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Gemeinsam eine Anwenderdokumentation erstellen

Unternehmenssoftware ist ein wichtiges Bindeglied zwischen Anwenderinnen und Anwendern, den Unternehmensprozessen und den Ergebnissen. Normalerweise schreibt der Hersteller der Software die Dokumentation für diejenigen, die die Software benutzen. Wenn die Software allerdings stark angepasst wurde, muss die Dokumentation von denen kommen, die die Prozessmaschine am besten verstehen - den Anwenderinnen und Anwendern. Wie könnte man das praktisch machen?

Es gibt zu diesem Beitrag eine Ergänzung um prozessorientierte Dokumentation

Es ist hilfreich, eine Dokumentation zu erstellen, die sich an den Prozessen, also an der Bedienung der Software orientiert. Beispiele für Prozesse:

  • Einen Kunden anlegen (oder einen Geschäftspartner anlegen)
  • Ein neues Projekt anlegen
  • Eine Buchung auslösen
  • Eine Zahlung freigeben

Manchmal ist es praktisch, mehrere Prozesse zu einer Prozessgruppe zusammenzufassen.

Ein gutes Verständnis der Zusammenhänge der Daten ist auch wichtig. Die Fachleute nennen das ein Domänenmodell, ein Datenbankmodell oder eine Informationsarchitektur. Ich finde Domänenmodelle ganz praktisch. (Wolf hat dazu bereits im Jahr 2015 einen Beitrag geschrieben.) Diese Modelle sind meist Bilder von Zusammenhängen. Wir können die Details gut in einem Glossar beschreiben.

Wie entsteht die Dokumentation? Dazu gibt es zwei Varianten: entweder wir dokumentieren fortlaufend oder wir starten verschiedene Aktionen, um die Dokumentation initial zu erstellen oder auf den neusten Stand zu bringen.

Variante 1: Fortlaufende Dokumentation

Bei dieser Variante wird jede Änderung an der Software oder an einer Einstellung direkt dokumentiert. Die Benutzer:innen, die die Änderung in Auftrag geben, fragen sich immer: "Welches Dokument oder welche Wiki-Seite müssen wir für diese Änderung anpassen?"

  • Kommt ein neues Datenobjekt oder eine ganz neue Datenkategorie dazu, müssen wir das Datenmodell und das Glossar ergänzen.
  • Wenn Begriffe konkretisiert oder erweitertert werden, wird das Glossar aktualisiert.
  • Wenn sich die Abläufe ändern, passen wir die Prozessbeschreibungen an.
  • Ggf. müssen weitere Übersichtsdokumente angepasst werden
  • Manchmal ist es gut, ein Dokument mit häufig gestellten Fragen (FAQ) oder eine Wissensdatenbank (engl. Knowledge Base KB) zu führen.

Was ist, wenn wir keine ausreichende Dokumentation haben? Dann müssen wir Aktionen starten, durch die wir die Dokumentation auf den aktuellen Stand bringen. Darum geht es bei Variante 2.

Variante 2: Book Sprint

Ein Book Sprint ist eine Art Hau-Ruck-Aktion, bei der mehrere Expertinnen und Experten gemeinsam ein Buch schreiben. Diese Arbeit gleicht einem Hackathon. Allerdings wird in einem Hackathon Software erstellt und eher selten die Dokumentation.

Tom Ottway hat eine Anleitung für einen Book Sprint geschrieben:

  • Ein Book Sprint dauert mindestens 3 Tage, aber nie mehr als 5 Tage.
  • Concept Mapping zu Beginn: Alle Ideen visualisieren und in eine Ordnung bringen
  • Jeder sucht sich die Ideen aus, die er schreiben möchte. Ideen, die von keinem ausformuliert werden, werden gelöscht.
  • Schreiben und verbessern
  • Veröffentlichen

Ein Book Sprint kann man am Anfang wie eine Open Space moderieren. Wenn es dann einen Plan gibt, kann in festen Timeboxen gearbeitet werden. Ich habe gute Erfahrungen mit 20 und 60 Minuten Timebox zum Schreiben gemacht.

Aber welche Themen gehen wir zuerst an? Ich würde mich an zwei Szenarien orientieren:

  • Welche Informationen braucht ein neuer Anwender unbedingt, um starten zu können?
  • Welche Informationen sollen als erstes in einer andere Sprache übersetzt werden, wenn wir den Kreis der Anwender international erweitern?

Man muss übrigens nicht immer alles ausführlich beschreiben. Oft sind Anwender schon zufrieden, wenn sie den Grundablauf und die wesentlichen Begriffe kennen. Dann brauchen sie noch Ansprechpartner, an die sie sich für Fragen wenden können.

Wer schreibt?

Ich würde erfahrene und neue Anwender zusammenbringen. Die Erfahrenen können Dinge gut erklären. Aber sie wissen gar nicht, was sie alles wissen. Die Neuen können gut Fragen stellen. Sie finden Lücken.

Gute Beispiele für kollaborativ erstellte Dokumentation finden sich übrigens bei den FLOSS Manuals. Die Dokumentation von ERPNext ist auch gut aufgebaut.

Viel Spaß beim Schreiben.

 

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