Die Begriffe Digitalisierung und Digitale Transformation sind etwas verwirrend. Vielleicht nehmen wir uns kurz Zeit, diese Begriffe zu klären. Ein besseres Verständnis hilft uns später beim Planen unserer Arbeit. Es hilft uns, spezifischere Fragen zu stellen.
Drei digitale Stufen und was dann passiert
Es gibt einen guten Artikel von Peter Verhoef und anderen, der die Auslöser, Phasen und Auswirkungen einer Digitalen Transformation beschreibt (/1/). Ich finde den Artikel einen guten Einstieg in das Thema.
Warum ist das Thema Digitalisierung eigentlich gerade so wichtig? Die Autoren geben eine gute Antwort:
- Es gibt neue digitale Werkzeuge, die wir vorher einfach nicht hatten.
- Dadurch gibt es neue Mitbewerber, die ihre Dienste digital erbringen. Das ist eine neue Konkurrenz, die ihre Leistungen bisher nicht digital erbringen.
- Zudem hat sich das Anwenderverhalten geändert. Wenn man andere Dienste digital nutzt, stellt man Ansprüche an Firmen und Institutionen, die das bisher nicht tun.
Die Autoren des Artikels beschreiben drei Stufen. Diese Beschreibung finden wir so ähnlich auch an anderen Stellen:
- Digitization: Damit ist die Umwandlung von analogen Informationen in digitale Informationen gemeint. Aus Texten werden durchsuchbare PDFs, aus Schallplatten werden MP3-Dateien usw.
- Digitalization: Wenn die Informationen digitalisiert vorliegen, können wir anfangen unsere Geschäftsprozesse zu ändern. Digitales ist unabhängiger von bestimmten Orten und Zeiten. Wahrscheinlich werden wir aus verschiedenen Gründen effizienter und schneller. Im Wesentlichen bleiben es die gleichen Prozesse. Die Firma bleibt vom Charakter her die gleiche.
- Digital Transformation: Dieser Begriff beschreibt, dass sich eine Firma durch ihre digitalen Möglichkeiten verändert. Aus einem Tischler wird vielleicht eine Designfirma, die gar keine Möbel mehr herstellt. Die Firma konzentriert sich auf den Verkauf von Möbelkonstruktionsplänen.
Ich glaube, das Thema A/D-Umwandlung ist aus meiner Sicht durch. Es gibt genug Verfahren, um Informationen und Dinge in digitale Formate zu bringen.
Wenn eine Institution digitale Beratung braucht, können wir genauer nachfragen: wollt Ihr Eure Geschäftsprozesse digitalisieren oder wollt Ihr Euch als Institution verwandeln?
- Beim Digitalisieren nehmen wir uns die wichtigen Lieferprozesse vor und sorgen Schritt für Schritt dafür, dass alle Beteiligten jederzeit von jedem Ort an den Prozessen arbeiten können. Das ist die Voraussetzung für die nächste Stufe.
- Ein Unternehmen in der freien Wirtschaft stellt sich vielleicht irgendwann die Frage, welchen Wert es seinen Kunden liefert. Es könnte sein, dass es neue Schwerpunkte setzt und sich von bestimmten Prozessen und Leistungen verabschiedet. Das Unternehmen verwandelt sich dadurch. Für Verwaltungen ist dieser Spielraum wahrscheinlich begrenzt, aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen.
Was bedeutet das für die Planung solcher Vorhaben?
Prozesse digitalisieren
Beim Digitalisieren sind für mich zwei Fragen wichtig:
- Können sich alle Beteiligten auf gemeinsame Prozesse einigen?
- Welche Tools nutzen wir, um Vorgänge digital abzuschließen? Wie machen uns diese Tools besser und schneller?
Ohne gemeinsam verantwortete Prozesse kann jeder machen, was er will. Wenn wir die Vorteile von digitalisierten Prozessen nutzen wollen, brauchen wir mehr gemeinsame Standards und Regeln. Mein Prozess funktioniert nur, wenn die anderen mitmachen.
- Wo fängt ein Prozess an, wo hört er auf? Was sind die Auslöser, was sind Ergebnisse?
- Welche Struktur brauchen wir für die wichtigsten Objektakten?
- Wer pflegt die Werkzeuge?
Irgendwann stellt sich die Frage, ob wir alle Schritte selbst abwickeln müssen oder ob wir Teile aus dieser Servicekette auslagern und re-integrieren können.
Organisation verändern
Irgendwann ist vielleicht alles digital. In einer idealen digitalen Welt kann man jeden Schritt an eine andere Stelle auslagern und wieder integrieren. Irgendwo gibt es mindestens einen Spezialisten, der einen bestimmten Schritt in der eigenen Servicekette rechnet. Nun stellen sich ganz andere Fragen:
- Was ist der Kern unserer eigenen Organisation? Wofür werden wir eigentlich bezahlt? Wie sollten wir unsere Zeit verbringen?
- Haben wir alles, um diesen Kern zu bedienen? Welche Lücken müssen wir füllen? Wohin müssen wir uns dafür entwickeln?
Nun haben wir nicht nur Verantwortung für unsere gemeinsamen Prozesse. Jetzt haben wir - es mag pathetisch klingen - Verantwortung füreinander. Meine eigene Zukunft hängt davon ab, dass die anderen sich weiterentwickeln. Deren Zukunft hängt davon ab, dass ich mich weiterentwickle.
Eine statische Organisation ist nicht mehr sinnvoll. Wir müssen Routinen haben, um das Design der Organisation immer wieder infrage zu stellen. Wir brauchen einen Rahmen, um uns diese Fragen zu stellen, ohne uns darüber zu streiten.
Am Anfang werden also die Dinge digital und veränderbar. Dinge lassen sich ohne Rücksicht auf Zeit und Raum transportieren und neu kombinieren.
Nach der digitalen Transformation gilt das auch für die eigene Organisation.
Anmerkungen und Verweise
- Peter C. Verhoef, Thijs Broekhuizen, Yakov Bart, Abhi Bhattacharya, John Qi Dong, Nicolai Fabian, Michael Haenlein: Digital transformation: A multidisciplinary reflection and research agenda, Journal of Business Research, Volume 122, 2021, Pages 889-901, ISSN 0148-2963, abrufbar unter https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0148296319305478
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