Wer hätte im Jahr 2019 gedacht, dass so viele Menschen heute im Home-Office arbeiten können und dass die Firma trotzdem funktioniert? Wer hätte damals gedacht, dass wir heute wie selbstverständlich KI-Werkzeuge nutzen können? Ich will mich nicht der Aussage anschließen, dass sich die Welt immer schneller dreht. Es ist egal, wie schnell sie sich dreht, weil es sich immer lohnt, über die Zukunft nachzudenken. Und das muss nicht kompliziert sein.
Muss man wirklich über die Zukunft nachdenken?
Eigentlich ist doch nie Zeit für Zukunft. Sie kommt doch eh. In einer kleinen (nicht-repräsentativen) Umfrage bei LinkedIn haben bisher die meisten geantwortet, dass es wichtig ist, den Kopf dafür frei und Zeit zu haben. Wenn man den Kopf nicht freihat, wird es schwierig.
Ich habe das Nachdenken über die Zukunft auch entspannt gesehen. Aber in einem Dokument fand ich einen entscheidenden Hinweis: Unsere Geschäftstätigkeit beruht auf verschiedenen Annahmen. Einige davon sind sehr wichtig. Was passiert, wenn bestimmte Annahmen davon kippen?
Das sind wichtige Annahmen für mich als Berater:
- Ich kann mich frei in Deutschland bewegen, um zum Kunden zu fahren. Ich kann mit dem Zug fahren, um zu meinen Kunden zu gelangen.
- Ich bekomme nur Geld, wenn ich beim Kunden bin.
- Meine Dienstleistungen werden immer gebraucht.
Als SARS das erste Mal bekannt wurde, war das für mich ein Anlass über Online-Termine nachzudenken. Wie machen wir das? Mit welchen Tools arbeiten wir? Ich hielt es trotzdem für unrealistisch, dass es jemals in Deutschland zu einem Lockdown kommen würde.
Im März 2020 konnten wir unser Trainings- und Beratungsgeschäft innerhalb von einer Woche von Präsenz auf online umstellen. Beim Nachdenken über die Zukunft werden uns wichtige und sogar verletzbare Annahmen auffallen, auf denen unser Business beruht.
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Hier sind fünf Gründe, warum wir das jetzt tun sollten.
Grund 1: Dienstleistungen kann man nun global einkaufen
Das Geschäft vieler Unternehmen in Deutschland beruht auf zwei wichtigen Annahmen:
- Ihre Dienstleistungen kommen überwiegend aus einer Hand. Sie können nicht weiter zerlegt werden.
- Der Kunde möchte in deutscher Sprache bedient werden. Das können nur Unternehmen und Mitarbeiter:innen, die in D-A-CH leben.
Diese Annahmen sind bereits gekippt. Vielleicht nicht in großem Maße und überall. Aber Dienstleistungen können bereits entbündelt und an irgendwelche Unternehmen überall auf der Welt verlagert werden. Programmier- und Engineeringleistungen können wir gut aus anderen Ländern einkaufen.
Mit Text-to-Speech kann ich meine Videos in viele Sprachen übertragen. KI-Tools können meine Videos übersetzen und dabei meine Lippenbewegungen angleichen. Umgekehrt können nun Anbieter aus anderen Ländern ihre Angebote auf einem akzeptablen Niveau in Deutschland anbieten.
Grund 2: Deutschland hat kein Monopol mehr für Exporte von Technologie
Ganze Industriezweige hängen von mehreren Annahmen ab:
- Andere Länder brauchen Autos mit hochwertigen Maschinen.
- Diese Technologie können wir nur in Deutschland herstellen.
- Es ist gut, ein eigenes Auto zu besitzen.
Scheinbar lag der technologische Vorsprung beim Bauen von Verbrennungsmotoren. Solche Motoren sind nicht einfach zu bauen. Um diese Motoren hat man dann Autos gebaut.
Die Anzahl der eigenen Fahrzeuge nimmt ab. (Eine Studie spricht gar von einer gestrandeten Flotte.)
Die Anzahl der Elektroautos nimmt zu. Elektromotoren sind einfacher zu bauen. (Nun ist die Batterietechnik entscheidender.) Das können auch andere Länder gut.
Grund 3: Software wird wichtiger als Hardware
Eine weitere wichtige Annahme war, dass die Hardware deutlich wichtiger ist als Software. Das Produzieren guter Hardware kann nicht jeder.
Bei ähnlichen physikalischen Eigenschaften macht die Software den Unterschied.
Mittlerweile werden Sensoren auch immer günstiger. Wer braucht heute wirklich ein eigenes Navigationsgerät?
Grund 4: Zugriff auf Rohstoffe und bestimmte Produkte ist begrenzt
Die nächste Annahme lautet: Wir können unsere Rohstoffe und Komponenten jederzeit in ausreichenden Mengen einkaufen.
Auch hier haben wir erlebt, dass dies nicht mehr selbstverständlich ist.
Grund 5: Unwetter betreffen alle
Landwirtschaft und Tourismus sind vom Wetter abhängig. Aber andere Branchen immer mehr:
- Unwetter kosten Menschenleben. Menschen, die im eigenen Betrieb oder bei Lieferanten arbeiten. Menschen, die Kunden sind.
- Unwetter zerstören Produktionsbetriebe.
- Unwetter unterbrechen Lieferketten.
Das sind 5 offensichtliche Gruppen von Annahmen, auf denen die unternehmerische Tätigkeit beruht. Ich bin sicher, dass jedes Unternehmen noch weitere wichtige Annahmen entdeckt, von denen es abhängt.
Die Lösungen sind schon da
Die gute Nachricht: Für diese Fälle gibt es schon viele Lösungen. Deutschland genießt einige Vorteile, die andere Länder schon lange nicht mehr haben. Die Unternehmen dort haben Lösungen gefunden. Aber in Deutschland schauen wir dort nicht hin. Nicht aus Ignoranz oder Dummheit. Wir suchen nicht nach Lösungen, weil wir nicht danach suchen. Das Suchen ist nicht relevant.
Wenn wir über die Zukunft nachdenken, werden wir aufmerksamer für die Lösungen von anderen sein.
Kennt Ihr Eure wichtigen und verletzbaren Annahmen?
Bei der Leanbase planen wir eine Konferenz im Mai 2025 zum Vorbereiten auf die Zukunft. Schaut doch mal dort vorbei. Teilt den Link zur Position 2050. Bitte gebt uns Feedback zum Programm.
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