Mit dem Phänomen „Digitale Transformation“ sind unterschiedliche Trends und Konzepte verbunden. Ich habe noch keine einheitliche Definition gefunden. Daher starten wir mit einer einfachen Frage.
Im kommerziellen Bereich ändern sich Geschäftsmodelle oder werden erweitert. Neue Geschäftsmodelle entstehen. Genauso können Geschäftsmodelle in Nischen rutschen oder ganz verschwinden.
Im Bereich der Verwaltung und Politik wird Digitalisierung den Kontakt zu den Bürgern verändern.
Beratungsunternehmen verweisen gern auf den rasenden technischen Fortschritt. Daraus ergäbe sich dann Handlungsdruck. Allerdings gibt es keine Zahlen, die diese Raserei bestätigen. In einem Beitrag für Technology Review (deutsche Ausgabe Juni 2017) berichtet Eva Wolfangel über die Arbeit von David Moschella /2/. Moschella schreibt in einem Bericht über Mythen über digitale Veränderungen /3, S. 4/:
Allerdings wissen wir nicht, was wirklich wichtig ist. Wir können es im Moment noch nicht wissen: Welche Technik ist benutzerfreundlich und zuverlässig? Welche Plattform ist fair und vertrauenswürdig? Welches Austauschformat wird von der Masse akzeptiert? Wie müssen wir unsere Fragen formulieren, um das zu bekommen, was wir brauchen? Welcher Rechtsrahmen gilt?
Bevor über neue Technologien und veränderte Prozesse sprechen, würde ich die Frage stellen, wie wir dazulernen können. Wenn wir einen Rahmen haben, der uns beim Lernen hilft, können wir selbst entdecken, was wir für die Zukunft brauchen.
Wenn jemand gute Bücher oder Artikel zur Digitalen Transformation kennt, die auch empirische Daten statt nur Beobachtungen enthalten, bitte ich um Kommentare zu diesem Artikel (https://www.teamworkblog.de/2018/07/was-bedeutet-digitale-transformation.html).
Was bedeutet Digitale Transformation?
Über das entsprechende Stichwort in der deutschsprachigen Wikipedia gelangt man zu einem Eintrag der Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik. Der Autor fasst das Phänomen so zusammen:"Der Begriff Digitale Transformation bezeichnet erhebliche Veränderungen des Alltagslebens, der Wirtschaft und der Gesellschaft durch die Verwendung digitaler Technologien und Techniken sowie deren Auswirkungen. Hierbei kann zwischen den Dimensionen Leistungserstellung, Leistungsangebot und Kundeninteraktion unterschieden werden."Diese Definition hilft mir aber noch nicht weiter /1/. Im Gespräch mit Kunden stelle ich eine andere Frage:
"Wie würden wir zusammen leben und arbeiten, wenn (physikalische) Materialität, ein bestimmter realer Ort, eine bestimmte Zeit und Besitz keine vorherrschende Rolle mehr spielen?"Beispiele:
- Bücher, Musik, Filme und Computerspiele können unabhängig von ihrem Trägermedium verteilt und genutzt werden.
- Physikalische Objekte können als virtuelles 3D-Modell erstellt, verteilt und an beliebiger Stelle auf einem 3D-Drucker materialisiert werden.
- Waren können zu beliebigen Zeiten gekauft werden. Fernseh- und Radiosendungen können über Mediatheken und Podcasts zu beliebigen Zeiten abgerufen werden.
- Menschen müssen sich nicht am gleichen Ort befinden, um gemeinsam etwas zu tun.
- Man muss keine Objekte mehr besitzen, um sie zu benutzen. Es reicht, Zugang zu haben.
Digitale Transformation ist mehr als Technik
Aber der Blickwinkel wäre zu klein, wenn wir digitale Transformation als ein rein technisches Phänomen ansehen. Denn mit neuen technischen Möglichkeiten steigen auch die Ansprüche von Menschen:- Kunden möchten dann einkaufen und Bankgeschäfte erledigen, wenn sie Zeit haben.
- Bürger möchten unabhängig von Sprechzeiten wissen, wie der Status ihres Bauantrages ist.
- Wartungstechniker möchten auch am Wochenende den Zugriff auf Experten haben, um ein Problem zu lösen.
- Job: Musik hören. Realer Ort, reales Objekt: Plattenladen in der Innenstadt und Schallplatten. Digitaler Ort, digitales Objekt: Apple iTunes Store und MP3-Datei.
- Job: Fahrkarte kaufen. Realer Ort, reales Objekt: Fahrkartenschalter am Bahnhof und Urkunde aus Papier. Digitaler Ort, digitales Objekt: bahn.de/DB Navigator und verschlüsselter Code auf dem Mobiltelefon.
Was ändert sich durch die Digitalisierung?
Alle Prozesse, die bisher an ein bestimmtes physikalisches Objekt, an bestimmte Orte, Zeiten und Besitz gebunden waren, werden sich ändern, wenn es jemandem gelingt, sie davon zu trennen.Im kommerziellen Bereich ändern sich Geschäftsmodelle oder werden erweitert. Neue Geschäftsmodelle entstehen. Genauso können Geschäftsmodelle in Nischen rutschen oder ganz verschwinden.
Im Bereich der Verwaltung und Politik wird Digitalisierung den Kontakt zu den Bürgern verändern.
Muss ich nun etwas tun?
Die Digitalisierung hat unsere Verhaltensweisen verändert. Privat benutzen wir das World Wide Web, um uns zu informieren und um Geschäfte zu tätigen. Das hat auch Auswirkungen auf unsere Arbeit. Wer gesehen hat, wie leicht man bei Apple oder Amazon einkaufen kann, fragt sich natürlich: "Warum muss ich eigentlich so lange auf meine Lieferanten warten? Wieso kann ich meine Produkte nicht schon online konfigurieren?"Beratungsunternehmen verweisen gern auf den rasenden technischen Fortschritt. Daraus ergäbe sich dann Handlungsdruck. Allerdings gibt es keine Zahlen, die diese Raserei bestätigen. In einem Beitrag für Technology Review (deutsche Ausgabe Juni 2017) berichtet Eva Wolfangel über die Arbeit von David Moschella /2/. Moschella schreibt in einem Bericht über Mythen über digitale Veränderungen /3, S. 4/:
- Neue Technologien werden nicht schneller als früher angenommen. Radio und Fernsehen wurden von der Bevölkerung viel schneller angenommen als Computer und Mobiltelefone.
- Neue Technologien verändern die Gesellschaft gar nicht so stark. Die Innovationen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben die Gesellschaft viel stärker verändert als das Internet heute.
- Wie stark hängt mein Wettbewerbsvorteil (oder meine Daseinsberechtigung) davon ab, dass ich etwas physikalisch besitze, an einem bestimmten Ort oder zu bestimmten Zeiten verfügbar bin?
- Wenn es jemand anderem gelänge, den Besitz, den bestimmten Ort oder die Verfügbarkeit zu bestimmten Zeiten obsolet zu machen, wie schnell könnte ich mich anpassen?
Was kann ich tun?
Digitale Transformation ist mehr, als neue Technologien einzuführen. Digitale Transformation bedeutet für mich, die Abläufe mit Hilfe von digitalen Hilfsmitteln so zu verändern, dass wir die nach wie vor wichtigen Jobs gut erledigen können.Allerdings wissen wir nicht, was wirklich wichtig ist. Wir können es im Moment noch nicht wissen: Welche Technik ist benutzerfreundlich und zuverlässig? Welche Plattform ist fair und vertrauenswürdig? Welches Austauschformat wird von der Masse akzeptiert? Wie müssen wir unsere Fragen formulieren, um das zu bekommen, was wir brauchen? Welcher Rechtsrahmen gilt?
Bevor über neue Technologien und veränderte Prozesse sprechen, würde ich die Frage stellen, wie wir dazulernen können. Wenn wir einen Rahmen haben, der uns beim Lernen hilft, können wir selbst entdecken, was wir für die Zukunft brauchen.
Wenn jemand gute Bücher oder Artikel zur Digitalen Transformation kennt, die auch empirische Daten statt nur Beobachtungen enthalten, bitte ich um Kommentare zu diesem Artikel (https://www.teamworkblog.de/2018/07/was-bedeutet-digitale-transformation.html).
Anmerkungen
- /1/ Eine konkretere Erklärung der Abläufe beim Digitalisierung von Dienstleistungen liefern Zysman, John, et al. "Services with everything: The ICT-enabled digital transformation of services." (2011). Es gibt eine Version eines Arbeitspapiers im Netz, die man über Google Scholar findet: https://scholar.google.de/scholar?hl=de&as_sdt=0%2C5&q=ervices%20with%20everything%3A%20The%20ICT-enabled%20digital%20transformation%20of%20services
- /2/ Eva Wolfangel: Die Mär vom rasenden Fortschritt, Technology Review, Ausgabe Juni 2017, abrufbar unter https://www.heise.de/newsticker/meldung/Die-Maer-vom-rasenden-Fortschritt-3728493.html
- /3/ David Moschella: The Myths and Realities of Digital Disruption - An Executive's Guide, Bericht vom Leading Edge Forum (LEF), veröffentlicht am 06. September 2015, Zusammenfassung abrufbar unter https://leadingedgeforum.com/publication/the-myths-and-realities-of-digital-disruption-2503/
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