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Lean Coffee Frankfurt/Karlsruhe, Nachschau zum Termin 61

Und täglich grüßt das Murmeltier. Eigentlich müssten inzwischen doch schon alle die Gemeinschaftsräume unserer tollen Gruppen kennen. Hier ist noch einmal der Zugang für alle, die morgens um 8 schon frotzeln, ihre Fragen offen und ehrlich beantwortet bekommen und den Tag gemeinsam mit einem Humpen Kaffee (oder blasphemischerweise auch Grüntee) beginnen möchten:

https://www.xing.com/communities/groups/lean-coffee-frankfurt-am-main-99d1-1139176/about

https://www.xing.com/communities/groups/lean-coffee-karlsruhe-99d1-1139173/about


 

Das Motto des letzten Lean Coffees stand ganz unter dem Zeichen der Zerstörung. Wie bereits angekündigt, wollten wir mal alles so richtig kaputtmachen. Schon an den eingereichten Themen (siehe unten) sieht man, dass ein Teil der Gäste den Lean Coffee nicht baden gehen lassen und ernsthaft diskutieren wollte, was wir ihnen als ehrenhaften Charakteren hoch anrechnen, während ein anderer Teil die Einladung zur gewaltfreien "Zerstörung" - hocherfreut, so scheint es - direkt aufgriff.

Antanzen und vorsingen lassen

Unter der Überschrift dieser musisch anmutenden Tätigkeit in einem Unternehmen wird das Thema "Reporting" auseinandergenommen. Nachdem einige Revoluzzer das Reporting am liebsten abschaffen wollen (wozu gibt es Dailies und Reviews?), holen uns andere auf den Boden der Tatsachen zurück, dass es z. B. von Rechts wegen gewisse Reportingpflichten gebe (z. B. kann das genehmigte Budget nicht einfach karnevalistisch versoffen werden, stattdessen muss Rechenschaft über die Art der Investition abgelegt werden).

ZDF

Bezeichnung des Tages bei diesem Thema: der Zett-Deh-Eff-Mensch (nein, nicht der öffentlich-rechtliche Fernsehsender), der berichterstellende Mensch (Mensch ist vom Genus her männlich, da kann ich auch nichts machen, also keine Doppelpunkte oder Sternchen - die Red.), für den nur Zahlen Daten, Fakten zählen. 

Herrlich bildlich beschreibt eine Teilnehmerin, dass nicht nur oft von oben nicht differenziert werde, welche Berichterstattung sinnvoll ist, à la "Reporting von x bringt uns weiter, von y nicht", und man sich selbst heraussuchen müsse, was wohl sinnvoll sein könnte, sie spricht auch vom "menschlichen Pulsschag", den es wahrzunehmen gelte, "nicht nur in den Ameisenhügel reingucken wollen".

Rechenbeispiel für Controller

Jemand schlägt vor, dass man, um immerhin eine Anmutung von Menschlichkeit in das Thema zu bringen, die xls-Berichtersteller:innen wenigstens auf ganze Köpfe trimmen könne, um deutlich zu machen,  dass man Menschen nicht teilen könne (auch wenn das manch einer gerne tun würde, gerade, wenn zu viele Projektbaustellen aufgerissen wurden).

Tanzen und singen lernen

Ein enthusiastisch diskutierender Teilnehmer empfiehlt der Runde: "Lernt tanzen und singen, bereitet Vergnügen beim Reporting - das erwartet das System." Dieses, so der Gast, möchte, dass wir die Kulisse aufrechterhalten, um das Team zu schützen, natürlich soll auch noch mit möglichst wenig Aufwand berichtet werden, „man kann sogar lächeln dabei“. Das Konzept „positives storytelling“ wurde in der Runde rasch dafür gefunden.


Das Schweigen des Scrum Masters

Jede Person, die den angedeuteten Film gesehen hat, wird nun schon auf die richtige Art und Weise eingestimmt - es muss grauenhaft gewesen sein... Die Themengeberin beschreibt auf diese Weise ihre erste Begegnung mit Scrum (eher wohl mit "sogenanntem Scrum"), diese sei aber deutlich unblutiger gewesen, als der Titel suggeriert…

Wir machen jetzt alle Scrum

Schlagworte aus dem Bericht: Der CTO kommt an und sagt: "Wir machen jetzt alle Scrum", jemand wagt es zu fragen: "Was ist das?" - "Das seht ihr dann schon. Das ist unser Scrum Master." Dieser, so die Themengeberin, habe monatelang nichts gesagt und nur traurig geguckt. Hohe Fluktuation im Team, Canceln des Events "Retrospektive", und irgendwann ging der Scrum Master, der eigentlich Entwickler war, zu einer anderen Firma. Daraufhin übernahm der Product Owner die Scrum Master-Rolle (vermutlich zusätzlich, was auch sonst?), er habe auch vermitteln wollen, aber leider "hintenrum"...

Wie wär's mit einem Anwendungszoo?

Ein anderer Teilnehmer schlägt nach diesen Ausführungen folgendes Tooling vor: Asana, ProdPad für die Produktentwicklung, team-intern vielleicht noch Trello, Doku für Gottweißwen auf confluence und Google Docs in verteilten Verzeichnissen - jedes Werkzeug ist schließlich für sich ein Profi. Slack und E-Mail für die Kommunikation (da ist es wieder, das "Kommunikationsmittel" E-Mail...), und manches muss noch physisch unterschrieben werden. Einen Moment lang herrscht angespannte Stille, die der Einwerfer still genießt, bis den ersten auffällt, dass es sich um Ironie handeln könnte.

Kreative Ideen gegenüber dem Unternehmen

Wieder ein anderer wirft ein, dass man sich klarwerden müsse, welches Problem denn gelöst werden soll. Er stellt in den Raum, dass ggf. alle zur Kündigung bewegt werden sollen, andere Ansätze von ihm: "den Schmerz erhöhen, Napalm reinkippen, damit die Büros nicht mehr benutzbar sind..." Ja, so unterhaltsam kann ein Lean Coffee sein.


See people as cattle - Menschen als Vieh?

Allein die Benennung des Themas ist schon schön, wie der Schreiberling dieses Artikels findet. Jemand macht einleitend laut "mööööh", und ein anderer Gast sagt, auf die Nationalität Anwesender Bezug nehmend: "Da freut sich der Schweizer wieder, denn da gibt’s viel Käs." (Allgemeines Gelächter)
Die Themengeberin möchte ihre Überschrift als Referenz auf den "Pets and Cattle"-Begriff aus der Welt der Cloud verstanden wissen, wo Server Namen wie "Asterix" und "Obelix" haben und miteinander kommunizieren. In großen Unternehmen, so ihre Lesart, ist die Fähigkeit, Menschen zu sehen UND zu vermitteln, dass einen dieses Thema interessiert, von Bedeutung, insbesondere in großen Konzernen, wo Einzelne im Meer der Tausenden von Mitarbeitenden untergehen.

Der Mosaiklebenslauf als Reaktion... und Obstkörbe gegen Jobfrust

Eine Gästin empfiehlt beherzt, dass man "keine Angst vorm Mosaiklebenslauf" haben und "immer schön kündigen" solle, bis man eine menschenwürdige Arbeitsumgebung gefunden habe. Die Runde ist sich einig, dass es noch eine ganze Weile dauern wird, bis die klassischen Strukturen, die Arbeit auf Augenhöhe und in Selbstorganisation erschweren, auf dem Rückzug sind. Jemand findet den Begriff "Human Ressources" eigenartig, der Mensch sei nun mal keine "Ressource", und HR wird bezichtigt, auf den Fachkräftemangel und die Unwilligkeit, sich in jedem Unternehmen einstellen oder sich im Unternehmen fast alles gefallen zu lassen, mit "Obstkörben" zu reagieren. (Kommentar während der laufenden Diskussion im Chat: "Es gibt zu wenig Wertschätzung für die Arbeit von HR, auch deshalb gehört HR in der jetzigen Form abgeschafft")

Manager als Menschen-Entwickler

Ein kreativer, aber misslingender Trick eines Teilnehmers zwischendurch: "Ihr habt bestimmt vergessen, die Hand zu senken, deswegen grätsche ich jetzt rein..." Die Sorgfaltspflicht des Arbeitgebers wird angesprochen, die Frage steht im Raum, wie man Manager auch als Menschen-Entwickler sehen kann. Es wird sogar bekundet: jeder entwickelt jeden, à la "hast du deinen Chef schon weiterentwickelt?" Dazu gehört auch eine ausgereifte Feedback-Kultur, die aber nach Ansicht einer Teilnehmerin in den meisten Unternehmen noch ziemlich unterentwickelt ist.

Ruhig Blut bei Unruhe im neuen Team

Es solle mehr Zeit für die Storming-Phase von sich findenden Teams eingeräumt werden, fordert jemand, "auch Unruhe gehört ins Team", und es wird als schwierig angesehen, dass das Bestreben vieler Unterehmen darin liege, Neue sofort auf Linie zu bekommen, zu normen, anstatt von ihrem noch unverstellten Blick von außen zu profitieren. (Man sieht an diesen Beiträgen wieder, wir können kaum aus unserer Haut heraus, wertstiftend und konstruktiv zu sein.... :-))

Schuldzuweisung

Unerfahrenen Teams aufdrücken:"Ihr seid schuld." Damit könne man Agilität niederzwingen, man kann dann aus Fehlern nicht lernen. Jemand bewegt sich offiziell aus dem legalen Bereich heraus: "Wenn Schuldige gefunden sind, draußen Schilder mit den Namen der Schuldigen überall aufhängen." Darüber entwickelt jemand die kreative Idee, den "Misemployee of the month" zu küren. Heiterkeit macht sich breit.

Auch Dschingis Khan setzte sich (in einer Serie) mit Schuld auseinander...

Jemand erwähnt die Serie Dschingis Khan, diese sei extrem stringent, es gebe darin Regeln, die jeder kennt und die durchgesetzt würden. Der Held der Serie überlege teilweise, wie er Milde und Gnade walten lassen könne gegenüber jemandem, wenn doch eine Regel gebrochen wurde. Der Teilnehmer führt ferner "Schuld als mein Beitrag zum Scheitern" aus: Ein Team habe beispielsweise dreimal hintereinander das Sprintziel deutlich nicht erreicht, dann werde das Team aufgelöst (es wurden hier keine detaillierten Umstände diskutiert, es handelte sich ja letztlich auch um einen Kaputtmach-Lean-Coffee), "es stirbt ja niemand mehr".

Team-Staffing und die Schuld der Verschleppung

Der Teilnehmer erklärt ein wenig provokant, er finde es gut, Schuldige zu haben, es müsse nur schnelle Konsequenzen geben. Hier wird darauf angespielt, dass Menschen in Teams, die nicht mitziehen, selten aus diesen Teams entfernt werden. Ferner schlägt er vor, dass Teams entscheiden können sollen, ob sie jemanden im Team behalten möchten oder nicht. (Dies wäre angesichts des Vorgehens, dass manche Teams sich - angeblich zumindest - ihre Mitglieder auch aussuchen dürfen, nur konsequent - die Red.)

Workshop-Reihe zur Vernebelung

Es wird von jemand anderem mit etwas süffisantem Lächeln eine Workshop-Reihe vorgeschlagen:
Man definiert zuerst die Rollen und Verantwortungen der anderen Teams, damit das eigene Vorgehen nicht zu offensichtlich ist, in einem 2. Workshop definiert man eigene Schwierigkeiten und legt auch gleich fest, warum eigene Verantwortlichkeiten nicht ausgelebt werden können, in einem 3. Workshop schließlich beschäftigt man sich damit, was die Ursache dafür sein könnte, dass niemand Verantwortung übernimmt.

Die Tradition des Sündenbock-Findens

Eine Gästin ist begeistert, es sei eine "wunderbare Maßnahme", eine/n Schuldige/n herauszusuchen, man solle weiterhin dem Manager gratulieren für seine Weitsicht. Dann noch ein gekonnt vorfetragener Seitenhieb, Deutschland habe eine lange Tradition, einen Sündenbock auszumachen. Alle (außer dem Sündenbock) spüren dann eine Einheit und Energie, das sei vielleicht kriegerisch und martialisch, aber man sei ein Team.

Lasst uns doch einfach auslosen...

Am Schluss kommt noch ein herrlich pragmatischer Vorschlag, der tatsächlich in vielen Teams funktionieren könnte (sollte man unbedingt selbst mal ausprobieren, falls noch nicht geschehen): Es wurde einmal versucht, zu losen, wer schuldig ist, berichtet der Teilnehmer. Damit sei der Punkt dann geklärt, und man könne mehr Energie in die Lösungsfindung stecken. Jedes Mal, wenn ein Streit im Raum steht, wird solchermaßen gelost, und mit einiger Wahrscheinlichkeit sind auch immer andere dran.

Alle Themen im Ãœberblick


 

Literaturliste

Und hier wieder etwas kurzes zum Schmökern für fast schon Frühlingstage:

https://www.comicagile.net/comic/metrics-dashboard/

Das war die Basis meines Workshops: https://www.berlinerteam.de/magazin/agil-werden-och-noe-13-tipps-wie-sie-agilitaet-erfolgreich-verhindern/

Dynamic Reteaming: The Art and Wisdom of Changing Teams (Heidi Helfand)

https://www.xing.com/events/design-thinking-workshop-widerstand-agilitat-3827837



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