Projekte funktionieren nur, wenn Menschen mitmachen. Wie bekommt man sie dazu? Be easy to follow. Ganz einfach. Oder?
Here you find an English version.“There is no movement without the first follower.” Dieser Satz ist im sehenswerten, kurzen Youtube-Video “How to start a movement” von Derek Sivers zu hören, das es zu gewisser Berühmtheit schaffte./1/
Die Kernbotschaft: Tolle Ideen werden noch toller mit Leuten, die mitmachen. Das leuchtet ein. Umso erstaunlicher, dass in so vielen Projekten und Veränderungs-Vorhaben die Frage stiefmütterlich behandelt wird, wie Menschen für die Sache gewonnen werden. Und das, obwohl so viele Entscheider in vielen Experten-Zirkeln gründlich über viele wichtige (und weniger wichtige) Details beraten: Roadmap, Meilensteine, Arbeitspakete, Deadlines. Hintergrund und Sinn werden sich dann schon auf geheimnisvolle Art von alleine erschließen, und die KollegInnen magisch motiviert zur Tat schreiten.
Der bloße Projektauftrag aber, die nackte Information reicht heute selten aus, damit Mitarbeitende blind gehorchend, engagiert und zielgerichtet tun, was man ihnen anschafft. Das ist auch gut so. Denn Fachexperten, die täglich die wertschöpfende Arbeit verrichten, denken auch im Großen mit. Es gehört zu ihrem Job, zu überlegen, bevor sie etwas tun. Damit sie vieles richtig und wenig falsch machen. Das ist ihr Anspruch, und dafür werden sie auch bezahlt. Wie also werden sie, deren Engagement man im Projekt dringend braucht, zu Followern?
“A movement needs to be public.”
Das Vorhaben muss für alle sichtbar und leicht zugänglich sein. Öffentlichkeitsarbeit für die eigene Sache ist zu betreiben. Mit moderner Nettigkeit oder Demokratisierung von Vorgängen hat das nichts zu tun. Sondern schlicht damit, dass Menschen nur so mit größtem Einsatz mitmachen können. Denn Menschen wollen nicht nur gerne selbst entscheiden, ob etwas für sie und andere sinnvoll ist, ob sie also mitziehen. Sie müssen das tun. Denn das ist unser (evolutionäres) Erfolgsmuster.
Sofern es gute (!) Gründe für ein Vorhaben gibt, hat kein Entscheider, Stakeholder oder auch keine Projektgruppe etwas zu fürchten. Im Gegenteil. Die Angesprochenen werden sich früher oder später aus Überzeugung dem dann ja guten Projekt zuwenden und es unterstützen. Wir Menschen wissen nämlich sehr genau (s.o.): Sinnhafte soziale Kooperation - dazu gehört Teamarbeit im Allgemeinen - verschafft uns Vorteile. Sie gibt uns Sicherheit.
Deshalb prüfen wir Menschen immer und meist unbewusst, ob einer Sache selbst und den Menschen, die für sie stehen, zu trauen ist: Ist das alles gut? Ist das vertrauenswürdig? Läuft es in eine gute Richtung? Kann ich mich dem anschließen? Wer ist noch dabei? Lohnt es, sich zu engagieren? Das braucht Zeit. Und Gelegenheiten. Also Situationen, in denen wir Antworten auf unsere Fragen bekommen und Vertrauen aufbauen können. Persönlicher oder auch organisatorischer Sinn oder Vertrauen entstehen nicht durch Reden, Zuhören, Versprechungen oder Glaube, sondern einzig durch Erleben. Das müssen wir dann auch wiederholt: Erleben. Nicht nur lesen oder hören. Am eigenen Leibe erfahren, dass eine Sache wichtig, gut und also: sinnhaft ist.
Walk your talk
Wer will, das man ihm oder ihr vertraut und folgt, muss deshalb mit (gutem!) Beispiel vorangehen, also “Walk your Talk” betreiben. Immer wieder ist zu beweisen: “Wir meinen es ernst, wir wollen das und brauchen euch dafür. Es ist (uns) dringend und wichtig. Deshalb sind wir auch bereit, uns selbst zu engagieren, reinzuhängen oder uns auch zu verändern.” Führen und Sich-führen-Lassen sind nur so möglich: Durch Vorleben dessen, was man selbst einfordert.
Bleibt das aus oder - schlimmer noch - wird das eine gesagt und das andere getan, ist dies für alle (!) das sichere (!) Zeichen, dass die Angelegenheit nicht wichtig, nicht ernst gemeint, vielleicht sogar ein gefährlicher Nepp ist. Also: Besser nicht darauf einlassen! Könnte gefährlich sein. Zeit- und Energieverschwendung. Unattraktiv. Unnütz. Die Sache wird so abgebrochen, bevor sie beginnt. “Walk your Talk”, Führen durch Vorbild, ist also fraglos ein entscheidendes Prinzip für den Erfolg unternehmerischer Vorhaben. Alle, die für Projekte begeistern wollen, die sie führen, anleiten, anschieben, haben es zu befolgen: Führungskräfte, Projektleiter, Projektgruppen...
Doch Vorleben - walk your talk - alleine reicht nicht aus. Talk your walk gehört eben auch dazu. Denn wer nicht gesehen wird, kann kein Vorbild sein. Wer sich aufmacht, ohne es anzukündigen, wird alleine gehen. Wer von einer Bewegung nichts mitbekommt, kann sich ihr nicht anschließen.
Be easy to follow!
Deshalb wird jedes erfolgreiche Vorhaben von Anfang bis Ende (!) mit einem ehrlichen, offenen und erwachsenen Austausch darüber begleitet. Immer wieder werden öffentlich die Ziele, Ideen, Hintergründe und Planungen erläutert, diskutiert, angezweifelt, ergänzt, verändert. Dadurch wird das Projekt sichtbar und es entwickelt sich, es wird besser. Indem man zeigt, welche Entscheidungen anstehen, welche Überlegungen es dazu gibt. Indem Fragen geklärt, Feedback eingeholt und gemeinsam entschieden wird. Viele Mittel stehen dafür zur Verfügung. Leichtgängige, unkomplizierte und vor allem interaktive Formate sind dazu besser als aufwendige Einweg-, Verkaufs- oder Überzeugungs-Formate. Es geht schließlich um Austausch.
Wenn auch Sie für erfolgreiche Ergebnisse in Projekten verantwortlich sind, veranstalten Sie also Projekt-MeetUps, Open Spaces, Townhall-Meetings. Informieren Sie regelmäßig im Projekt-Blog oder im Projekt-Podcast. Berichten Sie in der Mitarbeiterzeitung oder im Intranet über den Stand. (Gibt es eigentlich noch das schwarze Brett?) Veranstalten Sie regelmäßige öffentliche Projekt-Retrospektiven oder Fuck-Up-Nights. Zeigen und diskutieren Sie öffentlich, was Sie gemeinsam erreicht, was sie gemeinsam gelernt haben. Und feiern Sie das gemeinsam und öffentlich. Kurz: Machen Sie es sich und anderen möglichst leicht, sich gerne der Sache anzuschließen!
Be easy to follow. Walk your talk. Talk your walk. Alles dieselbe Sache.
Edgar Rodehack ist Teamwork-Enthusiast mit einem Faible für agile Formen der Zusammenarbeit. Da trifft es sich natürlich gut, dass er das beruflich macht. Er ist Organisationsberater, Business und Agile Coach, Teamentwickler und Moderator. Außerdem ist er ein Mensch mit Frau und drei Kindern, der viel Spaß am Musikmachen, Schreiben und Lesen hat. Mehr über ihn: www.rodehack.de
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