Direkt zum Hauptbereich

Gehört Atmen zu Teamwork?


Wie bitte? Was hat Atmen mit Teamwork zu tun?

Wer in Ihrem Team hat die höchste Stimme von allen? Wie gut können Sie dieser Person zuhören? Wie fühlt sich Ihr Kehlkopf an, wenn Sie dieser Person länger zuhören (müssen)? Fängt es irgendwo an zu kratzen? Müssen Sie sich räuspern? Wie genau bleiben Ihnen die Inhalte im Kopf, die diese Person gesagt hat? Wie sehr stimmen Sie der Person zu?

Haben Sie mal beobachtet, wie die Person atmet? Was bewegt sich ihrem im Oberkörper, wenn sie spricht? Wieviel Zeit und Freiraum nimmt sie sich für ihren Atem? Wie viel Raum gibt sie anderen im Team?

Vermutlich atmet sie zu flach, im Oberkörper bewegt sich sehr wenig. Wenn Sie ihr zuhören fühlt sich Ihr eigener Kehlkopf angestrengt an und vielleicht finden Sie ihre Äußerungen auch nicht immer überzeugend. Sie fühlen sich vielleicht grundsätzlich etwas gehetzt in ihrer Anwesenheit. Irgendwie unwohl. Woran liegt das?

Unser Kehlkopf spiegelt die Bewegungen des Sprechenden


Wenn wir jemandem zuhören, macht unser eigener Kehlkopf die Bewegungen des Sprechers, vielmehr seine Bewegungen im Kehlkopf mit. Wenn also jemand seine eigene Stimme anstrengt, strengt uns das auch an. Wir können weniger gut zuhören und die Inhalte kommen weniger überzeugend bei uns an. Sobald also ein Teammitglied seine Stimme anstrengt, strengt er damit seine anderen Teammitglieder auch an.


Zwei einfache Übungen helfen


Die häufigsten Ursachen für eine hohe Stimme sind ein zu flacher Atem, eine zu geringe Kieferöffnung beim Sprechen, Zungen- und Lippenträgheit und Müdigkeit. Mehr Schlaf hilft der Stimme, eine größere Kieferöffnung und mehr Zungen- und Lippenaktivität erfordern häufiges Training. Tiefer Atmen und den Atem beim Sprechen zu nutzen lassen sich am einfachsten üben und zeigen schnell Wirkung. Hier sind zwei Übungen.

Den „inspiratorischen Zug“ nutzen


Wir müssen unseren Körper nicht dazu erziehen, tief einzuatmen. Wir müssen vor dem Sprechen auch nicht aktiv einatmen, damit unsere Stimme voller wird. Es reicht völlig unserem Körper zu sagen, dass wir viel Luft brauchen und ihn dann machen zu lassen.

Setzen Sie sich einen Augenblick hin, schließen Sie die Augen (nachdem Sie diesen Absatz gelesen haben), und beobachten Sie Ihren Atem, oder genauer: Was passiert nach dem Moment, nach dem Sie ausgeatmet haben? Ihr Körper zieht die Luft automatisch ein - auch „inspiratorischer Zug“ genannt. Beobachten Sie, welche Bewegung z.B. in Ihrem unteren Bauch und Rücken der inspiratorische Zug auslöst. Was darf sich in Ihrem Oberkörper bewegen? (Achtung: Ein Anheben der Schultern ist für eine volle Stimme nicht notwendig.) Sie können die Atembewegung forcieren. Je kräftiger und länger Sie ausatmen, z.B. bequem auf den Laut „f“, desto mehr wird Ihr Körper einatmen und, wenn Sie es sich gestatten, Ihrem Oberkörper eine angenehme Massage verpassen.

Probieren Sie diese Übung für fünf Minuten aus. Beobachten Sie, was sich am Anfang in Ihrem Oberkörper bewegt und wie sich Ihr Oberkörper danach anfühlt und welchen Einfluss das auf Ihre Stimme hat.

Ein Satz, ein Gedanke, ein Atemzug


Mit der nächsten Übung übertragen Sie Ihren neue Atemkapazität auf Ihr Sprechen: Suchen Sie sich einen langen Satz aus, der mehrere Zeilen lang ist, vielleicht einen Satz aus dem Leitbild Ihres Unternehmens. Z.B. diesen hier: „Der Ausschuss berät und überwacht den Vorstand bei Maßnahmen, die die wirtschaftliche Entwicklung der Bank langfristig sicherstellen und gleichzeitig dazu beitragen sollen, natürliche Ressourcen zu schützen, soziale Verantwortung zu übernehmen und die Prinzipien einer verantwortungsbewussten Unternehmensführung zu beachten.“ (/1/)

Stellen Sie sich an eine Wand, atmen Sie bewusst aus, sagen Sie Ihrem Körper, dass er viel Luft braucht, lassen Sie den inspiratorischen Zug walten und versuchen Sie den Satz in einem Atemzug zu einem Punkt an der gegenüberliegenden Seite zu sprechen. Und zwar so, dass dieser Punkt, den Sie ansprechen, den Satz versteht. Wenn Ihnen der Atem zwischendurch ausgeht, machen Sie einfach eine kurze Pause, lassen den Atem wieder einströmen, und sprechen weiter, mit dem Ziel, dass sich Ihr Zuhörerpunkt den Inhalt genau vorstellen kann. Vermeiden Sie allerdings, jeweils bei den Kommata eine Pause zu machen. Wenn wir sprechen machen wir ja auch nicht immer dort eine Pause, wo ein Komma stehen würde.

Wiederholen Sie diese Übung so lange, bis Sie den Satz bequem ohne Atempausen durchsprechen können und gleichzeitig den Eindruck haben, dass Ihr Zuhörerpunkt Ihrem Gedankenfluss folgen kann. Jetzt haben Sie zwei Dinge geübt: Den Atem für Ihre Stimme zu nutzen und gleichzeitig Ihre Zuhörer in Ihren Gedankenfluss mit einzubinden. Und dabei haben Sie es zusätzlich geschafft, vermeintlich sinnhafte Sätze überzeugend zu vermitteln.

Zurück zum Teamwork: Genauso, wie wir im Team lernen können, uns besser zuzuhören, z.B. indem wir lernen darauf zu hören, was anders sein könnte oder darauf zu achten, wo wir etwas Neues lernen könnten ("listen for what's different"), genauso können wir im Team darauf achten, mit unserem Atem Ruhe ins Team zu bringen. Und wenn wir sprechen uns darauf zu konzentrieren, dass unsere Zuhörer uns verstehen.

Anmerkung
  • (/1/) Ein Auszug über den Integritätsausschuss der Deutschen Bank, gefunden hier: https://www.db.com/cr/de/konkret-kulturwandel.htm



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Transparenz als Schlüssel zum Erfolg: 20 Reflexionsfragen für moderne Organisationen

Transparenz ist das Herzstück erfolgreicher Teams. Sie schafft Vertrauen und fördert Zusammenarbeit. Wenn alle Zugang zu den notwendigen Informationen haben, können sie fundierte Entscheidungen treffen und gemeinsam Lösungen erarbeiten. Dies führt zu höherer Effizienz, schnelleren Entscheidungsprozessen und besseren Arbeitsergebnissen. Transparenz ist mehr als ein Schlagwort – es gilt, sie greifbar zu machen, ein gemeinsames Verständnis davon zu entwickeln und es in die Praxis umzusetzen. Wie das gelingt und welche Vorteile es für Euer Team und Eure Organisation bringt, erkunden wir im Folgenden.

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Zu viel zu tun? Planen Sie Ihre ideale Woche

Wir hören immer wieder, dass Teams zu viel zu tun haben. Aber woher wissen wir eigentlich, was zu viel genau bedeutet? Hier ist ein ungewöhnlicher Tipp: Treffen Sie Annahmen über eine gute Menge. Planen Sie eine ideale Woche.

Wenn dein Team die Anforderungen blockt: 12 Tipps für Product Owner*innen

Liebe Product Owners, wir müssen reden. Schon wieder eine Anforderung, die im Nirgendwo landet? Zeit, das Ganze anders anzugehen. Ihr kennt das Spiel: Anforderungen sind ausgearbeitet, und doch läuft es im Team holprig. Was fehlt? Oft sind es Klarheit, realistische Erwartungen und ein bisschen Fingerspitzengefühl. Doch keine Sorge! Mit ein paar praktischen Tipps könnt ihr Missverständnisse vermeiden, Blockaden umgehen und den Entwicklungsprozess so richtig in Fahrt bringen – natürlich in Zusammenarbeit mit eurem Scrum Master. Hier sind zwölf Regeln, die euch helfen, das Team auf Kurs zu bringen und das Chaos in produktive Zusammenarbeit zu verwandeln. Wir zeigen dabei auch, wo der Scrum Master unterstützen kann, damit ihr eure Rolle als Product Owner noch besser erfüllen könnt. Häufige Stolperfallen: Warum Anforderungen oft scheitern Bevor wir ins Eingemachte gehen, kurz zu den typischen Stolperfallen. „Klare Anforderungen“? Klingt gut, scheitert aber sehr häufig an der realen Praxis. ...

Rebellieren für den Wandel: die 8 Regeln des totalen Stillstandes von Prof. Dr. Peter Kruse

In einem legendärem Vortrag skizzierte Peter Kruse 8 Regeln des totalen Stillstands. Ihm zufolge wurden die Regeln entwickelt, um Managern und Führungskräften dabei zu helfen, Bereiche mit potenziellem Widerstand gegen Veränderungen zu erkennen und Menschen auf strukturierte Weise durch den Veränderungsprozess zu führen.

Pragmatisch oder nur “Quick and Dirty”?

“Wir müssen aber pragmatisch vorgehen”, drängt der Kollege. Hm… Im Wörterbuch finde ich für “pragmatisch” in etwa: sachbezogenes, praktisches Handeln. Klingt gut. Leider zeigt sich in meinen Erfahrungen, dass pragmatisch für viele doch eher “quick and dirty” bedeutet. Es soll schnell fertig werden. Aber auf welche oder wessen Kosten? Wo ist die Grenze? Warum steht “praktisch” im Konflikt mit einem langfristigen “Nützlich”? Muss das sein?

Und jetzt alle zusammen! Teams - OneNote - Aufgaben - To Do

Ein Meeting jagt das nächste. Sich da nicht zu verzetteln, wird  im Zeitalter virtueller Besprechungen  noch anspruchsvoller. Kein Wunder, dass  im Zusammenhang mit Microsoft 365  zwei Fragen besonders häufig auftauchen: Wie dokumentiert man Besprechungen gut? Was hilft, offene Aufgaben nachzuhalten? Eine gute Lösung: Das in MS Teams integrierte OneNote-Notizbuch als gemeinsame Plattform auch für den Aufgabenüberblick zu nutzen.

Kategorien in Outlook - für das Team nutzen

Kennen Sie die Kategorien in Outlook? Nutzen Sie diese? Wenn ja wofür? Wenn ich diese Fragen im Seminar stelle, sehe ich oft hochgezogene Augenbrauen. Kaum jemand weiß, was man eigentlich mit diesen Kategorien machen kann und wofür sie nützlich sind. Dieser Blogartikel stellt sie Ihnen vor.

5 Gründe, warum wir jetzt über die Zukunft nachdenken sollten

Wer hätte im Jahr 2019 gedacht, dass so viele Menschen heute im Home-Office arbeiten können und dass die Firma trotzdem funktioniert? Wer hätte damals gedacht, dass wir heute wie selbstverständlich KI-Werkzeuge nutzen können? Ich will mich nicht der Aussage anschließen, dass sich die Welt immer schneller dreht. Es ist egal, wie schnell sie sich dreht, weil es sich immer lohnt, über die Zukunft nachzudenken. Und das muss nicht kompliziert sein.

Meetings in Scrum Teams: Mehr Fokus, weniger Kontextwechsel

  Meetings in Scrum Teams: Mehr Fokus, weniger Kontextwechsel  „Wir arbeiten agil“ – das bedeutet für viele von uns: Daily Stand-up am Morgen, dann Refinement, dazwischen eine Demovorbereitung, später noch ein kurzes Scrum of Scrums (SoS) und am Nachmittag ein Community-Meeting. Gleichzeitig soll ich an meinen Sprint-Aufgaben arbeiten. Wenn dir diese Situation bekannt vorkommt, les dir gerne meinen Beitrag an. Hier sprechen wir über den Einfluss von häufigen Kontextwechseln auf die Arbeit in agilen Teams und zeigen Best Practices, um diese Wechsel zu minimieren. Viel Spaß & Let’s grow, Michi.  Foto von Matt Bero auf Unsplash