haben im Mai 2014 das Lego Flow Game veröffentlicht. Wir haben die Spielidee übernommen, aber das Spielmaterial gewechselt. Statt Legosteinen benutzen wir Material aus Grzegorz Rejchtmans Ubongo-Spiel. Hier präsentieren wir die Anleitung für das Ubongo Flow Game.

Outlook-Aufgabenliste: bitte nicht die Aufgaben des ganzen Teams!

Am Tag der Arbeit kommt eine Lösung, nach der ich schon so oft gefragt wurde: Wie schaffe ich es, dass meine Outlook-Aufgabenliste nur meine eigenen Aufgaben anzeigt und nicht auch die E-Mails, die meine Kollegen gekennzeichnet haben oder Aufgaben, die einfach in einem gemeinsamen Postfach stehen?

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Nie wieder Ärger mit Besprechungsserien in Outlook

Erstellen auch Sie Besprechungsserien in Outlook? Ärgern auch Sie sich manchmal darüber, wenn Sie etwas zu ändern haben? Falls nicht, versenden Sie entweder keine wiederkehrenden Outlook-Besprechungen (Serienterminen). Oder Sie ändern nie etwas daran. Dann ist dieser Artikel nichts für Sie. Lesen Sie aber bitte weiter, falls Sie sich schon immer mal gefragt haben, ob es eine Lösung gibt? 

"Denn sie wissen nicht was sie tun ...! Freigeben und teilen in OneDrive und SharePoint und per E-Mail

Neuerdings können Sie bei Ihren E-Mails entscheiden, ob Sie den Anhang als Datei (Kopie) anhängen wollen oder einen Link senden. Doch was kann dieser Link? Wie sicher ist er? Wer kann was damit tun? Lesen Sie hier was sinnvoll ist und was weniger.

Rebellieren für den Wandel: die 8 Regeln des totalen Stillstandes von Prof. Dr. Peter Kruse

In einem legendärem Vortrag skizzierte Peter Kruse 8 Regeln des totalen Stillstands. Ihm zufolge wurden die Regeln entwickelt, um Managern und Führungskräften dabei zu helfen, Bereiche mit potenziellem Widerstand gegen Veränderungen zu erkennen und Menschen auf strukturierte Weise durch den Veränderungsprozess zu führen.