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Wie treffen wir Entscheidungen im Team?

Ein beliebtes Thema in der Teamarbeit ist das Treffen von Entscheidungen. Wenn sich das ganze Team in die Haare gekommen ist, entscheidet am Ende der Chef/die Chefin. So das Muster in hierarchischen Organisationen. Es gibt aber auch nicht-hierarchische Organisationen. Und da hat Samantha Slade mit ihrem Team eine interessante Lösung gefunden.

Warum sind (Nicht-) Entscheidungen ein Problem?

Daniel Mezick hat dem Buch "Inviting Leadership" einen Beitrag von Jo Freeman angefügt. Sie beschreibt in dem Beitrag "Die Tyrannei in strukturlosen Gruppen" die Schwierigkeiten beim Entscheiden./1/ Wenn es nämlich keine Führungsstruktur gibt, bilden sich informelle Führungspersonen aus. Die entscheiden dann im Hintergrund wann und wie sie wollen. Das hilft dem Team auch nicht weiter. Wahrscheinlich wenden sich dann Teammitglieder ab.

Das Problem sind aber nicht die Menschen, sondern die fehlende Struktur. Wenn wir funktionierende Entscheidungsstrukturen haben, macht die Arbeit wieder Spass und es geht voran.

Sind Entscheidungen überhaupt wichtig?

Es gibt eine Studie von Jim Johnson über Erfolgsfaktoren in Projekten: Projekte sind agil und erfolgreich, wenn die Entscheidungen schnell getroffen werden. Die Frage war: wie schnell? Johnson's Untersuchung hat einen interessanten Wert gefunden: 1 Stunde. Erfolgreiche Projekte schaffen es, wichtige Entscheidungen innerhalb einer Stunde zu treffen. Wenn es im Projekt länger als drei Stunden dauert halbiert sich die Erfolgswahrscheinlichkeit, nach 5 Stunden halbiert sie sich erneut.

Bei Google-Books gibt es eine Vorschau auf den entsprechenden Report der Standish Group./2/

Der Report hat noch eine weitere interessante Zahl: pro 1.000 Dollar Projektbudget fällt eine Entscheidung an./2, S. 3/

Gute Projekte organisieren sich also so, dass es möglich ist, schnell Entscheidungen zu treffen. Bei Scrum haben wir das so gelöst, dass die Rolle Product Owner über das Produkt entscheiden darf und die Entwickler selbst-organisiert arbeiten. Sie dürfen über ihre Lösungswege und Arbeitsmittel entscheiden. Scrum sind also nicht deshalb gut, weil sie dem Scrum Guide folgen sondern, weil sie das Treffen von Entscheidungen gut hinbekommen. Umgekehrt bedeutet, dass schlechte Scrum-Teams genau dieses Thema nicht gelöst haben.

Bei mir ist beim Lesen dieser Daten folgendes hängen geblieben: Entscheidungen müssen viel schneller getroffen werden, als ich immer dachte. Und es gibt mehr Entscheidungsbedarf, als ich vermutete.

Wie sieht das nun bei Teams aus, die keine Hierarchie, keinen Bestimmer, etablieren wollen.

Nicht die Mehrheit zählt, sondern ob jemand mit einem Vorschlag leben kann

Ich habe es mehrfach erlebt, dass eine Gruppe eine Mehrheitsentscheidung für ein Thema anstrebt. Nach einer Diskussion schlägt jemand vor, abzustimmen. Wenn die Mehrheit dafür ist, wird der Vorschlag angenommen. Das funktioniert gut, wenn eh alle dafür sind. (Warum muss man dann noch abstimmen?) Wenn es aber nur eine knappe Mehrheit gibt, droht man die zu verlieren, die anders abgestimmt haben. Vielleicht braucht man aber alle für die Umsetzung.

Die Kanadierin Samantha Slade hat ihre Erfahrungen über die Arbeit in nicht-hierarchischen Organisationen festgehalten. Ihr Leitfaden "Going Horizontal" listet verschiedene Organisationstechniken auf, um Strukturen zu schaffen./3/ Eine Technik davon nennt sie "Generative Decision Making". Auf ihrer Webseite hat sie das Verfahren beschrieben: https://www.percolab.com/generative-decision-making-process/

Das Verfahren ist ein Konsent-Verfahren und besteht aus 7 Schritten:

  1. Die Zeit ist reif für eine Entscheidung.
  2. Vorschlag, Version 1
  3. Fragen klären
  4. Reaktionen auf den Vorschlag teilen
  5. Vorschlag, Version 2
  6. Einwände und erneute Überarbeitung
  7. Visuelle Bestätigung

Bestimmt kennt Ihr ähnliche Verfahren. Slade schreibt im Buch - und nicht auf der Webseite: jeder kann einen Vorschlag einbringen. Aber der Vorschlag gehört immer allen. Deswegen müssen auch Verantwortung übernehmen. Das ist für mich eine wichtige Ergänzung.

 

Wer mehr über Entscheidungen im Konsent (mit T, nicht mit S am Ende) lernen will, findet übrigens auf der Soziokratieseite von Christian Rüther mehr Informationen. Schaut gern mal dort vorbei. Christian bietet auch Workshops an.

Anmerkungen

 

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