Direkt zum Hauptbereich

Was macht einen guten Abstract für eine Konferenz aus?

Ein guter Abstract spricht zwei Gruppen an: die Konferenzorganisatoren und die Besucher:innen. Einige Abstracts sind gut, andere verbesserungsfähig. Hier sind meine Erfahrungen als Organisator von mind. 15 Konferenzen.

Scrum Day 2014 (Foto: R. Schmid)
Zur Zeit läuft der Call for Papers für den hybriden Scrum Day 2022. Für mich ist es das neunte Mal, den Scrum Day inhaltlich vorzubereiten. Als Organisator wollen wir unseren Besucher:innen interessante Vorträge bieten, die sie weiterbringen. Zudem wollen wir in der Community Themen setzen, die aus unserer Sicht wichtig sind.

Was stört an schlechten Abstracts?

Wer im Netz nach "How to write a good abstract" sucht, findet viele gute Anleitungen. Was für ein wissenschaftliches Paper gilt, gilt auch für eine Konferenz. Aber warum sind schlechte Abstracts schlecht?

Es gibt Leute, die einreichen, ohne unsere Konferenzbeschreibung gelesen haben. Diese Leute reichen einfach bei vielen Konferenzen ein und hoffen irgendwo einen Treffer zu landen. Zum einen sieht man das schnell an der Beschreibung, ob jemand unseren Aufruf zum Einreichen gelesen hat. Zum anderen ist es lästig, wenn man sehr viele davon bekommt.

Ein Abstract hat eine höhere Chance in die engere Auswahl zu gelangen, wenn er einen Bezug zu den Ideen der Veranstalter der Konferenz hat.

Wir sehen uns die Vortragenden an und versuchen, immer wieder neue Sprecher:innen auf die Bühne zu holen. Wenn es keine Videos von Vorträgen gibt, müssen wir uns zunächst auf den Abstract verlassen. Hier haben wir zwei Erfahrungen gemacht:

  • Der Abstract verspricht mehr als er hält: Eigentlich hört sich der Vortrag vom Abstract her gut an. Aber dann kommen die Besucher:innen aus dem Vortrag und schütteln den Kopf. Der Vortrag war langweilig. Oder der Text stammt nicht vom Vortragenden sondern von einer anderen Person.
  • Der Abstract wirkt unscheinbarer als der Vortrag: Das ist natürlich eine schöne Überraschung. Aber ist natürlich auch ärgerlich, weil vielleicht mehr Menschen diesen Vortrag hätten sehen müssen.

In beiden Fällen haben wir als Organisatoren unsere Besucher:innen enttäuscht.

Viele Neulinge sind übrigens zu tief in ihrem Thema drin, wenn sie ihren Abstract einreichen. Wir nehmen meist Kontakt zu den Speakern auf, um den Text zu verbessern. Der Abstract ist eine Einladung an die Besucher:innen. Diese stellen sich immer die Frage: "Warum soll ich jetzt zu diesem Vortrag gehen und nicht zu einem anderen?"

Was macht einen Abstract interessant?

Ein guter Abstract hat zwei Ziele:

  • Die Organisatoren wollen den Vortrag in ihr Konferenzprogramm aufnehmen.
  • Die Besucher:innen wollen sich den Vortrag anhören, weil der Inhalt für sie relevant und der Vortragsstil interessant ist.

Also muss das im Abstract rüberkommen. Lest die Call-for-Papers-Beschreibung er Organisatoren. Stellt einen Bezug zu Eurem Thema her. Fragt im Zweifelsfall nach.

In welcher Situation sind die Besucher:innen der Konferenz? Was bewegt sie? Vor welchen Herausforderungen stehen sie? Wer möchten sie gerne sein? Gibt es Dinge, die beim Publikum dieser Konferenz anders sind, als bei anderen Gelegenheiten? Für den Scrum Day könnt Ihr Euch fragen:

  • Welche Rolle (Dev Team Mitglied, Scrum Master/Agile Coach, Product Owner/Unternehmer, Führungskraft, andere Berater:innen/Coaches) profitiert vom Vortrag?
  • Richtet sich der Vortrag an Anfänger oder Leute mit viel Erfahrung?

Auch hier gilt: Nehmt Kontakt mit den Organisatoren auf und fragt nach. Wie würden sie das Thema einordnen?

Noch ein Tipp für die Neulinge: Ihr müsst nicht Euer Thema komplett und umfassend aufbereiten. Das beste, was Ihr im Vortrag erreichen könnt, ist, dass ein:e Zuhörer:in nach dem Vortrag sagt: "Das ist interessant und relevant. Damit möchte ich mich weiterbeschäftigen.

Auf dem Scrum Day gab es in den letzten Jahren immer wieder Beschwerden, dass die Vorträge zu beraterlastig seien. Unsere Besucher:innen bevorzugen echte Erfahrungsberichte.

Wie schreibe ich einen Abstract?

Ein Abstract besteht für mich aus ein paar erkennbaren Teilen:

  • Titel: Der Titel fasst zusammen, worum es geht. Welches Problem löst Ihr? Beispiele: 10 Tipps für neue Scrum Master; Wie man als Product Owner versagt; Domain Driven Design am Beispiel von Versicherungssoftware erklärt. Es können auch Fragen sein: Was ist agiles Mindset? Was hält uns von mehr Agilität ab?
  • 1-2 Sätze zum Inhalt und zum Kontext: Worum geht es in diesem Vortrag genauer? In welchem Kontext sind die Ideen entstanden (z. B. Branche, z. B. Unternehmensgröße, z. B. neues/erfahrenes Team, z. B. Technologie)? Was war das Problem genau?
  • 1-2 Sätze zum Unterschied zu anderen Vorträgen: Was ist an Eurem Vorgehen anders als bei anderen Leuten in einer ähnlichen Situation? Was ist an Eurem Problem anders?
  • 1-2 Sätze zum Vortragsstil: Ist es ein reiner Vortrag? Ist er interaktiv? Ist es ein Workshop? Wie läuft der Vortrag ab? Ein Besucher fragt sich vielleicht, ob er sich berieseln lassen kann oder mitmachen "muss". Nicht jeder Vortrag muss lustig und genial sein. Schreibt einfach, was den Besucher erwartet.

Für wissenschaftliche Paper reicht das noch nicht. Da muss es noch etwas ausführlicher sein. Aber für den Scrum Day würde es reichen.

Meist muss ein Vortragender auch etwas über sich einreichen. Seid weder zu bescheiden noch zu prahlerisch. Die Organisatoren recherchieren. Ihr könnt sie bei ihrer Recherche unterstützen, indem Ihr Eure Profile ergänzt. Wenn Ihr Blogbeträge, Artikelbeiträge oder Bücher schreibt, fügt es hinzu. Wenn Ihr schonmal in einem Podcast zu Wort gekommen seid oder wenn es bereits eine Aufzeichnung eines anderen Vortrags gibt, fügt die Links hinzu.

Ihr könnt übrigens selbst die Lesbarkeit und den Anteil heißer Luft von Euren Beschreibungen messen. Dafür gibt es kostenlose Tools im Netz.

Viel Spaß beim Einreichen.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Klartext statt Konsens - wie Meetings wieder was bewirken

Bessere Kommunikation ist Lippenstift fürs Protokoll. Kennst Du das: Das Meeting läuft, Energie ist da, der Knoten platzt - und jemand sagt: "Wir müssen besser kommunizieren!" Alle nicken. Jemand schreibt's auf. Und was passiert damit?  Nichts . Warum? Weil "besser kommunizieren" keine Handlung ist. Genauso wenig wie: "mehr Verantwortung übernehmen", "offener Feedback geben", "konstruktiver diskutieren", "proaktiver sein", "mehr miteinander reden", "transparenter werden", "Verständnis füreinander zeigen". Alles klingt gut. Aber ohne Klartext bleibt’s ein Vorschlag - nett im Protokoll, aber ohne Effekt auf den nächsten Arbeitstag. Kein konkreter Schritt, keine sichtbare Veränderung. Keiner der's macht. Es ist eine gute Absicht ohne Konsequenz. Wir haben kein Problem Verbesserungen zu identifizieren.   Die wahre Herausforderung ist selten das Finden von Verbesserungen. Es ist das Konkretisie...

Die Profi-Tools im Windows-Explorer

Haben Sie bei der Urlaubsvertretung sich manches Mal geärgert, wenn Sie Dateien gesucht haben, die ein Teammitglied abgelegt hat? Die Suche im Explorer funktioniert tadellos, aber manchmal sollte man den Suchbegriff noch ein bisschen genauer fassen können. Z.B. mit UND oder ODER oder NICHT... Das geht so einfach, dann man von alleine kaum drauf kommt:

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Was macht ein agiles Project Management Office (PMO)?

Was macht eigentlich ein Projektmanagementoffice, insbesondere wenn es auch agile Projekte in der Organisation gibt? Muss man es abschaffen, wenn alle Projekte agil umgesetzt werden? Was machen die Personen, die im PMO tätig sind? Hier ist ein Vorschlag für eine agile Ausgestaltung eines PMO.

Das Ubongo Flow Game

Spiele bieten eine gute Gelegenheit, zeitliche Erfahrungen zu verdichten und gemeinsam zu lernen. Karl Scotland und Sallyann Freudenberg haben im Mai 2014 das Lego Flow Game veröffentlicht. Wir haben die Spielidee übernommen, aber das Spielmaterial gewechselt. Statt Legosteinen benutzen wir Material aus Grzegorz Rejchtmans Ubongo-Spiel. Hier präsentieren wir die Anleitung für das Ubongo Flow Game.

Erfahrung mit Vibe-Coding - und warum das keine Teamprobleme löst

Die KI-Werkzeuge zum Erstellen von Werkzeugen für die tägliche Arbeit werden immer besser. Die selbstgestrickten Tools erleichtern die eigene Arbeit. Aber für den Einsatz im Team fehlt noch etwas.

Kategorien in Outlook - für das Team nutzen

Kennen Sie die Kategorien in Outlook? Nutzen Sie diese? Wenn ja wofür? Wenn ich diese Fragen im Seminar stelle, sehe ich oft hochgezogene Augenbrauen. Kaum jemand weiß, was man eigentlich mit diesen Kategorien machen kann und wofür sie nützlich sind. Dieser Blogartikel stellt sie Ihnen vor.

Und jetzt alle zusammen! Teams - OneNote - Aufgaben - To Do

Ein Meeting jagt das nächste. Sich da nicht zu verzetteln, wird  im Zeitalter virtueller Besprechungen  noch anspruchsvoller. Kein Wunder, dass  im Zusammenhang mit Microsoft 365  zwei Fragen besonders häufig auftauchen: Wie dokumentiert man Besprechungen gut? Was hilft, offene Aufgaben nachzuhalten? Eine gute Lösung: Das in MS Teams integrierte OneNote-Notizbuch als gemeinsame Plattform auch für den Aufgabenüberblick zu nutzen.

Rebellieren für den Wandel: die 8 Regeln des totalen Stillstandes von Prof. Dr. Peter Kruse

In einem legendärem Vortrag skizzierte Peter Kruse 8 Regeln des totalen Stillstands. Ihm zufolge wurden die Regeln entwickelt, um Managern und Führungskräften dabei zu helfen, Bereiche mit potenziellem Widerstand gegen Veränderungen zu erkennen und Menschen auf strukturierte Weise durch den Veränderungsprozess zu führen.

Outlook-Aufgabenliste: bitte nicht die Aufgaben des ganzen Teams!

Am Tag der Arbeit kommt eine Lösung, nach der ich schon so oft gefragt wurde: Wie schaffe ich es, dass meine Outlook-Aufgabenliste nur meine eigenen Aufgaben anzeigt und nicht auch die E-Mails, die meine Kollegen gekennzeichnet haben oder Aufgaben, die einfach in einem gemeinsamen Postfach stehen?