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Warum sind Digitalisierungsprojekte so zäh? Eine Analogie

Projekte zum Digitalisieren von Prozessen dauern länger als den Projektbeteiligten lieb ist. Im Dialog mit KI-Textgeneratoren ist mir auch klar geworden, warum das so ist. Vielleicht hilft uns die Analogie in diesem Beitrag dabei, die Projekte anders zu gestalten.

Wie sieht fertige Digitalisierung aus?

Ich fange mal an, einen digitalisierten Arbeitsplatz zu beschreiben, damit wir eine gemeinsame Vorstellung entwickeln. Merkmale sind:

  • Leere Postfächer
  • Eine gemeinsame Ablage, getrennt nach laufenden und abgeschlossenen Vorgängen
  • Eine gemeinsame Ablage, nach Prozessen geordnet
  • Ein System, in dem alle Vorgänge zu finden sind
  • Jederzeit sicherer Zugriff auf die Vorgänge, von überall
  • Vorgänge können von außen sicher angestoßen werden; übergreifende, sichere  Zusammenarbeit
  • Dienstleister (incl. KI) nehmen Teile der Arbeit ab (incl. datenschutzkonforme Auftragsdatenverarbeitung).

Alle Beteiligten haben sich auf gemeinsame Systeme geeinigt und benutzen diese konsistent und konsequent.

Digitalisierung ist anders

Es gab auch früher große Veränderungen in der Arbeitswelt, z. B. die industrielle Revolution, die Einführung des elektrischen Stroms oder die Einführung des Internets. Aber hier unterscheidet sich die Digitalisierung: bei den vorgenannten Veränderungen waren die Produzenten andere Menschen als die Konsumenten, d. h. man konnte Strom oder Internet einkaufen. 

Bei der Digitalisierung sind die Nutzer gleichzeitig auch die Erzeuger der Veränderung. Man kann also Digitalisierung nicht einkaufen, man muss sie selbst machen. Bei anderen Projekten haben wir unbewusst das Bild eines Handwerkers/einer Handwerkerin im Kopf. Wir gehen zu dieser Person und bitten sie, uns ein Möbelstück zu zimmern. Wir sprechen über die Wünsche, die Maße, Geld und Termine.

Bei der Digitalisierung sind wir selbst die Handwerker. Welche Analogie fällt uns für Projekte ein, bei der wir selbst Nutzer und Handwerker sind?

Digitalisieren ist wie das Aufräumen der Wohnung

Wir können viele Beispiele aus dem persönlichen Leben nehmen: Sport treiben und Gewicht reduzieren, gesund werden nach einer Krankheit, Urlaub machen. Das sind alles Beispiele, bei denen wir selbst die Nutznießer aber auch diejenigen sind, die die Arbeit machen. Kein Arzt kann stellvertretend für den Patienten gesund werden. Wir können auch nicht eine andere Person für uns in den Urlaub schicken und dann erholt wiederkommen.

Digitalisieren ist wie das Aufräumen der Wohnung (Fotoquelle: unsplash.com)

Mir gefällt als Vergleich für Digitalisieren das Aufräumen der eigenen Wohnung:

  • Wir kennen uns am besten in der eigenen Wohung aus.
  • Wir haben die Unordnung in der Vergangenheit selbst erzeugt.
  • Wir wissen am Besten über die Gegenstände in der Wohnung Bescheid.
  • Wir profitieren selbst davon, wenn die Wohnung aufgeräumt ist.
  • Wir können uns Ideen holen, aber Aufräumen müssen wir selbst.

Wenn einem das Chaos über den Kopf wächst, könnte man natürlich in eine neue, möblierte Wohnung umziehen. Die meisten Menschen werden eher Gelegenheiten und Routinen nutzen, um die Wohnung in einem schönen Zustand zu halten oder zu bringen.

Welche Routinen haben wir mit der Zeit entwickelt, um Ordnung zu halten? Hier sind ein paar Beispiele:

  • Nach dem Kochen Abwaschen.
  • Die Betten machen, bevor man das Haus verlässt.
  • Regelmäßig die sanitären Bereiche reinigen.
  • Den Schreibtisch leeren, bevor man das Büro verlässt.
  • Für neue Gegenstände alte Gegenstände entsorgen. 

Diese Routinen könnten wir auch auf das Digitalisieren übertragen, z.B.:

  • Regelmäßig den Desktop, den Downloads-Ordner und die Postfächer aufräumen.
  • Bereits erstellte Dokumente als Vorlagen für einen Prozess speichern.
  • Abgeschlossene Vorgänge archivieren.

Manche Menschen nutzen auch bestimmte Gelegenheiten, um Aufzuräumen, z.B.:

  • Eine Gartenparty ist der Anlass, den Garten aufzuräumen.
  • Eine neue Küche oder ein neues Sofa ist die Gelegenheit, die Küche oder das Wohnzimmer aufzuräumen.
  • Ein angekündigter Besuch ist der Anlass für das Herrichten des Gästezimmers.

Das Einstellen eines/-er neuen Mitarbeiters/-in, eine neue Software, neue gesetzliche Vorgaben usw. könnten Anlässe sein, Prozesse zu digitalisieren.

Wo fangen wir mit dem Aufräumen an? Meist an den Orten, an den wir uns häufig aufhalten oder an denen wir Gäste empfangen. Das digitale Pendant sind unsere Kernprozesse. 

Wie räumen wir auf? Wir könnten uns an Marie Kondo oder an 5S orientieren. Bei der KonMari-Methode geht man Gruppen von Gegenständen an. Man fängt mit denen an, die sich im Zweifelsfall schnell wieder beschaffen lassen (z. B. Bücher oder Kleidung). Am schwierigsten sind dann sehr persönliche Gegenstände oder Schriftstücke. In der Prozesswelt lassen sich auch Gruppen bilden, mit denen man schnell starten kann.

Zusammenfassung

Verabschieden wir uns von dem Bild eines Digitalisierungsprojekts. Digitalisierung ist wie das Aufräumen der eigenen Wohnung oder - noch unangenehmer - wie das Aufräumen in der Wohngemeinschaft. Wie Zimmer und Gegenstände gibt es in der digitalisierten Welt Prozesse und Dokumente oder Informationen. Statt ein Projekt zu planen, ist es einfacher, sich im Team auf Routinen und Gelegenheiten zu einigen, an denen wir aufräumen. In dieser neuen Analogie wird Digitalisierung zu einem Dauerprozess. Aber wir können damit umgehen.


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