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Aus dem Maschinenraum: Scaling? -#1: Vision einer agilen Organisation

Mehrere Scrum Teams zu skalieren ist äußerst schwierig! Ein neues Produkt, welches binnen kürzester Zeit neu entwickelt und auf den Markt gebracht werden soll. Hohe Erwartungen von Kunden an Liefergeschwindigkeit und Qualität. Altprodukte, die parallel gepflegt werden müssen, da Kunden und Endanwender davon abhängig sind. Legale Anforderungen, die mehrmals im Jahr in das Produkt eingebaut werden müssen. Eine Organisation von 200+ Personen. 10+ Teams die zusammenarbeiten sollen.

 

Warum eine agile Organisation?

Es ist läuft doch alles, oder? Die Teams liefern alle x Monate ein Produktinkrement. Die „Very High“ Anforderungen werden realisiert. Es gibt einen zentralen Product-Backlog und die funktional orientierten Teams brechen diesen für sich in eigene Release-Backlogs runter.

Warum sollten wir dann das Vorgehen ändern? Hier einige Gründe:

  • Teams / Personen werden zeitweise hinzugefügt und wieder abgebaut „um den Demand“ kurzfristig zu decken. Ein „Onboarding“ bzw. ein organisches Wachstum kann nicht mehr stattfinden, weil jeder mit der Entwicklung des Produktinkrementes beschäftigt ist. 
  • In der Konsequenz werden Velocity und Outcome nicht messbar. Es ist nicht transparent, was die Teams liefern (können). Inspect & Adapt sowie ein transparentes Releasemanagement ist nicht mehr möglich (dementsprechend hohe Unzufriedenheit bei Stakeholder)
  • Dem gesamten Team sind die Ziele der Organisation und der Product Owner nicht mehr transparent.
  • Neue Anforderungen wurden von den Teams kategorisch abgelehnt, da man genug zu tun mit den bestehenden Anforderungen hatte.
  • Technische Schulden laufen auf. 

Welche Ziele sollen erreicht werden?

Eine agile Organisationsform soll gefunden und aufgebaut werden um folgende Ziele zu erreichen: 

  1. Transparenz zu schaffen, was und mit welcher Geschwindigkeit die geliefert werden kann 
  2. ein Releasemanagement zu ermöglichen, welches auch angepasst werden kann (flexible Reaktion auf Marktanforderungen ermöglichen)
  3. um eine unterstützende Organisation zu schaffen, die schnell auf Schwierigkeiten der Teams reagieren kann (Reduzierung der „Decision-Latency“)
  4. „Ruhe“ in die Teams zu bringen (damit Sie sich fokussieren können)
  5. „Outcome/Output“ von der Finanzierung zu entkoppeln
  6. ein „kontinuierliches Verbessern“ auf Organisationsebene ermöglichen.


Scrum@Scale Framework als Schablone

Wir brauchen eine „Vision“ einer agilen Organisation, mit der wir uns weiterentwickeln können und um diese Ziele zu erreichen. Es gibt verschiedene Skalierungsmodelle. Wir haben uns für das „Scrum@Scale Framework“ von Dr. Jeff Sutherland entschieden /1/ . 

Ausschlaggebend waren maßgeblich 3 Gründe:

  1. „Lightweight“ — Es ist ein leichtgewichtiges Regelwerk. Der Scrum@Scale Guide erklärt, was gemacht werden soll und warum. Wie es gemacht werden soll, überlässt es bewusst der Organisation.
  2. Die Übersetzung des Scrum@Scale-Guides liegt in der Muttersprache aller betroffenen Teams und Teammitglieder vor. — Das erleichtert die Kommunikation.
  3. Die Ziele des Scrum@Scale Frameworks können das Management überzeugen (Lineare Skalierung & Business Agilität). 


Erste Schritte — „Releaseplan“ für die eigene Transformation

Um die bestehende Organisation weiterzuentwickeln haben wir uns entschieden, unser eigene „Medizin“ zu probieren. Mit einem Agilen Mindest probieren wir aus: Was geht? Was geht nicht? 

Und somit schaffen wir „Transparenz“ sowie „Inspect & Adapt“ auch bei der Einführung des Scrum@Scale Frameworks. 

Am Ende müssen wir versuchen alle Beteiligten mit einzubinden. Das dauert bei 200+ Personen mehr Zeit, als wenn wir nur 1 Scrum Team hätten.

Ein eigener „Releaseplan“ (wo wollen wir in 3 Monaten sein) wurde erstellt. Die ersten Schritte sind gemacht:

  • Wir arbeiten mit dem Management und den Teams zusammen um eine agile Organisation nach dem Scaled@Scrum Framework schrittweise aufzubauen. 
  • Die Teamzusammensetzung halten wir möglichst stabil. Damit schaffen wir die Voraussetzung um transparent zu machen, was die Teams leisten können (Velocity). Die Release-Planung richten wir danach aus. (möglichst nach jedem Sprint) 
  • Wir erweitern die Kommunikation der Ziele auf alle Teammitglieder.
  • Schaffung eines Executive Metascrum um Anforderungen zu priorisieren und zu filtern
  • Schaffung eines Executive Action Teams um die Teams zu unterstützen 

Fazit

Die Situation ist herausfordernd. In dieser Situation hilft mir das Buch von Gereon Hermkes & Luiz Quintela „Scaling Done Right“ /2/ (de facto liegt es immer wieder griffbereit auf meinem Schreibtisch).

"Scaling Done Right" von Gereon Hermkes & Luis Quintela


Es hilft mir als Nachschlagewerk um Zwischenziele zu finden, eigene Ideen zu entwerfen und konkrete Experimente mit Scrum Mastern und Betroffenen zu besprechen.

Zusätzlich zum Scrum@Scale Guide werden auch Beispiele genannt, wie eine agile Organisation aufgebaut werden kann. Man kann es adaptieren und ausprobieren. Immerhin ist jede Organisation anders und braucht ihr eigene Zeit und ihre eigenen Zwischenschritte.

Anmerkungen

/1/ Scrum@Scale guide by Dr. Jeff Sutherland is licensed under CC-BY-A 4.0 and can be found at https://www.scrumatscale.com/scrum-at-scale-guide/ 

/2/ Gereon Hermkes & Luis Quintela „Scaling Done Right“, Behendigkeit Publishing, Berlin, Germany

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