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Agil Arbeiten in internen Service-Abteilungen

Geht Scrum in internen Abteilungen? Können wir im Bereich X agil arbeiten? Solche Fragen hören wir immer wieder. Aber diese Fragen gehen in die falsche Richtung. Es gibt bessere Fragen.

Worum geht es bei Agilität wirklich?

Das Ziel für Agilität ist nicht das Einführen neuer Methoden. Wir wollen die Dinge schaffen, die wir schaffen müssen oder die von uns erwartet werden. Das ist das Ziel. Das kann in der einen Organisation bedeuten, dass wir neue Produkte auf den Markt bringen wollen. In der anderen Organisation kann es bedeuten, mit den gleichen oder weniger Leuten mehr Ergebnisse zu liefern.

Die wichtigste Frage ist also: "Schaffen wir alles, was wir erreichen wollen?"

Viele Organisationen geben ehrlich zu, dass sie nicht mehr alles schaffen. Die Mitarbeiter:innen und Führungskräfte denken oft, dass es am persönlichen Unvermögen liegt (Stichwort: Attributionsfehler). Aber das stimmt nicht. Die Strukturen machen es einfach schwer, als Team Ergebnisse zu liefern. Da kann verschiedene Ursachen haben:

  • Es laufen zu vielen Dinge gleichzeitig.
  • Es wird nicht konkret geplant.
  • Die Mitwirkung von anderen wird nicht organisiert.
  • Es ist nicht klar, was herauskommen soll.
  • Die Lieferung hängt stark von einzelnen Personen ab, weil sie Spezialwissen haben.
  • Alle müssen mit allen reden. Entscheidungen fehlen.

Hier kann agiles Arbeiten Impulse zur Verbesserung liefern. Sehen wir uns am Beispiel einer internen Abteilung (z. B. Finanzen) an, wie Führungskräfte die Situation verbessern können.

Scrum, Kanban, Verbesserungs-Kata im Überblick

Dinge ständig verbessern

Die Verbesserungs-Kata ist eine einfache Technik, bei der man nicht viel ändern muss. Die Organisation und die Abläufe bleiben (im Moment) gleich. Es gibt drei wichtige Voraussetzungen:

  • Alle Beteiligten stellen gemeinsam fest, dass sie sich verbessern wollen. Sie verpflichten sich dazu, jeden Tag Dinge zu verbessern.
  • Es gibt in jedem Team Personen, die das Mandat zum Nachfragen und zum Verbessern haben.
  • Die Führungskräfte kümmern sich aktiv um diese Personen und fordern von jedem Team regelmäßig Verbesserungen ein. Sie helfen auch mit, wenn Hindernisse beseitigt werden müssen.

Wir brauchen parallel dazu einen Wissensaustausch- oder Anlernprozess. Die Teams machen sich eine Skillmatrix mit den wichtigen Kompetenzen. Sie stellen fest, wo noch Lücken sind. Dann sorgen sie dafür, dass jede Woche Wissen geteilt wird, damit die Abarbeitung nicht ins Stocken kommt, wenn eine Person fehlt.

Ergebnisse: Dinge werden schneller geliefert. Die Teams werden flexibler.

Überblick behalten und Arbeitsmenge aktiv steuern

Was muss eine Abteilung oder ein Team eigentlich erreichen? In einigen Organisationen wird selten darüber gesprochen. Es gibt keine gemeinsamen Ziele. Dinge werden nicht priorisiert. Zum Teil ist der Wert einer Aufgabe gar nicht klar.

Hier gibt es einfache Techniken. Zum Beispiel könnte man die anstehende Arbeit einfach auf einem Board sichtbar machen. Wir sprechen bewusst einen passenden Mix ab. Die Technik nennen wir Kanban. Die Organisation und die Abläufe bleiben auch hier (im Moment) gleich. Was wären hier die Voraussetzungen?

  • Alle Beteiligten einigen sich darauf, die gemeinsame Arbeit sichtbar zu machen. Ein Team - ein Board.
  • Die Menge der Arbeit wird bewusst begrenzt. Neue Dinge werden erst angefangen, wenn Dinge fertig sind.
  • Die Beteiligten einigen sich darauf, Daten über die Arbeit zu sammeln.
  • Das Team kommt einmal am Tag kurz zusammen, um denen, die Hilfe anmelden/brauchen, zu helfen.

Ergebnisse: Die Arbeit fließt besser. Dinge werden schneller geliefert.

Dinge fokussiert wegarbeiten

Es kann Situationen geben, in denen Dinge schnell geliefert werden müssen. In solchen Situationen schalten wir auf einen Task-Force-Modus um. Alle, die zur Lösung beitragen können, sind dabei. Es gibt eine priorisierte Liste mit Ergebnissen, die erwartet werden. Die Arbeit wird bewusst geplant. Die Ergebnisse werden gemeinsam überprüft. Die Umsetzer dürfen fokussiert arbeiten. Alle anderen Baustellen ruhen in der Zeit.

Diesen Arbeitsmodus nennen wir Scrum. Hier ändern wir die Organisation und Abläufe, damit wir schnell Ergebnisse bekommen. Voraussetzungen:

  • Alle Beteiligten dürfen fokussiert an einer Baustelle arbeiten. Sie dürfen alle anderen Baustellen liegen lassen.
  • Die Beteiligten einigen sich auf gemeinsame Regeln (z. B. auf die von Scrum) und achten darauf, diese einzuhalten.
  • Führungskräfte halten den Scrum-Teams den Rücken frei und räumen Hindernisse aus dem Weg.

Umsetzung

Wie sieht das im Alltag aus?

  • Jedes Team hat ein Board, mit dem die Arbeit gesteuert wird. Einmal am Tag trifft sich das Team kurz, um abzustimmen, ob jemand Hilfe braucht. Spätestens einmal im Monat reflektiert das Team über die geleistete Arbeit und stimmt ab, ob sich Board und der Mix der Arbeit ändert.
  • Jedes Team hat Verbesserungsziele. Täglich wird etwas verbessert. Entweder bilden die Mitarbeiter:innen Coaching-Paare oder Führungskräfte übernehmen die Coach-Rolle.
  • Jedes Team pflegt seine Skillmatrix und kümmert sich um die Ausbildung aller im Team.
  • Für komplexe Probleme wird ein gemischtes Team zusammengestellt, das die andere Arbeit ruhen lassen darf, bis das Problem gelöst wurde.

Vorbereitung

Wir können die Umstellung etwas erleichtern:

  • Die Führungskräfte müssen sich auf die Unterstützung vorbereiten (s. u.).
  • Die Mitarbeiter:innen bekommen einen Überblick und Hintergrundwissen vermittelt.

Die Führungskräfte sollen die Mitarbeiter in dieser Arbeit unterstützen. Dazu müssen sie sich auf folgende Fragen vorbereiten:

  • Was sind die praktischen Ziele der Organisation insgesamt und welche Ziele ergeben sich für unsere Abteilung? (s. u.)
  • Wie werden die Themen für die Abteilung ausgewählt und priorisiert?
  • Was ist ein guter Mix an Aufgaben für eine Abteilung?
  • Wie soll ein Team aus Sicht der Führung Erfolg messen?
  • Dürfen Teammitglieder wirklich nein sagen, wenn neue Aufgaben kommen?

Die Ziele einer Serviceabteilung lassen sich einfach erfassen:

  • Wie viele Buchungen müssen wir machen?
  • Was für Vorgänge gibt es noch? Welche Mengen, welche Qualität wird erwartet?
  • Es gibt zu bestimmten Zeiten bestimmte Aktivitäten: Abrechnungen, Jahresabschluss.
  • Welche technologischen, regulatorischen und organisatorischen Änderungen ergeben sich in den nächsten 12-24 Monaten? Was davon müssen wir rechtzeitig einplanen?
  • Welche Mitarbeiter:innen verlassen die Abteilungen? Welche kommen hinzu?

Diese Dinge kann man einfach und vorab zählen. Es kommt nicht auf die genaue Zahl, sondern auf die Bandbreite an. Das reicht zur Planung.

  • Die Auslastung für die Arbeit insgesamt sollte 80% nicht übersteigen. Sonst kann man sich nicht mehr gegenseitig, kurzfristig helfen. Es gibt sogar Bereiche, in denen man nicht mehr als 50% der Zeit verplanen sollte.
  • Wenn es keine konkreten Verbesserungsziele gibt, kann man das Gute verdoppeln und das Schlechte halbieren.

Es geht also nicht um agiles Arbeiten. Wenn wir nicht mehr Leute und nicht mehr Geld bekommen, um unsere Ziele zu erreichen, müssen wir die Ersparnisse aus den eigenen Prozessen holen. Agiles Arbeiten gibt es uns dafür den Rahmen.

Ihr wollt mehr über Scrum wissen? Wir haben eine Übersichtsseite zu Scrum, über die man sich in die wichtigsten Artikel in diesem Blog einlesen kann.

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