Komm in unseren Lean Coffee und stelle Dein Thema, das Dich bei Deiner Arbeit beschäftigt, unserer geballten Schwarmintelligenz vor :-) - Du wirst sicher* mit Information nach Hause gehen, die Du gut nutzen kannst. (* Wenn das Thema bekannt ist.)
In unseren Lean-Coffee-Gruppen sind wir ein Team:
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Überall Muda...
Wir bekommen vom themengebenden Gast den Eindruck geschildert, dass Berater und Teams und Unternehmen insgesamt viel mit sich selbst beschäftigt seien, dass auch in Scrum-Teams (zu) wenig Wertschöpfung generiert werde. Man müsse sich öfter fragen, ob das, was man gerade tue, auch wirklich das sei, was man tun wolle.
Business-Theater, Effizienzneurotiker und nicht zielführende Kennzahlen
Das agile Prinzip der Menge der nicht getanen Arbeit, die maximiert werden sollte, wird bemüht. Der Begriff des "Effizienzneurotikers" von Gunter Dueck (siehe Literaturhinweise unten) ziele auf das Verhalten ab, mit Halbwissen gerüstet Kennzahlen nachzueifern, die das Unternehmen bzw. seine Teams nicht voranbringen.
Jemand ergänzt, dass dieses Verhalten, das keinen größeren Mehrwert stiftet und bei dem das Unternehmen sich nur mit sich selbst beschäftigt, als "Business-Theater" bezeichnet würde.
Die von jemandem geäußerte Vermutung, dass Menschen vielleicht in die jeweiligen Themen nicht gut eingeführt wurden, wird widerlegt durch die zitierte Erkenntnis Duecks, dass nämlich die Einzelnen, wenn man sie frage, durchaus um die Sinnlosigkeit verschiedener Verhaltensweisen wissen, dass alle zusammen aber trotzdem auf die "sinnlose" Art arbeiteten, wider besseres Wissen.
Was ist Muda? Warum wird es beständig erzeugt?
Das titelgebende Muda, so einige Teilnehmende, komme aus dem Japanischen und werde im Deutschen gern mit "Verschwendung" übersetzt. Gemeint ist mit diesem Konzept in jedem Fall Arbeit, die dem Kunden keinen Mehrwert bringt, für die er ergo auch nicht zu zahlen bereit ist, schlimmer noch: Arbeit, die nur Lebenszeit verbraucht (siehe dazu auch die Literaturhinweise).
Als weitere Möglichkeit wird genannt, dass sich Menschen eventuell nicht trauen, eine Veränderung herbeizuführen: entweder, weil sie nicht wissen, wie sie vorgehen sollen, oder aus Angst davor, im Falle eines Scheiterns verantwortlich gemacht zu werden. etwa aufgrund einer althergebrachten Fehlerkultur.
Altbekannte Werkzeuge zur Erhöhung von Fokussierung und Wertschöpfung
Ein Silberrücken bemerkt, dass es eine Vielzahl an geeigneten Werkzeugen gebe, um die Wertschöpfung der eigenen Arbeit zu erhöen, beispielsweise die Eisenhower-Matrix zur Priorisierung der Arbeit oder das Pareto-Prinzip zur Verbesserung des Zeitmanagements und zur leichteren Entscheidung darüber, wieviel Aufwand in welche Themen gesteckt werden sollten. In der heutigen Diskussion wurde nicht mehr geklärt, warum diese Methoden in agilen Kontexten offenbar nicht selten in Vergessenheit geraten.
Wie macht Ihr dem Management Agilität erfahrbar?
Das Management, diese Spezies mit chronisch (zu) wenig Zeit, muss nach gängiger Erkenntnis - und auch derjenigen vieler vergangener Lean Coffee-Diskussionen - dringend ins Boot geholt werden, wenn tiefgreifendere Veränderungen im Unternehmen herbeigeführt werden sollen. Wie packt man es aber an, dass der Einstand gelingt und bei Führungskräften das Interesse an einer ernsthaften Mitarbeit und zur Förderung der anstehenden Veränderungen geweckt wird?
Austauschen, einbeziehen, austauschen, einbeziehen
Ein Silberrücken beschreibt ein nach seiner Erfahrung erfolgreiches Vorgehen: Verständnis dafür schaffen, um was es geht, transparent machen, was für Ergebnisse erzielbar sind, wo ein Vorgehen für jemanden zum Erfolg führen kann und wie insgesamt Führungskräfte persönlich gewinnen können. Es wird vorgeschlagen, initial um ca. zwei Stunden der Zeit zu bitten (erfahrungsgemäß könnte diese Forderung noch von Erfolg gekrönt sein) und die Beteiligten permanent in den Prozess einbinden. Einzele Führungskräfte könnten dazu eingeladen werden, einmal eine Stunde im Team mit dabei zu sein und dessen Arbeit mitzuerleben.
Kontaktpflege und daraus erwachsende (positive) Betroffenheit
Wichtig ist, permanent den Kontakt zu pflegen, mindestens einmal pro Woche, und sich in diesen Terminen über Erfolge und Zwischenergebnisse auszutauschen. Nach Erfahrung dieses Teilnehmers wird sich im besten Fall immer mehr Interesse seitens der Führungskräfte einstellen, und sukzessive werden sie dann auch eigene Ideen zum Vorgehen einbringen.
Simulationen zu Arbeitsfluss, Überlast, Unausgeglichenheit
Es wird vorgeschlagen, Simulationen mit dem Management durchzuführen, die zeigen, welche Effekte beispielsweise Unausgeglichenheit und Überlast provozieren. Die Tatsache, dass es nicht nur Effizienz ist, die uns voranbringt, sollte konkret erlebbar gemacht werden. Hierfür werden Spiele zum Arbeitsfluss vorgeschlagen.
Schließlich sprechen wir noch darüber, was der Begriff "Transfprmation" in unserem Umfeld bedeutet und wie lange eine solche Transformation dauern könne und ob nach der Transformation nicht während der Transformation sei.
Was bedeutet der Begriff "Transformation"?
Jemand bringt den wichtigen Blickwinkel ein, dass eine Transformation, einmal gestartet, nicht endet. Nach erfahrung dieser Teilnehmerin könne es nach einem Zetraum von unter einem Jahr ggf. klappen, dass die Unternehmensprozesse bis zu einem gewissen Grad in Richtung Zielzustand geändert worden seien, dies bedeute aber noch lange nicht, dass sie auch tatsächlich gelebt würden, dass agile Sichtweisen in Fleisch und Blut übergegangen sind und das tägliche Arbeiten leiten. Dies gehöre aber für sie dazu.
Ein anderer bekennt, dass er den Begriff "Transformation" nicht mehr mag, denn auch für ihn hört die Veränderung ab dem Start einer Transformation nie mehr auf. Er zitiert die Tessai-Studie (siehe Literaturhinweise) als gelungenes Beispiel dafür, wie ein Unternehmen nach und nach komplett umgekrempelt worden sei. Es sei dabei allen klar gewesen: "Das machen wir ab jetzt immer so." (Es leuchtet auch unmittelbar ein, dass ein Unternehmen, das kontinuierliche Verbesserung eingeführt und diese allmählich zu einem Teil seiner DNA gemacht hat, nicht eines Tages damit aufhören wird, weil "die Transformation beendet" ist - die Red.)
Agile Simulationen
Ubongo Flow Game
Als erstes wird das Ubongo Flow Game, online spielbar, empfohlen. In drei Runden werden "Push-Prinzip", "WIP-Limitierung" und "Pull-Prinzip" erfahrbar gemacht. Sehr eindrücklich sei die Effizienzsteigerung unter extremem Zeitdruck pro Runde, auch nur 2 Minuten pro Runde, um sich im eigenen Team darüber auszutauschen, was man verbessern könnte.
Jemand wendet ein, dass ein Management dies vermutlich nicht mitmachen werde, eine Gästin jedoch berichtet von einem Kontakt, der in einem Konzern einen Zwei- oder sogar Drei-Tage-Workshop für das Management vorbereiten und durchführen sollte und hierfür auch agile Spiele einfließen ließ.
Scrum-Simulation mit LEGO
Jemand berichtet von einer Scrum-Simulation, innerhalb derer mit LEGO-Steinen ein Produkt gebaut werden sollte. An der Simulation nahm im konkreten Fall das tatsächliche Team mit all seinen Rollen teil. Der Product Owner dachte sich ein Produkt aus, musste dieses beschreiben und in verschiedene nachbaubare Teile stückeln. Diese Teile sollten nach und nach vom Team aufgebaut und zusammengefügt werden. Die Simulation wurde an einem kompletten Tag durchgeführt, insgesamt wurden in dieser Zeit vier Sprints mit entsprechenden Scrum-Events simuliert. Als Baumaterial wurde ein "auf dem Tisch ausgekipptes" LEGO-Architect-Set verwendet, das laut dem Teilnehmer sehr kleinteilig ist und es erschwert, einzelne Bauteile rasch zu finden. Das Team erlebte seinen ersten Sprint als sehr schwerfällig, und in der ersten Retrospektive wurde die Maßnahme verabschiedet, alle Teile zu sortieren, damit man die einzelnen Bauteile schneller auffinden könne und schneller vorankomme. Es sei, berichtet uns der Gast, auch sehr interessant gewesen zu beobachten, wer im Team welche Aufgaben übernommen habe. Am Schluss der Simulation sei auch tatsächlich das Produkt herausgekommen, das sich der Product Owner vorgestellt habe. Mit jedem neuen Teammitglied sollte diese Simulation wiederholt werden.
Papierturm-Bau agil vs. klassisch
Eine Teilnehmerin schlägt eine Simulation vor, bei der das klassische und das agile Vorgehen einander gegenübergestellt werden. Vier Teams erhalten die Aufgabe, aus 20 DIN-A-4-Blättern einen Turm einer vorgegebenen Mindesthöhe zu bauen, der so stabil ist, dass er eine auf seiner Spitze sitzende Playmobil-Figur halten kann.
Drei Teams arbeiteten iterativ, lernten also aus ihren Versuchen, während ein viertes Team die Gestalt des Turmes zuerst plante und erst anschließend baute. Vorgabe war hier, dass der gebaute Turm auch tatsächlich der geplanten Version entsprechen, also genauso aussehen sollte. Wie zu erwarten, entfiel in diesem klassisch arbeitenden Team deutlich mehr Zeit auf die Planung als in den anderen drei Teams. Hinzu kam, dass das Team sich nicht von Anfang an vorstellen konnte, wie der Turm aussehen würde, der die gesetzten Anforderungen erfüllte, und dem Team fehlte das iterative Vorgehen, um aus seinen Annahmen, die sich nicht umsetzen ließen, zu lernen.
Einführung von Kanban-Elementen
Erste in den Raum geworfene Idee: WIP-Limit geht immer! Viele Kanban-Ansätze seien in Scrum hineingeflossen, bemerkt ein Gast. Der einfachste Einstieg besteht nach einem anderen Teilnehmer darin, die Teams zu fragen, wie die Arbeitsprozesse aussehen: Ein Prozessmapping durchführen, prüfen, wo man Dinge zusammenführen kann, unausgesprochene Regeln innerhalb der Prozesse (Prozessschritte) offenlegen und auf den Prüfstand stellen, um zu erkennen, ob sie aktuell immer noch sinnvoll sind, pfüfen, ob Schritte entfallen oder vereinfacht werden können.
Implizites explizit machen
Sehr wertvoll ist, implizites Wissen explizit zu machen und visualisieren. Danch erst sei die Suche nach Flaschenhälsen angezeigt. Bei der Analyse der verwendeten Werkzeuge kann sich beispielsweise zeigen, dass ein "Anwendungszoo" für dieselbe Aufgabe (an verschiedenen Stellen in Prozessen auftauchend) verwendet wird.
Prozessanalyse als Selbstläufer
Der Teilnehmer schmunzelt und erzählt uns, dass er diese Fragen schon in verschiedenen Situationen angestoßen habe und nach Entfesseln der Diskussion nur noch beobachten musste, wie die Teammitglieder eigeninitiativ weitersprachen und -analysierten und dadurch ihre Erkenntnisse gewannen.
Überblick über die eingereichten Themen
Literaturtipps aus der Veranstaltung
Einblick in die Beta-Version von Scrumlr: https://beta.scrumlr.io/
Anleitung neue Scrumlr-Version: https://www.teamworkblog.de/2022/05/scrumlrio-in-neuer-version-mai-2022.html
https://der-prozessmanager.de/aktuell/wissensdatenbank/toyota-3m-modell
Aus dem Chat zu "Muda": Toshiko Narusawa, John Shook - Kaizen Express, lean enterprise institute 2009: 02 ff.
1. Jede Aktivität, die Ressourcen beansprucht, **ohne für den Kunden einen Mehrwert zu erzeugen.**
2. Jede Aktvität, für die der Kunde nicht bereit ist zu zahlen.
3. und jede andere Tätigkeit, **die für die handelnde Person keinen Sinn hat** und Lebenszeit verbraucht
https://www.campus.de/buecher-campus-verlag/wirtschaft-gesellschaft/wirtschaft/heute_schon_einen_prozess_optimiert-15859.html
Aus dem Chat:
3M = **Muri/Muda/Mura**
- Muri = jede Bedingung, bei der die Anforderungen, die wir an unsere Prozesse stellen, die Fähigkeiten der Prozess übersteigt
- Muda = jede Bedingung, bei der Ein- und Ausgänge eines Prozesses übermäßig sind
- Mura = jeder Zustand, in dem eine Mischung aus Muri und Muda vorliegt.
https://open.spotify.com/album/1nPwiRKdYGS9DBlKab1zFr
https://openspaceagility.com
Podcastfolgen zur Tessai-Studie: https://soundcloud.com/lean-knowledge-base/sets/tessei
Fachartikel zur Tessai-Studie (D): https://www.researchgate.net/publication/351626628_TESSEI_Das_'7-Minuten-Wunder'_-_Insider-Einblick_in_die_Verwirklichung_des_'Shinkansen-Theaters'
https://cramer.info/seriousgames/
Agile Spiele Remote: https://agilecoach.de/wissen/agile-spiele-buch/agile-spiele-online/
Vielen Dank für Eure gute Laune und die Themen, die Ihr der Runde zum Lean Coffee mitgebracht habt!
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