In diesem Artikel erzähle ich dir von einer erlebten Anekdote. Eine subjektive Erfahrung, die mir die Bedeutung von Kommunikation und gemeinsamer Entscheidungsfindung verdeutlicht hat.
Zwei Geschäftsführer mittelständischer Unternehmen bitten mich (M) bei einem Treffen mit einem äußerst erfolgreichen Vertriebsexperten (V) mit beeindruckenden Referenzen dabei zu sein. Es geht um eine mögliche Vertriebskooperation, ein erstes gegenseitiges Abklopfen. Welche Rolle ich dabei spielen soll, ist mir nicht völlig klar, aber ich mag die beiden, also los.
Ein sehr geschmackvoll gekleideter, gepflegter Mann von Welt erscheint und legt seine Sonnenbrille ab. Ich frage mich, ob er gerade aus dem Ibiza-Urlaub zurückgekehrt ist. Beeindruckende Erscheinung! Ein spannender Monolog folgt mit beeindruckenden Geschichten seiner Vertriebserfolge. Premiumprodukte konnte er an namhafte Marken verkaufen, mit einem Volumen von mehreren Millionen Euro. Wow - ich empfinde Anerkennung und Respekt vor diesem Herrn.
Wir hören gespannt zu. Tatsächlich beeindruckt er mich durch seine charmante, wortgewandte Art. Doch ein paar Details machen mich stutzig, und ich hake nach:
M: Bei den beeindruckenden Aufträgen, die du eingefahren hast, inwiefern hat sich die Mitarbeiterzahl in der Produktion verändert? Irgendwer muss das ja produzieren?
V: Irritierter Blick: "Es wurden keine Leute eingestellt. Fachkräftemangel und so…"
Es folgen weitere Erfolgsgeschichten aus seinem Vertriebsrepertoire…
M: Ich habe es noch nicht ganz verstanden: Wenn keine Leute eingestellt werden konnten, inwiefern wurden die Produktionsprozesse angepasst, um mehr produzieren zu können?
V: Irritierter Blick - "Keine Ahnung. Ich denke, gar nicht."
M: Ok, inwiefern wurden denn der Produktionsleiter oder die Produktionsmitarbeiter einbezogen? Die Menschen könnten ja wissen, was in welcher Zeit und Menge produziert werden kann oder was getan werden könnte, um mehr produzieren zu können.
V: Irritierter Blick - "Mit denen habe ich nie gesprochen."
M: Ah, ok. Wie lief dann der Entscheidungsprozess ab? Wer hat zum Schluss entschieden, welche Aufträge in welcher Reihenfolge bedient werden?
V: Irritierter Blick - "In letzter Instanz hat der Geschäftsführer entschieden. Da gab es Managementmeetings."
M: "In welcher Weise wurden die Produktionsverantwortlichen in diese Managementmeetings einbezogen?"
V: "Der Produktionsleiter war nie dabei. Dem wurden die Entscheidungen mitgeteilt."
M: Ah, ok.
Pause
M: Sag mal, worin siehst du die Ursache, das die Firma in die Insolvenz gegangen ist?
V: "Wir konnten nicht liefern. Aufträge wurden storniert. Vertragsstrafen folgten."
M: "Ah, ok."
Moral von der Geschichte: Am Ende kackt die Ente.
Das Ganze ist ein paar Jahre her. Das Erlebte ist mir bis heute sehr präsent, auf so vielen Ebenen. Ich gebe zu, zu diesem Zeitpunkt war mein Verhältnis zu Vertriebsmitarbeitern dezent angespannt. Zu oft hatte ich erlebt, wie Projekte in Schieflage geraten sind, am Ende viel teurer wurden und die Menschen ins Rudern geraten sind, die die Aufträge tatsächlich umsetzen sollten. Auch weil Kunden von Vertriebsmitarbeitern Dinge versprochen wurden, die zu den versprochenen Rahmenbedingungen (Zeit, Budget, Qualität) kaum umsetzbar waren. Die guten Gründe verstehen zu wollen, so zu handeln - dafür war ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht offen. Ein Lernpfad
Long Story Short:
Zwischenmenschliche Konflikte, Überforderung, gegenseitige Schuldzuweisungen und leztlich ausbleibende Erfolge können Folgen und Symptome dieser guten Gründe sein, die durch viel Selbstreflektion und mit der Unterstützung von Scrum Master:innen, Agile Coaches, Organisationsentwickler:innen besprechbar und gelöst werden können, um
- die strukturelle Einbindung transparenter Kommunikationskanäle über Abteilungen und Hierarchien zu ermöglichen
- ein gegenseitigen Verständnisses über die Perspektiven und Bedürfnisse der jeweiligen Rollen und Geschäftsprozesse zu fördern
- kompetenzbasierte Entscheidungen und Handlungsautonomie zu erreichen
- Wertschätzung und gegenseitiger Respekt zu etablieren
Am Ende geht es um das Überleben des Unternehmens. Um insgesamt mehr nützliche, wirksame Entscheidungen zu treffen. Darum, schnell aus Fehlern zu lernen.
Survival of the Fittest.
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