Manchmal bekomme ich Anfragen, ob ich noch einen agilen Zaubertipp habe, um die Leistung einer Person oder eines Teams zu verbessern. Die Arbeit sei zu viel, zu komplex, zu fehlerbehaftet oder sonst ein zu irgendwas. Leider habe ich die nicht. Aber ich kann Fragen stellen. Hier stelle ich meine Lieblingsfragen vor.
Was wissen wir über die Abläufe?
Was heißt eigentlich verbessern? Diese Frage ist oft nicht einfach zu beantworten. (Ich persönlich würde immer antworten: ich will nichts anders machen als vorher, aber alle meine Wünsche sollen in Erfüllung gehen.)
Mögliche Antworten: ich möchte mehr Übersicht über das Chaos; wir wollen eher fertig sein; wir wollen nicht so viele Fehler haben.
Ich lasse mir dann erklären, wie die Arbeit abläuft. Am besten rückwärts (den Tipp habe ich von Mike Burows).
Welche unterschiedlichen Vorgänge gibt es?
Als nächste frage ich, ob alle Vorgänge nach dem gleichen Schema ablaufen. Das tun sie meist nicht. Ich bitte meinen Gesprächspartner, die wesentlichen Vorgangsarten aufzulisten, die ca. 80% der Arbeit abbilden und ich möchte wissen, worin sich die Vorgänge unterscheiden. Es gibt z. B. unterschiedliche Themen, unterschiedliche Ansprechpartner oder unterschiedliche Vorgaben.
Im Gespräch stelle ich oft fest, dass die Arbeit zeitlichen Schwankungen unterliegt (z. B. Weihnachtsgeschäft/Urlaubszeit, Arbeiten vor/nach Releaseterminen).
Was müssen wir uns vornehmen?
In vielen Fällen wird die Arbeit ungeregelt angenommen. Daher frage ich nach:
- Welche Themen müssen wir wann und in welche Menge bedienen, um unsere Ziele zu schaffen?
- Wie viele solcher Vorgänge kommen in der entsprechenden Zeit an?
- Wie lange dauert ein Vorgang durchschnittlich?
- Reicht die zur Verfügung stehende Zeit dafür?
(Hinter diesen Fragen steckt das Gesetz von Little.) Jetzt haben wir eine Basis für die nächsten Optimierungsschritte.
Beispiel 1: Restaurantbetrieb
Foto von Zachariah Hagy auf Unsplash |
Was willst Du verbessern? Ich möchte, dass die Leute (Mitarbeiter und Besucher) zufrieden sind.
Wie läuft die Arbeit (abgefragt von hinten nach vorn)?
- Besucher nehmen Platz.
- Sie bekommen die Karte.
- Ich nehme die Bestellung auf. Entweder erst die Getränke und dann das Essen oder beides zusammen.
- Getränke und Essen werden zubereitet.
- Getränke und Essen werden serviert.
- Geschirr wird abgeräumt.
- Die Besucher bekommen die Rechnung und bezahlen.
- Der Platz wird gereinigt.
- Geschirr wird gereinigt und zurückgestellt.
Welche Vorgänge gibt es?
- Mittagessen: es muss in der Regel schnell gehen. Geschäftsleute, geringere Preise als abends
- Kaffee und Kuchen: Touristen oder Leute, die ihre Freizeit genießen.
- Abendessen: hungrige Familien, Geschäftsleute, junge Leute
Welche Themen müssen wir wann und in welcher Menge bedienen, um unsere Ziele zu schaffen?
- Wir haben im Moment mehr Kunden, als wir bedienen können.
Wie viele solcher Vorgänge kommen in der entsprechenden Zeit an?
- ca. 80 Mittagessen in der Zeit von 11:30-14:00 Uhr (150 Min) an 10 Tischen.
- Wir schaffen aber nur 50 Mittagessen in der Zeit. 30 Kunden finden keinen Platz.
Wie lange dauert ein Vorgang durchschnittlich?
- 30 Min.
Reicht die zur Verfügung stehende Zeit dafür?
- Nein.
Jetzt können wir weitere Fragen stellen, um die Mittagsgäste besser zu bedienen:
- Um 80 Mittagessen zu schaffen, müsste die Zeit pro Mittagessen um ca. ein Drittel von 30 Min auf unter 19 Min gekürzt werden. Welche Zeiten davon können wir einsparen?
- Wollen sich überhaupt alle Gäste hinsetzen oder wäre ein Lunchpaket eine Alternative?
- Wie sind die Laufwege? Wie hoch ist die Prozesseffizienz?
Jetzt sind wir an einem Punkt angelangt, an dem der Gesprächspartner selbst erste Ideen entwickelt und weiß, welche Daten er als nächstes einholt.
Beispiel 2: Anfragen im IT-Bereich
Ein Mitarbeiter beschwert sich, weil er regelmäßig kurzfristig Anfragen beantworten muss.
Was willst Du verbessern? Ich möchte, dass die Anfragen mit mehr Vorlauf kommen und dass ich mehr Zeit habe, damit ich weniger Fehler in den Ergebnissen habe.
Wie läuft die Arbeit (abgefragt von hinten nach vorn)?
- Fachabteilung fragt nach einer Datenanalyse.
- Es werden die Details zu Anfrage geklärt.
- Ich prüfe, ob ich solch eine ähnliche Anfrage schon einmal hatte. Wenn ja, nehme ich das alte Beispiel und aktualisiere die Daten. Wenn nein, überlege ich mir ein neues Vorgehen.
- Ich suche die Datenquellen und hole mir die Daten.
- Ich füge die Daten zusammen.
- Ich formatiere die Daten.
- Ich schicke die Daten an den Empfänger.
- Ich schreibe die Stunden dafür auf.
Welche Vorgänge gibt es?
- Anfragen zu Anwendern und Geräten: meist im Rahmen von Budgetverhandlungen oder Projektplanungen; bei Umzügen
- Anfragen zur Benutzung von Software: meist zum Monats- oder Quartalsende
- Anfragen zu Standorten: bei Umzügen
Welche Themen müssen wir wann und in welcher Menge bedienen, um unsere Ziele zu schaffen?
- Keine Ahnung. Aber das lässt sich aus den alten Tickets ermitteln.
Wie viele solcher Vorgänge kommen in der entsprechenden Zeit an?
- Beispiel Userlisten: Ende Oktober gab es in 2 Wochen 10 Anfragen für die Budgetplanung.
Wie lange dauert ein Vorgang durchschnittlich?
- ca. einen halben Tag, aber hinzu kommen Wartezeiten
Reicht die zur Verfügung stehende Zeit dafür?
- Nein, meine Anfragen werden erst spät beantwortet und dann muss ich alles auf einmal machen und es passieren Fehler.
Jetzt können wir weitere Fragen stellen:
- Gibt es absehbare Muster, sodass man schon etwas vorbereiten kann?
- Kann man Zeiten für Zulieferungen schon bei anderen im Voraus reservieren?
- An welcher Stelle entstehen die Fehler?
- Wäre ein Self-Service für bestimmte Analysen denkbar?
Meist entwickeln meine Gesprächspartner danach schnell eigene Ideen.
Welche Fragen stellen unsere Leserinnen und Leser am Anfang einer Prozessverbesserung?
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