Direkt zum Hauptbereich

Product Owner im Jahr 1899

Teams, die sich zum ersten Mal mit Scrum beschäftigen, tun sich schwer mit der Rolle "Product Owner". Was macht diese Person genau? Wie sieht ihr Alltag aus? An welcher Stelle im Organigramm finde ich potenzielle Product Owner? Vielleicht hilft hier ein Blick in die Geschichte.

Die Wright-Brüder fangen an, Flugzeuge zu bauen

Im Jahr 1899 schreiben die Wright-Brüder einen Brief an das Smithonian Institut und bitten darin um Literatur zum Flugzeugbau. Im Jahr 1903 sind sie schließlich erfolgreich. Orville und Wilbur Wright hatten ein Fahrradgeschäft mit Werkstatt in Dayton, Ohio. Sie waren breit gebildet. In ihrem Elternhaus hatten sie Zugang zu vielen Büchern. Aber im Flugzeugbau waren sie bis 1903 völlig unbekannt. Chanute, Langley oder Herring waren die Experten jener Zeit. Diese hatten das Wissen, ein breites Netzwerk und Geld. Wie konnten die Wright-Brüder erfolgreich sein?

Orville Wright und sein Freund Edwin H. Sines in der Wrightschen Fahrradwerkstatt (Quelle: Library of Congress)

Lernen durch Experimente

Der tödliche Absturz von Otto Lilienthal im Jahr 1896 war für die Wright-Brüder der Anlass, sich in das Thema einzuarbeiten. Über Octave Chanute bekamen sie Zugang zur Arbeitsweise von Lilienthal. Ihnen wurde schnell klar, dass Lilienthals Gleiter nicht stabil fliegen konnte. Und: ihnen war klar, dass sie das Problem durch Experimente lösen konnten. Sie fingen an, Windtunnel zu bauen und mit Flugdrachen zu experimentieren.

Sie versuchten, die Daten von Lilienthal zu rekonstruieren, kamen aber zu anderen Ergebnissen. Am Ende haben sie viele neue Daten erzeugt. Sie hatten durch ihre Experimente auch herausgefunden, dass ein bekannter Koeffizient für den Auftrieb falsch war. So gelang es ihnen, einen Motor mit Propeller zu bauen, der genug Schub erzeugte, um das Fluggerät inkl. Pilot anzuheben. Orville und Wilbur wussten genau, worauf sie achten mussten. Mit ihren beschränkten Mitteln blieb ihnen auch nichts anderes übrig. War ihre Arbeitsweise Zufall oder genial? Keins davon.

Maschinenbauer arbeiten empirisch

Otto Lilienthal spielt eine interessante Rolle. Er war mit seinem Bruder nach Berlin gekommen. In ihrer Heimat hatten sie den Vorläufer von Lego-Steinen entwickelt. In Berlin studierte Otto bei Franz Reuleaux. Reuleaux hatte einen großen Einfluss. Er prägte für mind. hundert Jahre den Maschinenbau in Deutschland. Reuleaux hat schon seiner Zeit als Student erkannt, dass man die Wirkungen von komplizierteren Maschinen nicht mehr ausrechnen kann. Er schlägt ein empirisches Vorgehen (im Gegensatz zu einem mathematischen Verfahren) vor. Das ist insofern bedeutend, als Otto dies im Studium gelernt hat, nicht aber sein Bruder Gustav. Gustav hätte nach Ottos Tod die Entwicklung der Gleiter vorantreiben können. Da er die Vorgehensweise nicht verstand, konnte er das Geschäft nicht weiterführen. In diese Lücke sprangen die Wright-Brüder. Einer der Wrights kam übrigens später nach Deutschland und überreichte Ottos Witwe als Anerkennung 1.000 Dollar.

Was bedeutet das für einen Product Owner?

POs stellen Fragen und starten dazu Experimente. Sie sammeln Daten, um ihre Fragen zu beantworten und um Zusammenhänge besser zu verstehen. Sie haben ein Gefühl dafür, was möglich ist. Mit ihren eigenen Daten können sie Gegebenes in Frage stellen. Das gibt ihnen einen Vorsprung.

Wie können Sie anfangen, wenn Sie Product Owner sind und noch keine Daten sammeln? Formulieren Sie Fragen. Nicht viele, aber wesentliche. Sehen Sie sich die bisherigen Daten an. Entwickeln Sie kleine Modelle, bevor Sie den großen Sprung wagen. 

Ihr wollt mehr über Scrum wissen? Wir haben eine Übersichtsseite zu Scrum, über die man sich in die wichtigsten Artikel in diesem Blog einlesen kann.

 


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Wie lassen sich Ergebnisse definieren? - Drei Beispiele (WBS, CBP und BDN)

Ich habe schon darüber geschrieben, warum das Definieren von Ergebnissen so wichtig ist. Es lenkt die Aufmerksamkeit des Projektteams auf die eigentlichen Ziele. Aber was sind eigentlich Projektergebnisse? In diesem Beitrag stelle ich drei Methoden vor, um leichter an Ergebnisse zu kommen.

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Wie Agilität den Kundennutzen steigert - Einige Argumente für Berater:innen

In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit fragen sich viele, ob agile Beratung noch eine Zukunft hat. Die Antwort liegt in der konsequenten Orientierung am Kundennutzen. Qualität setzt sich durch, wenn sie messbare Verbesserungen bei Umsatz, Kosten und Leistungsfähigkeit bewirkt, anstatt sich in Methoden und zirkulären Fragen zu verlieren. Dieser Artikel zeigt, wie agile Beratung nachhaltige Veränderungen in Unternehmen schafft und warum gerade jetzt gute Berater:innen gebraucht werden, um Organisationen widerstandsfähiger zu machen.

Warum eine Agile Transformation keine Reise ist

Die agile Transformation wird oft als eine Reise beschrieben. Doch dieser Vergleich kann viele Unternehmen in die Irre führen oder Bilder von unpassenden Vergleichen erzeugen. Transformationen sind keine linearen Prozesse mit einem klaren Ziel, sondern komplexe und dynamische Entwicklungen. Dieser Artikel zeigt, warum Agilität kein Weg mit einem festen Endpunkt ist.

Kleine Organisationsveränderungen, die direktes Feedback erzeugen

Große Veränderungen sind in einer Organisation schwer zu messen. Oft liegt zwischen Ursache und Wirkung ein langer Zeitraum, sodass die Umsetzer:innen nicht wissen, was genau gewirkt hat. Hier ist eine Liste mit kleinen Maßnahmen, die schnell etwas zurückmelden.

Agile Leadership – Führst du noch oder dienst du schon?

Die Arbeitswelt verändert sich. Und das spüren nicht nur Führungskräfte, sondern vor allem Mitarbeitende. Immer mehr Menschen hinterfragen den Sinn ihrer Arbeit, erwarten Respekt, Vertrauen und eine Unternehmenskultur, die echte Zusammenarbeit ermöglicht. Studien wie die Gallup-Studie 2025 oder die EY-Jobstudie zeigen: Der Frust am Arbeitsplatz wächst – und mit ihm die Unzufriedenheit mit der Führung. Höchste Zeit, umzudenken. Genau hier setzt agile Führung an. 1. Warum agile Führung heute entscheidend ist  Klassische Führung – hierarchisch, kontrollierend, top-down – funktioniert immer weniger. Die Zahlen sind eindeutig:  Laut Gallup fühlen sich nur noch 45 % der deutschen Beschäftigten mit ihrem Leben zufrieden. Fast jede dritte Kündigung erfolgt wegen der Führungskraft. Nicht das Gehalt, sondern mangelnde Wertschätzung, fehlendes Vertrauen und ein schlechtes Arbeitsumfeld treiben Menschen aus Unternehmen.  Agile Führung bietet eine Alternative, die auf Vertrauen, Selbs...

Ent-Spannen statt Platzen: Erste Hilfe für mehr Vertrauen und Resilienz im Team

Zwei Themen die mir in den letzten Wochen immer wieder über den Weg laufen sind Vertrauen und Resilienz. Vertrauen als das Fundament für gemeinsame Zusammenarbeit und Resilienz als die Fähigkeit, Herausforderungen, Stress und Rückschläge zu bewältigen und gestärkt daraus hervorzugehen.  In dem Blogpost möchte ich ein paar Erste-Hilfe Interventionen teilen, die zu mehr Vertrauen und Resilienz im Team führen können - gerade wenn die Emotionen hochkochen und es heiss her geht im Team. Die „Mist-Runde“: Ärger Raum geben. In konfliktbeladenen oder belasteten Teams kann es eine große Herausforderung sein, eine offene Kommunikation und ein respektvolles Miteinander zu fördern. Eine einfache, aber äußerst effektive Methode, um Spannungen abzubauen, ist die „Mist-Runde“ . Diese Intervention, die ich zuerst bei Veronika Jungwirth und Ralph Miarka kennengelernt habe, gibt den Teilnehmern einen geschützten Raum, in dem sie ihre Frustrationen und negativen Gedanken ohne Zensur äußern können un...

Microsoft Lists: mit Forms und Power Apps komfortabel mobil arbeiten

In meinem Kundenkreis sind viele Menschen, die den Arbeitsalltag nicht vorwiegend auf dem Bürostuhl sitzend verbringen, sondern "draußen" unterwegs sind. Vielleicht in Werkstätten oder im Facility-Management. Es ist so wichtig, dass die Schnittstellen zu den Abläufen im Büro gut abgestimmt sind. Microsoft 365 hat so einiges im Baukasten, man muss es nur finden und nutzen.  In diesem Artikel spiele ich ein Szenario durch, das auf Microsoft Lists, Forms und - für die Ambitionierteren - Power Apps setzt.

Selbstbewertungsfragen für den Alltag in Arbeitsgruppen aus Sicht von Mitarbeitenden

Welche Fragen können wir Mitarbeiter:innen stellen, um herauszufinden, ob agiles Arbeiten wirkt? Es gibt bereits eine Menge an Fragebögen. Aber ich bin nicht immer zufrieden damit.