Nichts ist so beständig, wie der Wandel? Führungskräfte, BeraterInnen und Change Agents aller Art können darüber oft nur müde lächeln. Für sie gilt eher, dass nichts so beständig ist wie die Beständigkeit. Wie erkennen wir, dass unser Veränderungsvorhaben auf einem guten Weg ist?
Neulich stolperte ich in der Zeitschrift "Neue Narrative" über einen Artikel, in dem es darum ging, wie man in einer Organisation Veränderungen anstoßen und gut begleiten kann. Genau genommen, wie man das "Mindset" einer Organisation verändert. Der Artikel ist ausführlich und gut und in jedem Fall lesenswert.
Doch irgendwie
hinterließ der Text diesen besonderen Nachgeschmack, der sich bei mir öfter einstellt, wenn ich Change-Literatur lese:
Auch in diesem ja wirklich guten und engagierten Artikel blitzt gelegentlich die unselige maschinenhafte Vorstellung von Organisationen durch, die uns so oft die Sicht auf wichtige Dinge verstellt.
Zum Beispiel darauf, was wir WIRKLICH beeinflussen können. Und vor allem: Was dabei eigentlich WIRKLICH wichtig ist.
Sind es alleine die Resultate, die Ergebnisse? Das, "was hinten rauskommt"? Oder geht es nicht doch eher darum, WIE wir die Dinge angehen?
Anders gesagt: Ist unser das Ziel nun das Ziel? Oder doch eher der Weg? Oder beides?
Was ist denn also nun
unsere Aufgabe als Teamentwickler, Organisationsberater, Agile Coaches und Change Agents? Worauf haben wir uns zu konzentrieren? Wirklich nur auf das Ergebnis, also z.B. ein verändertes "Mindset"?
Das Mindset einer GANZEN Organisation? Echt jetzt?
Für Menschen, die Ergebnisse fest im Blick haben sind Veränderungsvorhaben immer irgendwie hart. Das heißt: Für uns alle.
Denn ob es uns nun passt oder nicht:
Wir alle leben in einer Leistungswelt, mit allem, was dazugehört. Zum Beispiel, dass uns von Kindesbeinen an klargemacht wird, dass es immer und überall um LEISTUNG geht.
Und auch, dass Leistung AUSSCHLIESSLICH in Arbeitsergebnissen zu finden ist.
Deshalb hören und sagen wir oft Sätze wie: "Das hast du gut gemacht."(Oder auch: "...NICHT gut gemacht!") Oder: "Wichtig ist, was hinten rauskommt."
Photo: Edgar Rodehack
Also haben wir auch bei Veränderungsvorhaben
das gewünschte, veränderte Mindset oder Handlungsmuster als RESULTAT im Blick. Schließlich haben wir mehr als verinnerlicht, dass wir mit der veränderten Denkweise unsere Ziele erreicht haben.
Und das ist frustrierend
weil wir noch nicht am Ziel sind und da wahrscheinlich auch nicht schnell sein können. Ja vielleicht werden wir da nie ankommen!
Denn SOVIEL wissen wir: Es wird ein langer Weg. Weil ja ALLE verstehen müssen, DASS Veränderung nötig ist. ALLE müssen verstehen, was damit gemeint ist und was das für sie und ihre Bereiche bedeutet. Und sind ja die Dinge auch noch dauerhaft anders zu denken oder zu tun...!
Große Aufgaben aber, das haben wir gelernt
schrecken uns nicht nur nicht ab. Sie motivieren uns! Also schieben wir unseren Frust beiseite und beginnen motiviert mit der Veränderungsarbeit! Das Ziel der Veränderung fest im Blick.
Und dabei haben wir schon einen entscheidenden Fehler gemacht. Denn:
Das Veränderungs-ZIEL ist aber (erstmal) zweitrangig. Nur als Orientierungspunkt taugt es etwas.
Viel wichtiger, eigentlich sogar ENTSCHEIDEND ist, dass wir als Change Agents uns auf unser EIGENES Verhalten im AKTUELLEN Moment achten und fokussieren.
Und dass wir uns sofort und in jedem Moment so verhalten, wie wir es für die gesamte Unternehmung anstreben. So gut es uns das eben möglich ist.
Der Grund hört sich ein bisschen banal an
ist aber nachvollziehbar:
Auch und GERADE bei Veränderungsvorhaben ist der Weg das Ziel.
Denn zwar geht es natürlich um's Resultat, an dem wir später dann auch gemessen werden.
Doch es ist eben der Weg, der uns dorthin bringt. Und ALLES, was auf diesem Weg geschieht.
Wer also einschätzen möchte
wie gut es um das aktuelle Veränderungsvorhaben bestellt ist, frage sich schlicht:
Wie verhalten sich AuftraggeberInnen und Change Agents? Haben Sie eher den Weg im Blick? Oder doch eher das Ziel?
Daran lässt sich ziemlich verlässlich ablesen, wie gut und wie wahrscheinlich der Wandel gelingt.
Edgar Rodehack ist Teamwork-Enthusiast mit einem Faible für agile Formen der Zusammenarbeit. Da trifft es sich natürlich gut, dass er das beruflich macht. Er ist Organisationsberater, Business und Agile Coach, Teamentwickler und Moderator. Außerdem ist er ein Mensch mit Frau und drei Kindern, der viel Spaß am Musikmachen, Schreiben und Lesen hat. Mehr über ihn: www.rodehack.de
Literatur
- Mazzucato, Mariana: Wie kommt der Wert in die Welt? Frankfurt am Main, 2019.
- Ōno, Taiichi: Workplace Management. New York: Productivity Press, 1988.
- Purps-Pardigol, Sebastian: Führen mit Hirn. Mitarbeiter begeistern und Unternehmenserfolg steigern. Frankfurt am Main, 2015.
- Roth, Gerhard: Über den Menschen. Frankfurt am Main, Berlin: Suhrkamp Verlag, 2021.
- Sandel, Michael J.: Vom Ende des Gemeinwohls. Frankfurt a.M., 2020.
- Senge, Peter M.: Die fünfte Disziplin. Kunst und Praxis der lernenden Organisation. Stuttgart, 2011.
- Verheyen, Nina: Die Erfindung der Leistung. München, 2018.
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