"Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann."/3/
Das könnte eine lange Liste werden...
Comte-Sponville, André: Liebe. Eine kleine Philosophie
"Wie können wir vom Glück reden, ohne von der Liebe zu reden?"
Das ist eine ziemlich gute Frage, die schon enorm viele schlaue (und weniger schlaue) Menschen umtrieb.
Der Grund hierfür dürfte sein, dass wir - und da sind sich Psychologie, Biologie, Soziologie, Theologie etc. einig -, buchstäblich alles, was wir tun, schlicht der Liebe willen tun. (Ja, damit ist auch das Tun gemeint, das auf den ersten Blick alles andere als liebevoll aussieht.)
Selbst also auch schnödes Alltags-Gedöns dreht sich schlussendlich um die Frage zumindest der guten Lebensführung. Und die soll uns ja bekanntlich mindestens das Überleben sichern. Und wenn alles gut geht, eben auch Lebensglück bringen.
Gut ist freilich, dass er es mit der Fragerei alleine nicht bewenden lässt, sondern sich im Anschluss dem Phänomen Liebe ausführlich widmet, ihnen mit den Mitteln seines Spezialfachs Philosophie auf den Grund geht und - das natürlich das Beste - sehr sehr gute Antworten findet.
Das ist deswegen gut, weil es nicht nur für Selbstoptimierer jeder Coleur, sondern für uns alle naheliegt, sich im Feld der Liebe möglichst gut auszukennen und zu wissen, worauf da grundsätzlich und im Detail zu achten ist.
Denn das erhöht unsere Chance, überhaupt und dann vielleicht auch ein bisschen schneller und länger glücklich zu werden.
Super ist, dass das "liebvolle Aufschlauen" im Falle dieses Buches schnell und auch noch fundiert geschieht.
Denn erstens hat André Comte-Sponville sich die große Mühe gemacht, das doch ja riesige Feld in wenigen 150 Seiten umfassend zu behandeln (spart Lesezeit).
Mal ehrlich: Liebe! Aus philosophischer Sicht! In 150 Seiten! Wenn das mal keine schriftstellerische Leistung ist. RE-SPEKT!
Zweitens habe zumindest ich dabei wirklich viele gute Hinweise darauf bekommen, was Liebe mit dem allgemeinen (also unser aller) Lebenssinn zu tun hat. Und dann natürlich auch mit meinem eigenen.
Auch gibt Comte-Sponville jede Menge hilfreiche "Nudges" (Neudeutsch), wo es Sinn machen könnte, nach seinem/ihrem eigenen Lebensglück zu suchen. Und zwar auf diese Art, die beim Lesen über all das nachdenken lässt, wie man bislang so durchs Leben gelaufen ist.
Das kann, wie das eben so ist, wenn man Rückschau betreibt, stellenweise ein bisschen traurig und bitter sein. Das Gute aber ist ja bekanntlich, dass man den Lauf der Geschichte nicht ändern kann! Also ist es eben auch: Eine riesen Chance, es zukünftig besser zu machen.
DAS wichtigste Thema im Selbstmanagement und vor allem: DAS großartigste Thema EVER in einem großartigen Buch behandelt. Großartig!
Harari, Yuval Noah: Eine kurze Geschichte der Menschheit
Gleich vorweg: Streng genommen geht es hier nicht um die "Geschichte der Menschheit" allein. Sondern auch um die zwei weiteren Bücher "Homo Deus" und "21 Lektionen für das 21. Jahrhundert" des
Historikers Yuval Noah Harari.
Die drei Bücher sind ein zusammenhängendes Gesamtwerk. Die "Geschichte der Menschheit" macht den Anfang.
Vielleicht liegt es daran, dass wir nicht nur einen Jahrhundertwechsel zu bewältigen hatten bzw. haben. Sondern kürzlich eben von einem Jahrtausend ins nächste gegangen sind. Jahrtausende sind eben größere Klopper.
Vielleicht liegt es also daran, dass wir das Gefühl haben, dass sich gerade einiges zusammenbraut und dass ziemlich viel im Umbruch ist. (Ist dieses Gefühl der eigentliche Grund, dass sich gerade ziemlich viel ziemlich stark ändert? Naja, wie auch immer:)
In unsicheren, dynamischen Situationen versuchen Menschen gerne, den verloren geglaubten Kontrollverlust zu kompensieren, indem sie sich einen guten Überblick verschaffen und ganz generell aufschlauen. Manchmal nämlich hilft es, generelle Muster zu erkennen und mit dem zu vergleichen, was schon mal war.
Um dann über Aktuelles oder Zukünftiges (vermeintlich) besser entscheiden zu können.
Vielleicht also war all das der Grund auch für mich, mich mit Hararis Zivilisationsgeschichte des Menschen zu befassen. Und später dann mit seinen Thesen, wie es zukünftig weitergehen könnte.
Ich kann nicht behaupten, dass die Lektüre auf mich als aufmunternder "Pep-Talk" wirkte oder mir konkret zeigen konnte, wie ICH oder WIR ALLE mit den vielen offensichtlichen globalen Krisenherden konkret gut umgehen könnten (Meditieren, um die Welt zu retten. Ehrlich jetzt?).
Vielleicht war es ja aber für mich genau deshalb so gut, so faszinierend und fesselnd, mich mit Hararis nachvollziehbaren Thesen zu befassen. Und vor allem aus seinem Abriss der Menschheitsgeschichte zu lernen, was den Menschen und sein Weg durch die Jahrtausende bislang ausmachte.
Hararis Art des Storytelling kommt nicht bei jedermann/frau gleich gut an. Das weiß ich aus meinem Bekanntenkreis. Manche bringt es regelrecht auf die Palme.
ICH aber finde es wirklich richtig gut. Und richtig lehrreich. Und auch sehr unterhaltsam.
Und das, obwohl Harari seinen Lesern die wirklich sehr, sehr, SEHR VIELEN und UN-GLAUB-LI-CHEN Grausamkeiten und kollektiven Dummheiten vor Augen führt, die wir als Spezies Mensch schon alle fabriziert haben.
Gleichzeitig aber erfahren wir auch von: Einer ebenso UN-GLAUB-LI-CHEN zivilisatorischen und kulturellen Erfolgsgeschichte.
Die könnte allerdings fragiler sein, als wir uns das als fortschrittsgläubige Weltgemeinschaft noch immer weismachen wollen oder vielleicht auch wahrhaben möchten.
Wer mehr darüber wissen möchte, wo und aus welchen Welten wir Menschen als Spezies, Welt- und Schicksalsgemeinschaften kommen, in welchen Welten wir gerade leben und in welche der vielen möglichen Welten wir uns bewegen könnten, sind Hararis Bücher ein absolut unbedingter Lesetipp.
Aus all dem lässt sich dann auch ableiten, wo es sich lohnt, als Einzlener oder auch als Gemeinschaft anzusetzen, um der Entwicklung einen guten Spin zu geben.
Mit anderen Worten: Wärmstens empfohlen für alle, die für sich und andere gute Entscheidungen treffen möchten.
Graeber, David: Bullshit Jobs. The Rise of Pointless Work and What we can do about it.
Für einen Teamworkshop, den ich moderieren sollte, bekam ich neulich ein sieben (!) seitiges Dokument zur Unterschrift vorgelegt. Darin sollte ich im kleinsten Detail erklären, was ohnehin gesetzlich geregelt und darüberhinaus sowieso selbstverständlich ist: Vertraulichkeit.
Selbstredend war auch im Detail aufgeführt, was mir drohte, würde ich mich nicht daran halten.
Geschenkt, dass es von vornherein ein hinderliches Misstrauen in die Zusammenarbeit bringt (eine Katastrophe!). Geschenkt, dass es unglaublichen Datenmüll produziert (CO2! Klimawandel!).
Dass es aber MEINE Lebenszeit vergeudet (und die all derer, die diesen MIST auch noch verwalten müssen) - da hört der Spaß auf.
Wie viele Stunden meines, UNSERES Lebens habe ich, haben wir alle mit SINN-LO-SEN Arbeiten dieser Art vergeudet?
Aufwendige Präsentationen basteln, von denen nur der kleinste Teil wichtig ist, Excel-Listen pflegen, die niemand jemals nutzt, Prozesserhebungen machen, die keinen interessieren, Handbücher schreiben, die kein Mensch liest oder benutzt, Dokumente verwalten, die niemand jemals ansieht, in Meetings und Jour Fixen sitzen, in welchen niemals substantielles entschieden wird.
Wie oft bin ich nach einem ereignisreichen, ansonsten aber maximal unproduktiven Tag abends an meinen Arbeitsplatz gekommen, mit dem unguten, aber richtigen Gefühl, dass ich den ganzen Tag vergeudet hatte, und die wirklich wichtigen Dingen liegen geblieben waren...
Schon vor der Lektüre von "Bullshit Jobs" habe ich es zumindest aber geahnt, was NACH der Lektüre zur Gewissheit wurde:
Ich bin nicht allein. WIR sind nicht allein. Im Gegenteil: Wir sind in der Mehrheit! Man stelle sich vor: Die meisten von uns machen Bullshit-Jobs! Jobs also, die oft wenig mehr bringen, als dass sie uns und andere beschäftigen. Und das oft so, dass sie uns gutes Geld einbringen.
Oft aber fressen sie nur Ressourcen, zumindest die der eigenen Motivation und Sinnhaftigkeit. Ansonsten bringen diese Arbeiten aber keinen Mehrwert in diese Welt.
Warum das so ist und ob das so bleiben muss? Erfahrt ihr im wirklich lustig geschriebenen, also unterhaltsamen, aber irgendwie auch superbitteren Buch von
David Graeber, seines Zeichens Kulturanthropologe und (so etwas darf man wohl schreiben) Humoristen im Nebenerwerb.
Deshalb die ernst gemeinte Warnung: Dieses Buch ist eine echte Wurzelbehandlung und geht an ziemlich viele Tabus ran. Für reflektierte Menschen bedeutet das uch eine Wurzelbehandlung der eigenen Biografie und Weltsicht. Das kann ziemlich weh tun und einen aus sicher geglaubten Denk-Bahnen tragen.
Ich sag ja nur.
Pflichtlektüre.
Taleb, Nassim Nicholas: Antifragilität. Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen.
Wer meine Blogposts hier verfolgt, weiß, dass ich mich gerne im "Kaninchenbau" der Systemtheorie versteige. Das macht mir wirklich Spaß, auch wenn ich froh bin, wenn mich die Realität regelmäßig wieder aus diesem Bau und ans Tageslicht ins pralle, praktische Leben holt.
Das Gute an der Systemtheorie ist, dass sie Menschen rüstet, sich mit Fragen der echten, praktischen Welt besser zurecht zu kommen. Denn ihre Erkenntnisse sind eben sehr praxisnah, auch wenn ihr - äh - ausgeprägter akademischer Jargon etwas ganz anderes vermuten lässt.
Was hat das mit
Nassim Taleb bzw. seiner Idee von Antifragilität zu tun?
Nassim Taleb geht der Frage nach, wie man durch eine unsichere Welt navigiert. Wie man dabei und darin möglichst gute Entscheidungen trifft.
Eine unsichere Welt hat sehr viel mit einem System zu tun. Und das - siehe Untertitel des Buches - verstehen wir oft nicht.
Doch wie kann das sein? Schließlich steht uns doch mit der Kombination von wissenschaftlicher Revolution und Big Data heute so viel Informationen und Wissen zur Verfügung wie noch nie!
Sollte dieses unheimliche Ungetüm namens Welt dadurch nicht also übersichtlicher, verständlicher und vor allem: sicherer werden?
Wieso geschieht dann das Gegenteil? Beziehungsweise: Wieso haben wir dann das Gefühl, dass dem so ist?
Die einfache Antwort: Informiert-Sein reicht eben nicht. Und schon gar nicht ein Ein Maximum an Informationen.
Denn für gute Entscheidungen, die zu einem geglückten Leben führen, braucht es viel mehr. Nämlich Fokus auf Wesentliches und auch auf Machbares. Es geht ums Interpretieren der Phänomene. Es ghet um Entscheiden. Ums richtige Tun bzw. Nicht-Tun. Zum richtigen Augenblick.
Gerne lassen wir uns täuschen, ja täuschen wir uns auch selbst gerne. Trotzdem wissen wir aus eigener Erfahrung nur zu gut: Die Welt lässt sich nicht in Gänze verstehen. Wer schon einmal an der so gar nicht intuitiven oder nachvollziehbaren Menüführungen eines modernen Kaffeautomaten gescheitert ist, weiß wovon ich spreche.
Systemtheoretiker und im Leben stehende Praktiker können auch sagen, warum dem so ist: Unter anderem deshalb, weil die Elemtente, Zusammenhänge und Wirkweisen von Systemen bzw. Subsystemen, in denen wir uns bewegen und mit denen wir zu tun haben, überbordend vielfältig und ständig wandelbar sind. Und von außen meist noch nicht einmal einsehbar.
Also bleibt uns nur, einen möglichst guten Umgang mit der Welt und ihren Phänomenen zu erlernen, um das möglichst Beste draus zu machen.
Was also tun? Wie können wir also mit dieser (vermeintlichen) Unzulänglichkeit umgehen, die uns vielleicht gefährlich werden könnte?
Nassim Taleb sagt es uns. Und er tut dies auf seine eigene Art, die - naja, formulieren wir einmal vorsichtig - lässig selbstbewusst klingt.
(ICH finde das ja unterhaltsam. Manch andere nervt das aber. Diese Menschen würden dann vielleicht auch von einer herablässig arroganten Art des Autors sprechen, was nicht weit hergeholt wäre...)
Vor allem aber sagt es uns Taleb sehr detailiiert (Kaninchenbau) und indem er Geschichten erzählt. Mir gefällt sowas, auch wenn Talebs Bücher dadurch keine klassische Gute-Nacht-Bettlektüre sind und sich auch ein bisschen in die Länge ziehen.
Besonders begeistert mich aber Talebs Kernaussage: Systeme lassen sich in fragil - resilient und antifragil einordnen (und in Mischformen, versteht sich). Antifragile Systeme sind Systeme, die bei Erschütterung besser werden als sie vor der Erschütterung waren. Mit anderen Worten: Antifragile Systeme sind sich anpassende, lernende, lebendige Systeme.
Dieses Modell von Welt ist für mich, meine Weltsicht und meine Arbeit super praktisch. Denn es zeigt - für mich nachvollziehbar -, dass die meisten Phänomene unserer Welt eben keine toten, dummen, statischen Automaten sind. Sondern lebende, lernende und wachsende Systeme.
Im weitesten Sinne ist die Welt um uns herum bevölkert von kreativen Systemen mit einem eher mehr als weniger starken Eigenleben. Und so sind sie dann auch zu behandeln, wenn es gut werden soll.
Heißt: Zwar kann man die Welt natürlich zu kontrollieren versuchen. Gelingen wird das aber meist nur zum hohen Preis eines enormen Aufwands. Und nur zu einem gewissen, vermutlich eher sehr geringen Grad. Selten so, wie man das wünscht. Mit anderen Worten: Kontrolle ist im Umgang mit der Welt ein eher nur in Ausnahmefällen erfolgversprechender Ansatz.
Mich mit dieser Idee anzufreunden, zu akzeptieren, dass die Welt keine Maschine ist, und mich dann immer öfter ein bisschen schlauer zu verhalten, da hat mir Talebs Buch geholfen.
Tipp: Nassim Talebs Buch "Der schwarze Schwan" ist auch toll. Wer aber DAS Buch zum Einstieg in Talebs Buch sucht, der sollte mit "Antifragilität" beginnen. Hier findet sich sehr viele Gedanken aus Talebs frühere Werken wieder.
Edgar Rodehack ist Teamwork-Enthusiast mit einem Faible für agile Formen der Zusammenarbeit. Da trifft es sich natürlich gut, dass er das beruflich macht. Er ist Organisationsberater, Business und Agile Coach, Teamentwickler und Moderator. Außerdem ist er ein Mensch mit Frau und drei Kindern, der viel Spaß am Musikmachen, Schreiben und Lesen hat. Mehr über ihn: www.rodehack.de
Anmerkungen und Links
Die empfohlene Literatur auf einen Blick
- Comte-Sponville, André: Liebe. Eine kleine Philosophie.
- Graeber, David: Bullshit Jobs. The Rise of Pointless Work and What we can do about it.
- Harari, Yuval Noah: 21 Lektionen für das 21. Jahrhundert.
- Harari, Yuval Noah: Eine kurze Geschichte der Menschheit.
- Harari, Yuval Noaḥ: Homo Deus. Eine Geschichte von Morgen.
- Taleb, Nassim Nicholas: Antifragilität. Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen.
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