Direkt zum Hauptbereich

Scrum richtig skalieren mit Scrum@Scale

Ende Oktober habe ich das Global Scrum Gathering in Wien besucht. Eine so große Scrum Konferenz bietet so viele Gelegenheiten für Gespräche. Während der dreieinhalb Tage habe ich mit vielen Kollegen gesprochen. Nach einigen Gesprächen habe ich mich umgedreht, konnte drei Meter weit laufen, bevor ich auf die nächsten alten Bekannten traf.

Viele Gespräche habe ich an unserem Scrum@Scale-Stand geführt. Dabei habe ich mitbekommen, dass es vermutlich einige Missverständnisse darüber gibt, was Scrum@Scale eigentlich ist. In diesem Artikel möchte ich auf das Wesen von Scrum@Scale hinweisen, und dass es kein Skalierungs-Framework wie SAFe oder LeSS ist.

Am häufigsten habe ich die Frage gehört, warum Jeff Sutherland denn nun ein neues Framework geschaffen hätte und wie es sich von bestehenden Frameworks unterscheiden würde. Und so, wie es aufgebaut wäre, wäre es doch auch nur eine andere Beschreibung einer hierarchischen Organisation. Ich habe den Eindruck, dass nur Praktiken bekannt geworden sind, nicht aber das eigentliche Wesen.

Deshalb möchte ich kurz beschreiben, was Scrum@Scale eigentlich ist.

  1. Scrum@Scale ist im Kern Scrum. Dabei geht es nicht darum, so viele Teams wie möglich zu bilden. Es geht darum, dass sich eine Organisation mit Scrum sättigen kann, und zwar so, wie sie es braucht. Bevor wir darüber nachdenken, Scrum in der ganzen Organisation auszubreiten, versuchen wir zuerst, mit einem oder wenigen Teams mit Scrum zu beginnen. Und zwar so, dass Scrum gut läuft. Das messen wir daran, dass die Teams in jedem Sprint etwas liefern können, dass Kunden mit den Lieferungen und die Teams mit ihrer Arbeitsumgebung zufrieden sind, und dass sich die Teams kontinuierlich verbessern können. Wenn die Führung eines Unternehmens auch noch dabei erwischt wird, die Teams zu unterstützen und Hindernisse zu beseitigen, vielleicht sogar selbst als Scrum Team zu arbeiten, dann kann man darüber nachdenken, auch in anderen Teams oder Unternehmensbereichen Scrum einzuführen. 
  2. Systeme können sich dann gut entwickeln, wenn sie „skalenfrei“ oder „skaleninvariant“ sind  (/1/). Das funktioniert gut mit einer objektorientierten Architektur. Ein objekt-orientiertes System ist so aufgebaut, dass Module oder Komponenten miteinander kommunizieren. „Der Schlüssel zur Entwicklung großer und erweiterbarer Systeme liegt eher darin, zu entwerfen wie die Module kommunizieren, als zu entwerfen, was ihre internen Eigenschaften und die Verhaltensweisen sein sollten." (/2/). Daher sind das Wesen von Scrum@Scale seine 12 Komponenten (s. Bild). Jede Komponente hat Ziele, liefert Ergebnisse (Outputs) und benötigt dafür die Ergebnisse anderer Komponenten (als Inputs). Sie sind im Scrum@Scale Guide beschrieben (/3/). 

Das Scrum@Scale Framework (Quelle: https://www.scrumatscale.com)


Genauso wie Scrum, ist Scrum@Scale leichtgewichtig. Wenige Regeln sollen dabei helfen, dass jeder das System versteht. Z.B. lernen Teilnehmer eines Scrum Trainings ihre Instinkte zu schulen: Sobald etwas nicht gut funktioniert, konzentriert sich ein Scrum Master auf „Transparency, Inspection & Adaption“, auf die Scrum Werte Fokus, Respekt, Offenheit, Mut und Commitment und auf das Scrum Framework selbst. Oder anders ausgedrückt: Es geht nicht um Praktiken oder Tools, es geht darum, die Situation transparent zu machen, die Teammitglieder darauf aufmerksam zu machen, wie die Scrum Werte und das Framework helfen können, um die Situation zu verbessern.

Genauso funktioniert das mit Scrum@Scale. Hier geht es nicht um Skalierungs-Praktiken wie „Scrum of Scrums“ oder „Meta Scrums“. Es geht darum, auf die Prinzipien zu schauen: Welches Hindernis ist gerade am wichtigsten und welche Komponente könnte dabei helfen, die Situation zu lösen?

Einige Beispiele:
  1. Nehmen wir an, dass ein Unternehmen gerade von Qualitätsmängeln seiner Produkte existenziell gefährdet ist. In diesem Fall würden die Scrum Master als nächstes dabei helfen, dass in der Komponente Deployment eine Lösung erarbeitet wird.
  2. Wenn Innovationen für das Unternehmen am wichtigsten sind, schaut man die Komponenten des Product Owner Zyklus‘ an, vermutlich die Komponente Feedback besonders.
  3. Wenn der Druck, möglichst schnell agil zu werden, sehr hoch ist, prüft man, ob die Komponente Executive Action Team wirklich funktioniert.

Scrum@Scale ist also nicht ein Skalierungsframework wie SAFe oder LeSS, die viele Praktiken bereithalten. Scrum@Scale bietet einen leichtgewichtigen Überblick über eine Organisation und immer einen nächsten (kleinen) Schritt, wie sie verbessert werden kann.

"Incrementally crafting your organization."

Verweise:

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Wofür braucht man einen Aktenplan?

Es muss im Jahr 2000 gewesen sein. In meinem Job hatte ich ein breites Feld an Aufgaben und ich wollte den Überblick behalten. Ich kannte mich schon mit verschiedenen Zeitmanagementsystemen aus. Aber mein Schreibtisch und meine elektronische Ablage wurden immer unübersichtlicher. Wer könnte noch ein Problem in der Ablage haben? Die Lösung fand ich in einem Handbuch für Sekretärinnen: einen Aktenplan. Ohne ihn wäre mein Leben anders verlaufen.

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Transparenz als Schlüssel zum Erfolg: 20 Reflexionsfragen für moderne Organisationen

Transparenz ist das Herzstück erfolgreicher Teams. Sie schafft Vertrauen und fördert Zusammenarbeit. Wenn alle Zugang zu den notwendigen Informationen haben, können sie fundierte Entscheidungen treffen und gemeinsam Lösungen erarbeiten. Dies führt zu höherer Effizienz, schnelleren Entscheidungsprozessen und besseren Arbeitsergebnissen. Transparenz ist mehr als ein Schlagwort – es gilt, sie greifbar zu machen, ein gemeinsames Verständnis davon zu entwickeln und es in die Praxis umzusetzen. Wie das gelingt und welche Vorteile es für Euer Team und Eure Organisation bringt, erkunden wir im Folgenden.

Rebellieren für den Wandel: die 8 Regeln des totalen Stillstandes von Prof. Dr. Peter Kruse

In einem legendärem Vortrag skizzierte Peter Kruse 8 Regeln des totalen Stillstands. Ihm zufolge wurden die Regeln entwickelt, um Managern und Führungskräften dabei zu helfen, Bereiche mit potenziellem Widerstand gegen Veränderungen zu erkennen und Menschen auf strukturierte Weise durch den Veränderungsprozess zu führen.

Remote Energizer – Frische Energie für Online-Meetings (Teil 1)

Remote Meetings können anstrengend sein – müde Augen, sinkende Konzentration und ein angespanntes Team. Aber keine Sorge: Mit den richtigen Energizern bringst du Schwung und Motivation in jede Online-Session! In diesem ersten Teil zeige ich dir vier Übungen, die schnell für gute Laune sorgen und deinen Meetings neuen Schwung verleihen.

Der Call for Workshops für den Scrum Day 2025 ist geöffnet

Der persönliche Austausch auf einer Konferenz hilft beim Lösen der eigenen Probleme im Unternehmen. Hier sind ein paar Vorschläge aus der Community für den nächsten Scrum Day. Ihr könnt jetzt Vorschläge für das Programm einreichen.

Kategorien in Outlook - für das Team nutzen

Kennen Sie die Kategorien in Outlook? Nutzen Sie diese? Wenn ja wofür? Wenn ich diese Fragen im Seminar stelle, sehe ich oft hochgezogene Augenbrauen. Kaum jemand weiß, was man eigentlich mit diesen Kategorien machen kann und wofür sie nützlich sind. Dieser Blogartikel stellt sie Ihnen vor.

Die Stimmung in Deinem Team drehen? So wird’s gemacht.

Oder ähnlich. Mir gefiel der Titel. Vor ein paar Tagen hat mich jemand angesprochen und von einem, wohl etwas frustrierenden, virtuellen Teammeeting erzählt. Die Teammitglieder zogen lange Gesichter, schauten grimmig in ihre Kameras. Ich habe mich dann gefragt, was ich tun würde, wenn ich in so einer Situation wäre. In diesem Blogpost beschreibe ich ein paar Tipps mit denen Du die Stimmung in Deinem Team (und Deine eigene) verbessern kannst.

Wenn dein Team die Anforderungen blockt: 12 Tipps für Product Owner*innen

Liebe Product Owners, wir müssen reden. Schon wieder eine Anforderung, die im Nirgendwo landet? Zeit, das Ganze anders anzugehen. Ihr kennt das Spiel: Anforderungen sind ausgearbeitet, und doch läuft es im Team holprig. Was fehlt? Oft sind es Klarheit, realistische Erwartungen und ein bisschen Fingerspitzengefühl. Doch keine Sorge! Mit ein paar praktischen Tipps könnt ihr Missverständnisse vermeiden, Blockaden umgehen und den Entwicklungsprozess so richtig in Fahrt bringen – natürlich in Zusammenarbeit mit eurem Scrum Master. Hier sind zwölf Regeln, die euch helfen, das Team auf Kurs zu bringen und das Chaos in produktive Zusammenarbeit zu verwandeln. Wir zeigen dabei auch, wo der Scrum Master unterstützen kann, damit ihr eure Rolle als Product Owner noch besser erfüllen könnt. Häufige Stolperfallen: Warum Anforderungen oft scheitern Bevor wir ins Eingemachte gehen, kurz zu den typischen Stolperfallen. „Klare Anforderungen“? Klingt gut, scheitert aber sehr häufig an der realen Praxis. ...

Als Team innehalten für ein neues Jahr

Es ist eine schöne Tradition, den Jahreswechsel für das persönliche Innehalten zu nutzen. Als einzelne Person blickt man zurück, reflektiert und wünscht sich etwas für das neue Jahr. Einige Menschen nehmen sich etwas für das neue Jahr vor. Aber geht es auch auf der Ebene eines Teams?