Direkt zum Hauptbereich

Auftragsmangel? Wieder mehr Scrum Master für SAP-Projekte!

Beim Scrum Day letzte Woche diskutierten wir die aktuelle Situation im Projektmarkt. Scrum Master verlieren in letzter Zeit offenbar häufiger Aufträge oder halten es für schwierig, Projekte zu finden. Deshalb möchte ich ein Thema ansprechen, das mir besonders am Herzen liegt: Mehr Scrum Master für SAP-Projekte begeistern. Denn hier gibt es einiges zu tun!

Was ist eigentlich SAP?

ERP steht für "Enterprise Resource Planning" und steuert abteilungsübergreifende Abläufe. SAP ist eines der größten ERP-Systeme, auf das ich mich spezialisiert habe. 76 % aller weltweit verarbeiteten Geschäftstransaktionen berühren ein SAP-System (Quelle: SAP). Lewis Hamilton zeigt in einem Video, wo sich in seinem Leben SAP widerspiegelt:

SAP-Projekte und ERP-Projekte allgemein sind oft riesige "Mammutprojekte" mit mehreren (!) hundert (!) Beteiligten und mehreren (!) Millionen (!) Euro Projektbudget. Ein Artikel von McKinsey beschreibt, dass 75 % der ERP-Umstellungsprojekte den Zeit- und Kostenrahmen überschreiten. Ihre Untersuchung identifizierte fünf Hauptgründe dafür, von denen mir drei besonders auffielen: mangelnde Integration zwischen Unternehmen und IT, fehlende Fokussierung auf die Umsetzung wertorientierter Geschäftsprioritäten gegenüber der technischen Ausführung, und die traditionelle Wasserfall-Methode bei der ERP-Entwicklung.

Ein Beispiel für ein SAP-Projekt voller Herausforderungen ist EDEKA. Heute wickelt EDEKA sämtliche Geschäftsprozesse mit SAP ab – von der Bestimmung der Anzahl der Tomaten im Verkauf bis hin zur Umsatzplanung für die Grillsaison. Doch der Weg zu SAP war für EDEKA steinig. Anstatt der geplanten 200 Millionen Euro kostete die Einführung von SAP schließlich 350 Millionen Euro.

Wie hilft Agilität in SAP-Projekten?

Um stets zu wissen, ob das Projektteam auf dem richtigen Pfad ist, hilft die agile Entwicklung. Es ermöglicht eine kontinuierliche Priorisierung des Backlogs für die SAP-Implementierung. Dies stellt sicher, dass die entwickelten Prozesse und Funktionen tatsächlich wertvoll sind. Das steht im Gegensatz zu großen Releases, die Monate der Entwicklung erfordern und möglicherweise nicht mehr den aktuellen Anforderungen entsprechen.

Aber was, wenn der Vorstand und alle Shareholder konkrete Zahlen und Daten wollen? Das geht über eine schrittweise Anpassung! Anstatt starrer Fünf-Jahres-Pläne können kürzere Planungszyklen und regelmäßige Anpassungen helfen, die Komplexität großer Projekte zu bewältigen und erfolgreich umzusetzen.

Bei großen SAP-Projekten ist es schwierig, den finanziellen Nutzen bis nach dem Go-live zu beurteilen. Durch das Aufteilen des "Mammutprojektes" in kleinere Inkremente kann der finanzielle Nutzen jeder Veröffentlichung besser verfolgt und bewertet werden.

Last, but not least: Oft haben Projektmitglieder das Gefühl, die Arbeit ist nicht im "Flow". Alles scheint zu stocken. Hier hilft die Implementierung kleinerer Inkremente. Denn sie erhöht die Sichtbarkeit des Entwicklungsstatus und des Fortschritts. Dies ist sogar besonders wichtig bei SAP-Systemen, da viele SAP-Teams in Silos arbeiten und oft nur begrenzte Transparenz haben.

Was sind die ersten Schritte für ein agiles SAP-Projekt?

Obwohl es so oft verneint wird: SAP-Projekte lassen sich iterativ umsetzen. Es ist wichtig zu betonen, dass "Agilität" nicht als Nebenprojekt im Rahmen des SAP-Rollouts betrachtet werden sollte. SAP wird ausgerollt, aber Agilität kann entscheidend dazu beitragen, das Projekt erfolgreicher umzusetzen. Die Wahl des richtigen Frameworks ist dabei nicht trivial.

Es gibt keine universell richtige oder falsche Art, agile Methoden umzusetzen. Entscheidend ist, Best Practices und Patterns zu nutzen, die am besten zu dem jeweiligen Team passen. Für manche Projekte mag das Scrum, Kanban oder Scrumban sein.

Es ist notwendig, die spezifischen Projektgegebenheiten zu berücksichtigen. Die Beteiligten müssen dort abgeholt werden, wo sie stehen. Scrum Master, Agile Coaches und alle, die das schaffen, tragen dazu bei, die Prozesse in SAP schneller zu implementieren. So werden die Projektziele effizienter erreicht und die Interaktion zwischen den Beteiligten verbessert.

Scrum in SAP-Projekten

Ich schätze Scrum in SAP-Projekten, da es auf kleinen, klar definierten Sprints basiert. Diese dauern typischerweise zwei bis vier Wochen und umfassen kleine, agile Teams, die an einer spezifischen Aufgabenliste, eben dem "Sprint-Backlog", arbeiten. Meiner Meinung nach gibt dies sehr viel Struktur, die die meisten Mitarbeiter:innen aus Konzernen oder Mittelständlern gewohnt sind.

Scrum fördert die Zusammenarbeit durch einen iterativen Entwicklungsansatz. Das gesamte Team kommt täglich im Daily zusammen, um zu besprechen, woran sie arbeiten und welche Engpässe oder Probleme aufgetreten sind, bei denen andere Teammitglieder helfen könnten. Das Ziel ist es, die Teammitglieder aus ihren typischen Silos herauszuholen und alle gemeinsam an der schnellen Lieferung von Software arbeiten zu lassen.

Scrum Guide und Scrum@Scale Guide (Quelle: Scrum Inc.)


Scrum-Teams bestehen nicht nur aus Entwickler:innen. In SAP-Projekten ist es üblich, dass einige Teammitglieder nur prozentual dem Team zugeordnet sind, da sie auch noch ihren regulären Aufgaben nachgehen. Außerdem werden oft Expert:innen in das Team eingebunden, die spezielles Prozesswissen teilen. Ich weiß, das entspricht nicht exakt dem Scrum Guide, aber es ist die Realität in SAP-Projekten.

Wie Scrum Master in SAP-Projekten wirklichen Mehrwert liefern?

#1 Back to the Basics: Individuen und Interaktionen über Prozesse und Werkzeuge: Wenn SAP-Projekte starten, werden häufig große Teams zusammengestellt, begleitet von klaren Vorgaben für Reportings und Status-Meetings. Ein kritischer Blick auf diese Prozesse kann helfen, unnötige Abläufe zu minimieren und die Kommunikation zu verbessern. 

Als Scrum Master ist es unsere Aufgabe, nicht nur den Scrum-Prozess zu implementieren, sondern die Scrum-Werte zu stärken. Unser Ziel ist es, dass die Teammitglieder effektiv miteinander sprechen und interagieren. Dabei sollten die Tools die Teams unterstützen, anstatt sie zu dominieren.

Die Einführung neuer Methoden und Arbeitsweisen kann an Kleinigkeiten wie dem Wording scheitern. Begriffe wie „Daily“ oder „Sprint-Review“ können Unbehagen oder Widerstand hervorrufen, obwohl die Konzepte nützlich sind. Eine effektivere Herangehensweise besteht darin, den Mehrwert der Methoden in den Vordergrund zu stellen und weniger über die Theorie zu sprechen. Wenn wir uns auf die Vorteile konzentrieren, können wir eher die Zustimmung und das Engagement des Teams gewinnen.
Es geht darum, agile Werte so zu vermitteln, dass ihr Nutzen klar und verständlich wird, ohne dass Begrifflichkeiten im Weg stehen. Der Fokus sollte darauf liegen, wie diese Methoden uns helfen können, effizienter zu arbeiten und bessere Ergebnisse für unsere Kunden zu erzielen.

#2 Methoden, Tools und Teamgefühl: In ERP-Projekten wird oft übersehen, dass die Kund:innen meist interne Abteilungen, Standorte oder Geschäftsbereiche sind. Fehlendes Feedback führt dazu, dass Entwicklungen nicht den tatsächlichen Bedürfnissen entsprechen, und die mangelnde Interaktion zwischen den Teams innerhalb der Projektorganisation verschärft dieses Problem.

Studien zeigen, dass Mitarbeiter in großen IT- und SAP-Projekten bis zu 30 % ihrer Zeit mit unnötiger Dokumentation verbringen. Die schnelle und kontinuierliche Auslieferung von Ergebnissen ist wichtiger als Power-Point-Präsentationen. Regelmäßige Reviews mit Usern und Stakeholdern ermöglichen direktes Feedback und stellen sicher, dass die Software den tatsächlichen Bedürfnissen entspricht. Dies erhöht die Benutzerakzeptanz und vermeidet Missverständnisse. 

Als Scrum Master können wir die Lieferfähigkeit verbessern, indem wir kontinuierlich kleine Erfolgserlebnisse in den Teams schaffen, beispielsweise durch gemeinsame Reviews mit den Teams. So fördern wir die Zusammenarbeit und stellen sicher, dass die Entwicklungen tatsächlich nützlich und wertvoll für die User sind.

SAP selbst hat dafür SAP Scrum Activate entwickelt, eine Methodik, die iteratives Arbeiten in Sprints unterstützt. Wir sorgen als Scrum Master dafür, dass die Teams die Chance nutzen. Voraussetzung dafür ist, dass wir den Solution Manager kennen und beherrschen.

Warum gibt es keinen Auftragsmangel für Scrum Master in SAP-Projekten?

Ich arbeite seit sechs Jahren mit Leidenschaft in SAP-Projekten. Ich ermutige euch, SAP-Projekte anzugehen. ERP-Projekte sind allgegenwärtig. Bis 2027 müssen viele Unternehmen von Altsystemen auf SAP S/4HANA umstellen. Das sichert die Auftragslage von Scrum Master, die Lust haben, Mehrwert in SAP-Projekten zu schaffen!

Wie du dich als Scrum Master in großen ERP-Projekten vorbereiten kannst?

Scrum Master in SAP-Projekten sollten grundlegendes SAP-Wissen mitbringen. Meiner Meinung nach ist das eine Besonderheit im Vergleich zu anderen Projekten. Es ist wichtig, nicht jedes Detail zu kennen, aber die Abhängigkeiten der SAP-Module zu kennen. So kannst du deinem Team bei crossfunktionalen Abstimmungen besser helfen. Ebenso sollte der Scrum Master im SAP-Projekt die relevanten Tools beherrschen. Der SAP Solution Manager ist unter anderem ein absolutes Muss!

Peter Fischbach, Jan Fischbach und ich haben ein Training konzipiert: SAP und Scrum: Zertifizierung zum Registered Scrum Product Owner. Es ist ein auf SAP-Projekte maßgeschneidertes Scrum Training. Wir bringen unsere Erfahrungen mit Scrum ein, um dir zu zeigen, wie du mit Scrum Flexibilität in große SAP-Mammut-Projekte einbringst. Ein besonderer Vorteil ist der Austausch mit anderen Teilnehmenden, die ebenfalls in SAP-Projekten tätig sind.

Hier findest du beide Termine:

Die Links führen zur Beschreibung und Anmeldung bei Scrum Events.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Agile Sternbilder: Die Entdeckung kosmischer Agilitäts-Superkräfte

Hast du dich je gefragt, ob dein Sternzeichen deine Fähigkeiten in einer agilen Arbeitsumgebung beeinflusst? In diesem Blogpost tauchen wir ein in die faszinierende Welt der Astrologie und ihre mögliche Verbindung zu modernen Arbeitsweisen. Entdecke, wie die Sterne deine agilen Stärken prägen könnten. Ob überzeugter Agilist oder neugieriger Sternzeichenliebhaber – dieser Artikel kann dir neue Perspektiven eröffnen und vielleicht sogar dein nächstes Teamprojekt inspirieren!

Den passenden Job finden

Hier teile ich, wie ich daran arbeite, endlich den richtigen Job zu finden. Kleingedrucktes: Dieser Artikel richtet sich (natürlich) an jene, die gerade in der luxuriösen Position sind, dass sie nicht jedes Angebot annehmen müssen. Anstatt von Engagement zu Engagement zu hetzen und frustriert zu sein über Konzernstrukturen, fehlende Ausrichtung und die Erkenntnis, dass in einem selbst beständig die Hintergrundfrage nagt, ob es das ist, womit man seine immer knapper werdende Lebenszeit wirklich verbringen möchte, gibt es manchmal auch die Möglichkeit, die nächste berufliche Station etwas nachhaltiger auszusuchen - auch, um tatsächlich (etwas) mehr beitragen zu können.

Die Microsoft Teams-Not-To-Do-Liste

Viele hoffen, dass es  für die Einrichtung von Microsoft Teams  den Königsweg gibt, den perfekten Plan – doch den gibt es leider (oder glücklicherweise?) nicht. Genauso wenig, wie es jemals einen Masterplan für die Organisation von Gruppenlaufwerken gab, gibt oder je geben wird. Was gut und vernünftig ist hängt von vielen Faktoren und ganz besonders den Unternehmensprozessen ab. Sicher ist nur eines: Von alleine entsteht keine vernünftige Struktur und schon gar keine Ordnung. Dafür braucht es klare Entscheidungen.

Agilität ist tot. Ausgerechnet jetzt?

Agilität wird zurückgefahren, Hierarchien kehren zurück. Doch ist das wirklich der richtige Weg in einer Welt, die immer unberechenbarer wird? Oder erleben wir gerade eine riskante Rolle rückwärts?

Wie beschreibt man einen Workshop für eine Konferenz?

Konferenzen bieten immer ein gutes Forum, um sein Wissen und seine Erfahrungen zu teilen. Was für die Vortragenden selbstverständlich scheint, ist für die Besucher:innen oft unverständlich. Wie können Vortragende ihren Workshop in 2-3 Sätzen beschreiben, damit die Besucher:innen schnell einschätzen können, er sich für sie lohnt?

Gemeinsam eine Anwenderdokumentation erstellen

Unternehmenssoftware ist ein wichtiges Bindeglied zwischen Anwenderinnen und Anwendern, den Unternehmensprozessen und den Ergebnissen. Normalerweise schreibt der Hersteller der Software die Dokumentation für diejenigen, die die Software benutzen. Wenn die Software allerdings stark angepasst wurde, muss die Dokumentation von denen kommen, die die Prozessmaschine am besten verstehen - den Anwenderinnen und Anwendern. Wie könnte man das praktisch machen?

Der Softwareeisberg, die Softwarepyramide - Wie sprechen wir über neue Software?

Software ist aus den Geschäftsprozessen vieler Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Sie verwaltet Kunden- und Produktdaten. Sie automatisiert Abläufe und verhindert Fehler. Aber Software veraltet. Was machen wir, wenn wir Unternehmenssoftware erneuern müssen? Von den ersten Konzepten bis zum ersten Release ist es ein weiter Weg, mit vielen Entscheidungen. Wie sprechen wir über diese Entscheidungen?