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Lean Coffee Frankfurt/Karlsruhe, Nachschau zum Termin 38

Dieses Mal nicht lange geschnackt: Wer sich gerne mit uns über Themen aus der "agilen Arbeitswelt" (oder derjenigen, die sich nur als solche bezeichnet) austauschen möchte, melde sich gerne in einer unserer Gruppen an:

https://www.xing.com/communities/groups/lean-coffee-frankfurt-am-main-17b3-1139176/about

https://www.xing.com/communities/groups/lean-coffee-karlsruhe-17b3-1139173/about

 

Als schon einige im virtuellen Zoom-Wohnzimmer sind, sagt plötzlich jemand: „Da ist ja ein X Y dabei - wer ist das denn?“, weil sich dieser Teilnehmer gerne als VIP tarnt. Aber nicht heute. Ein anderer scherzhaft: „Der ist neu…“

PO als Spatz in der Hand statt Taube auf dem Dach

Die Themengeberin bringt auf, ob ein PO „ok“ nicht besser sei als gar kein PO. Hintergrund: endlos lang freigeschaltete Stellenanzeigen von Firmen, bei denen man sich schon vor Monaten erfolglos auf genau diese immer noch offenen Stellen beworben hat. Die Themengeberin hat bei diesen Firmen aus Neugier tatsächlich einmal nach den Gründen geforscht und erfahren, die POs hätten lange Kündgungsfristen oder: das Unternehmen habe leider derzeit keine Kapazitäten (oder womöglich kein Wissen? Aber pschscht) für die Einarbeitung.

Ein Teilnehmer, der weiß, wovon er spricht, berichtet von seiner eigenen nicht-repräsentativen Auswertung: Etwa die Hälfte der Stellenanzeigen für POs seien einfach zu schlecht (bei den Scrum Master-Stellen sei die Rate noch schlechter, etwa 90 zu 10), und der PO müsse ohnehin am besten aus dem eigenen Unternehmen kommen.

Ein anderer Teilnehmer, selbst u. a. als PO tätig, bestätigt diese letzte Aussage: „Der PO hat Firmenwissen, kennt die Daten, auch sensible Daten…“ Für ihn ist klar: „PO ok ist absolut in Ordnung.“ Auch er habe in seiner Anfangszeit zwar schon einiges gekannt, wurde allerdings in einem Team gecoacht. Er habe sich dann die Grundlagen angelesen. Sicht dieses Teilnehmers: „Man kann sofort starten, und was man nicht kann, kann man zusammen mit dem Team erarbeiten, weil das auch nicht alles kann.“ Man könne beispielsweise über sich sagen, man habe schon viele Projekte gemacht, aber kenne nicht alles.

Fähige Personen werden manchmal anders besetzt

Ein anderer Diskutant wirft ein: „Du kannst den perfekten PO haben, wenn er und das Team nicht miteinander klarkommen, funktioniert es nicht." Im Unternehmen brauche es auch Vertrauen gegenüber den Personen, die das nötige Wissen haben, um überhaup PO zu werden, diese werden teilweise aber ganz woanders eingesetzt, da kein Vertauen in die neue Rolle vorhanden sei. Er berichtet uns von einem Team, das seit Anfang des Jahres ohne PO arbeite (anstelle des Ansatzes „Lass uns einfach mal starten“ würden Ausreden gefunden).

Internes Wissen intern pflegen

Ein weiterer Teilnehmer bekennt sogar, dass er „krampfhaft“ versuchen würde, eine interne Person aufzubauen, oder jemand fest angestelltes suchen, in jedem Fall keine:n Berater:in, keine:n Freelancer:in. Falls man immer wieder abgewiesen werde, könne man sich auch selbst fragen, ob man ggf. zu wenig Produktkenntnis habe bzw., ob man produkt-affin sei. Möglich sei auch, dass man feststelle, dass man zu wenig Software-Erfahrung habe. Dann könne man versuchen, über einen anderen Weg in die Organisation hineinzukommen und dort in diese gewünschte Rolle hineinwachsen. Dieser Teilnehmer ergänzt noch, dass es Mut und Vertrauen einer Firma brauche, jemanden einzustellen. (Na, und das in der doch noch überwiegend klassisch geprägten Welt…)

Am Schluss fragt jemand nach der Rolle Proxy-PO, „Kennt ihr das? Da könnt man auch mal drüber reden…“ Die Zeit ist aber um, und ein anderer Teilnehmer guck demonstrativ links und rechts unter seinen Tisch, grinst und sagt: „Ich such‘ mal’n Kübel…“

 

Liberating Structures gegen Crusty Structures

Hier finden sich leider nur wenige Notizen… auf jeden Fall ist ein Kernthema der LS, Fragen aufzuwerfen, die die Dinge drehen. Allerdings muss bei den Teilnehmer:innen die Bereitschaft dazu vorhanden sein, sich zu öffnen. In besagten alteingesessenen Strukturen müssen die Protagonist:innen erst in die Erkenntnis geführt werden, dass sie für eine erfolgreiche Arbeit etwas anderes brauchen als das, was da ist. Der Themengeberin wird der Spiegel vorgehalten, sie sei allein (vermutet die Runde zumindest) und sie habe nicht den Auftrag (da ist es wieder, da zwickt dann wieder die Erkenntnis, dass der Scrum Master doch auch ständig Strukturen hinterfragen und am besten weit über sein eigenes Team hinaus wirken soll). [Nachträglich betrachtet und nicht Teil der dienstäglichen Diskussion: Den Auftrag, alteingesessene Strukturen zu zerrütten, würde man von Mitgliedern dieser Strukturen vermutlich auch nicht erhalten – die Red.]

Jemand sagt: „Das kommt ja irgendwoher, warum die Leute so arbeiten, wie sie arbeiten.“ Was sehr oft wirke: Personen aus der Umgebung stellen Fragen nach dem „Warum“? Auf diese Weise können alle (zumindest die, die offene Ohren haben) eigene fest eingefahrene Strukturen erkennen und überprüfen. Ein Teilnehmer zitiert dazu Jeff Sutherland: „Zeig mir, dass dein Arbeitssyytem funktioniert!“

 

Was muss passieren für das doppelte PO-Gehalt?

Der Themengeber berichtet von einer Umfrage zu diesem Thema beim Scrum Day (ob repräsentativ oder nicht, ist nicht überliefert), nach der ein Scrum Master sogar etwas mehr als ein PO verdiene. Nach Sicht des Diskutanten müsste aber der PO mehr erhalten. „Dann würde sich das Unternehmen auch sorgfältiger überlegen, wen es auf diese Position setzt.“ Auch was dran.

Ein anderer Teilnehmer differenziert weiter: Ein PO stamme meist aus dem Fachbereich, iin der IT sei der Verdienst aber höher. In den Reihen der POs seien auch öfter keine Akademiker vertreten, wohingegen dies bei Scrum Mastern häufiger Hintergrund sei. Möglicherweise seien diese Fakten Grund für das unterschiedliche Gehalt, aber einen solchen Grund könne man auch hinterfragen. Fazit des Teinehmers: Im eigenen Unternehmen sind Riesen-Gehaltssprünge nicht möglich, den größten Schritt schaffe man über einen Start in einem neuen Unternehmen.

Welches Renommée hat man als "Product Owner"?

Ein anderer wirft ein, dass die Bezeichnung „PO“ zu schlecht besetzt sei. „Wenn ich sage >Chef-Konstrukteur<, dann schwingt gleich was anderes mit.“ Ein weiterer Gast meint, es sei noch gar nicht weithin bekannt, was ein PO ist, auch die Rolle Scrum Master sei noch nicht bekannt. Über Unternehmen urteilt er: „Sie haben sich überhaupt nicht mit dem Thema auseinandergesetzt, sie kennen die Themen und Stellenausschreibungen nicht.“ Dieser Gast zitiert Roman Pichler mit dessen Aussage, ein PO sei ein Produktanager plus X. Das Gehalt eines Produktmanagers müsste als Grundgehalt angesetzt werden. Der PO werde als eine ein bisschen andere Art von Projektleitung gesehen, man müsse viel mehr in die Industrie und in den Mittelstand gehen und das Wissen verbreiten.

Das Grundrauschen an Externen

Eine Teilnehmerin analysiert, dass Unternehmen mit Außenstehenden konfrontiert werden, es gebe ein Grundrauschen von Personen, die 55.000€ Jahresgehalt haben möchten. Die Ausschreibungen enthielten falsche Angaben darüber, was ein PO leisten soll. Die Marktsituation stelle sich so dar, dass Personen von außen in das Unternehmen kommen, und diese müssten damit leben, dass die von außen kommenden Personen mehr verlangen, als das Unternehmen geben möchte. Der Teilnehmer mit dem Einwand der schlechten Stellenanzeigen schätzt, dass 120.000€ p.a. für die Position eines PO angemessen wären. (Dies als Anhaltspunkte für die nächsten Gehaltsverhandlungen, falls das Vertrauen in diese Angaben besteht... 😉)

Hier sind die insgesamt eingebrachten Themen im Überblick:

Am Schluss finden geneigte Leserinnen und Leser hier die dieses Mal übersichtlichen Literaturhinweise aus dem Zoom-Chat:

https://insightsbyborisgloger.com/

https://www.liberatingstructures.com/6-making-space-with-triz/


 

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