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Tooling #8: In die Zukunft blicken - die Szenarioplanung

In die Zukunft blicken geht nicht? Oh doch: Die Szenarioplanung.
Foto: Autor mit Hilfe von DALL:E

Ja, klar, die heutige, digitalisierte Welt wird immer dynamischer und komplexer. Neue Technologien, sich verändernde Märkte und auch die mehr als verflixten geopolitischen Ereignisse beeinflussen uns alle immer mehr. Und mit uns unsere Unternehmen. Immer mehr ungewisse Faktoren funken uns in unser Tun rein. Und in unsere Planung dazu. Es wäre natürlich fatal, wenn wir trotzdem unseren bisherigen Stiefel durchziehen würden.

Um dies zu verhindern, gibt es die Szenarioplanung. Und zwar als Vorstufe zur eigentlichen Planung. Die nimmt ja in den Blick, was wir in der nächsten Zeit konkret zu tun haben. Damit wir unsere Ziele möglichst sicher erreichen.

Statt uns aber – wie bei Planungen üblich - nur auf Prognosen oder Vorhersagen zu verlassen, entwickeln wir erst einmal mehrere Zukunftsszenarien. Die bilden gewisse Entwicklungen ab, die für uns und unsere Geschäftsidee relevant sind. So lassen sie Rückschlüsse zu, was wir tatsächlich für die nächste Zeit planen und einplanen sollten.

Dabei interessiert uns besonders, was wir tun können oder sollten, um manche riskanten Entwicklungen erst gar nicht aufkommen zu lassen (absichernde Maßnahmen). Oder wie wir reagieren, wenn Dinge eintreten, die wir anders vorhergesehen haben (vorbereitende Maßnahmen).
Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen.
Wenn wir so vorgehen, also mit Szenarien planen, tun wir alles, was wir tun können, um als Einzelne, als Team, Abteilung oder ganze Organisation flexibel auf unvorhergesehene Ereignisse angemessen zu reagieren und Risiken (und Chancen) besser zu managen.

Man könnte meinen, dass das Ergebnis einer guten Szenarioplanung möglichst wahrscheinliche Zukunftsbilder sind. Doch das ist ein Irrtum. Wir wollen vielmehr PLAUSIBLE, in sich KONSISTENTE Geschichten von der Zukunft entwerfen. Wir wollen DENKBARE Entwicklungen in Betracht ziehen.

Denn der Prozess der Szenarioplanung soll uns flexibel halten und uns helfen, Risiken aufzudecken, die wir mit routiniertem Alltagsblick vielleicht übersehen. Gerade ungewöhnliche, auf den ersten Blick abseitige, störende Was-Wäre-Wenn-Szenarien helfen uns, kreativ zu werden und mögliche Gefahren zu erkennen, die im aktuellen Moment nicht offensichtlich erscheinen, aber durchaus existieren könnten . (Schöne Grüße an die deutsche Automobilindustrie.)

Die Szenarioplanung ist also ein Werkzeug zur gemeinsamen strategischen Planung. Sie hilft dabei, sich möglichst gut auf unvorhersehbare Ereignisse vorzubereiten, und das, indem wir möglichst viele Perspektiven miteinbeziehen.

Wie funktioniert das? Indem wir durch „Was-wäre-wenn“-Fragen im Team verschiedene Zukünfte antizipieren und uns so auf mögliche Entwicklungen vorbereiten.

Wie gesagt beschreiben die Szenarien dabei nicht nur wahrscheinliche Ereignisse. Sondern auch weniger wahrscheinliche, aber eben mögliche Verläufe. So werden möglichst viele Eventualitäten durchdacht, um auf das Wichtigste vorbereitet zu sein.

Der Prozess der Szenarioplanung folgt simplen (aber nicht einfachen) Schritten:
  • Rahmen: Was ist der inhaltliche und zeitliche Betrachtungsbereich? Wie lange blicken wir in die Zukunft? Wie sieht die Welt dann aus? In welchen Märkten, Regionen oder Technologien hat sich etwas verändert oder wird sich etwas verändern?
  • Hauptakteure sammeln: Wer sind relevante Akteure heute und dann? Hier geht es um alle Akteure: Personen und Institutionen, die ein Interesse an der heutigen Geschäftsidee und ihrer Entwicklung haben (positiv wie negativ): interne und externe Stakeholder, Inhaber, Belegschaft, Kunden, Lieferanten, Wettbewerber oder staatliche Institutionen.
  • Trends ermitteln: Was sind die sicher vorhersehbaren Entwicklungen, z. B. technologische Innovationen oder gesellschaftliche Veränderungen?
  • Schlüsselunsicherheiten identifizieren: Unsicherheiten bestehen immer, einige davon sind aber besonders bedeutend. Welche Entwicklungen sind schwer vorhersehbar, aber von großer Bedeutung? Die „Schlüsselunsicherheiten“ sind die Basis für die Szenarien.
  • Szenarien entwickeln: Nun kombinieren wir zwei zentrale Schlüsselunsicherheiten und entwickeln anhand daran mehrere Szenarien, die mögliche Zukünfte abbilden. Beispiel könnte sein: „Was passiert, wenn die Nachfrage nach unserem Hauptprodukt einbricht, was, wenn sie steigt?“ und „Was, wenn gleichzeitig neue Wettbewerber in den Markt eintreten oder bestehende aussteigen?“ So entstehen verschiedene Zukunftsbilder, die jeweils unterschiedliche Handlungsoptionen und auch Planungen erfordern.
  • Verletzbare und sichere Annahmen entdecken: Während wir die Szenarien durchspielen, überprüfen wir, auf welchen Annahmen unsere bisherige Geschäftsidee und unser Tun basiert. Was davon ist unverrückbar und sicher? Was davon könnte sich als unsicher herausstellen? Inwiefern? Welche Annahmen bleiben auch unter veränderten Bedingungen stabil?
Bild: Autor mit Hilfe von DALL:E


Das ist aus meiner Sicht übrigens der stärkste Teil der Szenarioplanung. Denn hier hilft sie uns besonders, unsere Wünsche von der Wirklichkeit zu unterscheiden, vorausgesetzt wir sind ehrlich. Dann aber sind wir in der Lage, echt zu planen und uns nicht in die Tasche zu lügen.
  • Recherchieren und Signposts finden: Während der Szenarioarbeit zeigt sich, dass bestimmte Annahmen weiter untersucht und werden müssen. Dann sind zusätzliche Informationen einzuholen und darüber zu sprechen, wie wir feststellen, wenn sich gefährliche Trends entwickeln. („Signposts“).
  • Diskutieren und ausformulieren: Nicht nur wollen wir fertige Szenarien entwickeln. Wir wollen sie vor allem auch in der Entstehung diskutieren. Dabei wird uns klar, was warum für uns und unser Tun und Planen besonders relevant ist.
  • Titel finden und veröffentlichen: Die Szenarien bekommen eingängige, möglichst sprechende Titel, die deren Botschaft transportieren. Das hilft, wenn sie in der Organisation geteilt und diskutiert werden.
Der eigentliche Mehrwert der Szenarienarbeit liegt nicht so sehr in den fertigen Szenarien. Vielmehr sind es die Diskussionen, die damit angestoßen werden. Schon beim Entwickeln und erst recht in den Gesprächen über die Zukunftsbilder entsteht ein gemeinsames Verständnis: Welche Auswirkungen hätte das jeweilige Szenario auf unsere Arbeit? Was sollten wir schon jetzt anpassen, um gerüstet zu sein? Das fördert flexibles Denken im Team.

Wir verstehen so unser eigenes Geschäft besser. Und wir verbessern unsere Reaktionsfähigkeit auf unerwartete Ereignisse. Wir steigern die Chance, zur richtigen Zeit fundierter, besser zu entscheiden.

Bild: Autor

In einer unsicheren Welt reagieren wir dann nicht mehr nur unter Druck, sondern wir gestalten proaktiv. Wir werden zielgerichteter UND flexibler. Und wir treffen schneller bessere Entscheidungen. In einer Welt, die sich immer schneller verändert, ist dies nicht nur ein Vorteil. Es ist eine Grundvoraussetzung für Erfolg.

In diesem Sinne ermöglicht Szenarioplanung Unternehmen, nicht nur auf Unvorhergesehenes zu reagieren, sondern proaktiv die Geschicke mitzugestalten. Im Rahmen der Möglichkeiten. Im Sinne der übergeordneten Ziele. Und über alle Hierarchie- und Entscheidungsebenen hinweg.

Szenarioplanung befördert kreative, konstruktive, zielgerichtete Diskussionen und ermöglicht, Risiken und Chancen frühzeitig zu erkennen. Dabei schließt sie möglichst viele Mitglieder der Organisation mit ein. Das ist schlau, denn sie sind ja alle auf ihre Art ExpertInnen ihrer eigenen und unser aller Arbeit, weshalb sie ein großes Interesse auch am langfristigen Erfolg der Unternehmung haben.

Wenn wir uns so auf mögliche Zukünfte vorbereiten, können wir sorgenfrei durchs ungewisse Leben gehen. Wir können und werden uns ohne Ablenkung entspannt auf die gerade anstehenden aktuellen Aufgaben konzentrieren. Wir sind dann besser. Heute. Und auch morgen. Und zwar (fast) egal, welche Überraschungen auf uns warten.

Für mich sind das viele gute Gründe, um sofort einen Szenario-Workshop zu initiieren. Findet ihr nicht auch?

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