Das Bauen und Fliegen von Raketen ist theoretisch einfach, aber in der Praxis sehr schwierig. Aus Managementsicht sind die Raketenprogramme sehr interessant, weil man dort viel über Organisation lernen kann. Eine spezielle Technik ist z. B. das Anforderungsmanagement, ohne das die Apollo-Missionen wahrscheinlich nicht erfolgreich gewesen wären. Um den Bau von Raketen besser zu verstehen, stelle ich in diesem Beitrag ein paar historische Videos vor.
Mitte des 20. Jahrhunderts entsteht das Anforderungsmanagement
Im Jahr 2023 haben wir auf der REConf in München die Ideengeschichte von Scrum vorgestellt. Am Ende des Vortrags haben wir uns gefragt, wie wohl das Anforderungsmanagement genau entstanden ist. Diese Technik ist für jedes IT-Projekt wichtig. Schließlich wollen die Auftraggeber nur für Ergebnisse bezahlen, die auch ihre Anforderungen erfüllen.
Nach einem Jahr Recherche haben wir unsere Ergebnisse auf der REConf wieder vorgestellt. Wir haben die Zusammenfassung des Vortrags im Blog der Hood vorgestellt. (Wer den ausführlichen Text mit den Quellen haben möchte, möge mich bitte direkt anschreiben.)
Die Raketenprogramme der USA waren die Treiber für das Anforderungsmanagement. Raketen zu bauen ist keine einfache Sache. Meist sind Raketen Einweg-Geräte. Mit jedem Start, mit jeder Mission lernen die Beteiligten dazu. D. h. nach jedem Start, nach jeder Mission kommt es wahrscheinlich zu Änderungen in der Technik. Der Bau von Raketen war in den USA anders als der Bau von Flugzeugen organisiert. Beim Bau von Flugzeugen gibt es einen Generalunternehmer, der seine Lieferanten steuert. Beim Bau von Raketen gab es früher keinen Generalunternehmer. Die Technik war so neu und experimentell, dass kein Unternehmen solch ein Risiko eingegangen wäre.
Unabgestimmte Änderungen waren oft die Ursache für Misserfolge und Fehlstarts. Da hat ein Lieferant etwas geändert, ohne dass der Lieferant auf der anderen Seite der Schnittstelle das mitbekommen hat. Ein diszipliniertes Anforderungsmanagement war die Lösung, um Änderungen zu verteilen.
Es ist allerdings nicht so einfach, den Überblick über die Raketen zu behalten. Ich habe ein paar (historische) Videos gefunden, die mir beim Verständnis geholfen haben. Fangen wir rückwärts in der Chronologie an.
1968: Wernher von Braun erklärt die Mondlandung (ca. 11 Min.)
Im ersten Video besucht ein Reporterteam aus Deutschland die Stadt Huntsville in Alabama. Dort befindet sich das Marshall Space Flight Center. In den ersten drei Minuten stellen die Reporter den Kontext her. Sie erklären die V2 und den ersten Flug von Alan Shepard. Danach erklärt Wernher von Braun, wie man zum Mond und wieder zurück kommt.
Das Interview entstand ca. 1 Jahr vor der Mondlandung.
Redstone Arsenal Video Archives: German TV interviewing Wernher von Braun on the Saturn launch vehicle 1968., abrufbar unter https://www.youtube.com/watch?v=3gY5gH2yh1k
Wernher von Braun war nicht der einzige, der in den USA Raketen baute. Eine wichtige Rolle spielte das ICBM-Programm der Amerikaner. Darum geht es in dem nächsten Video aus dem Jahr 1959.
1959: Bernard Schriever erklärt das Raketenwaffenprogramm (ca. 28 Min.)
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs entstehen mit West und Ost zwei Machtblöcke. Die Anti-Hitler-Koalition zerbricht. Die Amerikaner entscheiden sich für militärische Aufrüstung, weil sie den Sowjets nicht trauen.
Dazu wird dem Bau von Interkontinentalraketen mit nuklearen Sprengköpfen Vorrang gegeben. Der Bau solcher Raketen ist schwierig und kostspielig. Trotzdem ist das immer noch günstiger, als im großen Umfang amerikanische Truppen in Europa zu stationieren.
Treibende Kraft hinter der Programm ist der sog. Raketengeneral Bernard Schriever. Ursprünglich als Kind aus Deutschland in die USA eingewandert, macht er Karriere in der Air Force. Er erweist sich als kluger technischer und politischer Organisator für den Bau der Raketen vom Typ Atlas, Thor, Titan und Minuteman. Schriever legt viel Wert auf Geschwindigkeit in der Entwicklung.
In dem folgenden Video stellt Schiever das Programm und die Organisation vor. Die Arbeitsweise unterschied sich deutlich von bisherigen Beschaffungsprogrammen der Air Force. Ungefähr ab Min. 8:30 wird übrignes erklärt, dass ein Vorgehen in festen Phasen ("Wasserfall") viel zu langsam gewesen wäre.
Association of Air Force Missileers (AAFM): Ballistic Missile Development with General Bernard Schriever (1959), abrufbar unter https://www.youtube.com/watch?v=xRznxGWj2vA
Das Video hat mir gefolfen, die Organisation und die Beteiligten des Programms besser zu verstehen. Aber wie ist eine Rakete eigentlich genau aufgebaut? Darum geht es im dritten Video.
1947: Die Armee erklärt den Umgang mit V2-Raketen (ca. 20 Min.)
Im Mai 1945 stellt sich Wernher von Braun mit seinem Team den Amerikanern. Er unterstützte die Amerikaner dabei, nicht-benutzte V2-Raketen, Bauteile und Dokumente in die USA zu bringen. In New Mexico gab es bereits vor dem Krieg das Versuchsgelände in White Sands.
In dem folgenden Video ist zu erkennen, wie eine Rakete genau zusammengebaut und wie ein Start vorbereitet wird.
War Department: GERMAN V-2 ROCKET TESTS AT WHITE SANDS NEW MEXICO 2535 (PeriscopeFilm Filmarchiv), abrufbar unter https://www.youtube.com/watch?v=l6aI4fh69rQ
Die Raketen, die heute eingesetzt werden, basieren immer noch auf den gleichen Technologien und Managementprinzipien. Heute kann man sich die Details nicht mehr so gut ansehen. Deswegen ist es manchmal hilfreich, sich die ersten Raketen anzusehen. So kann man sich besser vorstellen, was im Hintergrund passiert.
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