Heute Hü morgen Hott? Heute Hü morgen Hott!
Dornige Pflanze & Baum |
Würdet ihr die Dornen entfernen? Schützen sie den Baum? Helfen die beiden sich vielleicht sogar gegenseitig? Vielleicht sind die Dornen in diesem Fall etwas Gutes, in einem anderen Fall müssen sie aber auch weg. Was ist der Gartensprache so einfach klingt ist im Dschungel der Organisationsentwicklung eine echt spannende Aufgabe.
Firma X beauftragt einen Berater. Dieser kommt zum Beispiel zu folgenden Erkenntnissen: Da machen wir … „mehr Teambuilding“, „mehr Automatisierung“, „mehr Fokus“, „mehr Mut“, mehr Lernkultur“, „mehr Transparenz“. Das klingt für dich nach guten Ideen? Oder? Würdest du ihn beauftragen?
Ja lässt sich aktuell definitiv verkaufen. Aber auch hier steckt der Teufel im Detail.
Das Unternehmen beauftragt den Berater, er etabliert erfolgreich Veränderungen in den genannten Bereichen. Ich nehme euch mit auf diese Reise:
Teambuilding: Viele tolle Workshops haben ein starkes Team geformt, - es wird an der Stelle aber einfach nicht gebraucht. Es war gar nicht das Team das Problem, sondern der Prozess. Es braucht nicht mal ein Team für diesen Teil des Prozesses. Wertvolle Kapazitäten wurden hierfür aufgewendet und dadurch erhalten zwei Kunden verspätet ihre Produkte. Sie sind verärgert.
Automatisierung: Einer der bisher aufwändigsten Prozesse ist jetzt automatisiert. Großartige Effizienzen wurden gehoben und großartige Präsentationen mit beeindruckenden Zahlen durch das ganze Haus geschickt. Leider hatten es die Kunden des Unternehmens geliebt, das dieser Schritt manuell und eben nicht automatisiert erfolgt. Sie sind wiederum verärgert und sehen sich nach Alternativen um.
Mehr Fokus: Die verschiedenen Arbeitsabläufe des Unternehmens werden analysiert. Klare Verantwortungen für Teilprozesse und „Fokussierungen auf Teilprozesse“ heben Durchlaufzeiten und Effizienzen. Alle sind froh. Jeder weiß, was seine Aufgabe ist. Eine Landkarte der Verantwortung und schmückt jeden Raum und eine 42-seitiges Verfahrensdokument erklärt detailliert, wie die Wertschöpfung im Unternehmen funktioniert. Leider ist das Unternehmen ist jetzt so fokussiert auf ihre internen Prozesse, dass sie eine wesentliche Veränderung am Markt nicht wahrnehmen. Ein Mitbewerber nimmt die Chance war. Die Kunden gehen zu ihm.
Mehr Mut: Eine direkte Feedbackkultur mit viel Mut nach dem Vorbild „Radical Honesty“ wurde durch den Berater etabliert. Ein Mitarbeiter sagt Monate später dem wichtigsten Kunden, dass er es richtig schlecht findet, dass dieser so viel Fleisch ist und das er in E-Mail respektvoller angesprochen werden will. Der Mitarbeiter bleibt, der Mut bleibt, der Kunde geht.
Mehr Lernkultur: Die Geschäftsleitung wird langsam unsicher. Der Berater ist sich sicher. Es fehlt an Lernkultur. Gemeinsam greifen sie zum wichtigen nächsten Schritt. Besser gebildete Mitarbeiter bringen bessere Ergebnisse. Also bekommt jeder Mitarbeiter ein großzügiges Budget für Weiterbildung sowohl in Zeit als auch in Geld. Die Mitarbeiter freuen sich über die Maßnahme und haben jetzt Top Zertifikate. Leider schafft das Unternehmen dadurch kurzfristig weitere Deadlines nicht: Weitere Kunden kündigen.
Mehr Transparenz: Nach kurzer Beratung ist der nächste Schritt klar. Wir schaffen vollständige Transparenz über die inzwischen defizitäre Geschäftliche Lage. Denn der Berater weiß „durch Transparenz kann jeder Mitarbeiter auch zum Gelingen des Unternehmens beitragen.“ Die Mitarbeiter sind schockiert vom Stand der Ergebnisse, sie haben kein Vertrauen mehr in die Geschäftsleitung, sie sind frustriert vom dauerhaften Verbessern, dass sie jetzt hierhin geführt hat. Da sie inzwischen mutig und gut gebildet sind sehen sie sich nach einem anderen Arbeitgeber um.
Zusammenfassend lässt sich sagen. Es ist eine wundervolle Aufgabe komplexe Systeme weiterentwickeln zu dürfen. Bestehende Erfahrungswerte sind dafür essenziell. Es ist aber genauso wichtig diese bewusst nicht oder einmal anders zu verproben. Welche Erfahrungswerte habt ihr letztens genauso wieder oder einmal anders umgesetzt? Schreibt es gerne in die Kommentare!
Hier ein Beispiel aus unserer Arbeit. Baue kleine, langfristig stabile, befähigte, selbst-organisierte auf eine Aufgabe fokussierte Teams klingt gut? Ist das etwas, was du in jedem Fall machen würdest? Ich war selbst überrascht aber ja, bei einem Kunden sind wir hiervon abgewichen.
Statt langfristig stabil zu arbeiten, regen wir das Team dort alle zwei Wochen zur Neuorganisation an. In diese Entscheidung fließen die Fortschritte in den Themen in den Handlungsfeldern und die nächsten Themen inklusive Liefertermine ein. Das Ergebnis funktioniert in diesem Kontext gut. Alle Teilnehmer sind jetzt davon überzeugt, dass wir mit diesem Model alle Themen erfolgreich abschließen können. Das Ergebnis spricht für sich.
Ich wünsche euch viel Spaß bei der Entwicklung eurer Teams und Organisationen. Kommt bei Fragen gerne auf mich oder uns zu. Letztendlich lässt sich sagen „Heute Hü morgen Hott!“ hat in Bezug auf Erfahrungswerte durchaus seine Berechtigung. Eine gesunde Mischung macht's!
Let’s grow,
Michael
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