Direkt zum Hauptbereich

Change or Die?

Unternehmen müssen heute mehr denn je schnell, günstig und zuverlässig immer wieder aufs Neue gute Dinge liefern. Wie geht das? Indem sie Weiterentwicklung als permanente Aufgabe begreifen, die es zu organisieren gilt.

Auch wenn manchmal ein anderer Eindruck entsteht, so arbeiten wir in aller Regel doch halbwegs gut und auch erfolgreich. Und zwar indem wir unsere Abläufe so reibungslos wie möglich gestalten. Tauchen Probleme auf, so lösen wir sie meist, indem wir den Sand aus der gut geölten Maschine blasen: Prozesse werden automatisiert, mindestens aber überarbeitet und, ja, oft wird auch Personal ausgetauscht oder entlassen. Gleichzeitig wird die Arbeit neu auf KollegInnen verteilt, die wiederum geschult werden, damit sie die Jobs wieder gut und am besten noch besser abarbeiten. So hat das in der Vergangenheit bestens funktioniert. Doch schon seit einiger Zeit ist allerorten zu bemerken, dass die Dinge nicht mehr ganz so rund laufen. Werden uns diese bewährten Erfolgsmittel also auch jetzt weiterhelfen?

Zweifel sind erlaubt. Zumindest, wenn wir es bei diesen Maßnahmen alleine belassen. Denn so berücksichtigen wir eben nur einen, wenngleich auch wichtigen Aspekt guter Unternehmensführung: Dass wir das laufende Geschäft möglichst gut und rentabel abzuwickeln haben. Ein reibungsloses Tagesgeschäft ist aber eben nur die halbe Wahrheit, die uns auch nur halbwegs erfolgreich macht.  Mindestens ebenso wichtig ist, die Zukunft zu gestalten, also jederzeit (!) für neue Produkte, Produktverbesserungen, neue Routinen und angepasste, veränderte Strukturen zu sorgen. Wer dies vergisst, ausblendet oder bewusst ignoriert, setzt den Erfolg, vielleicht sogar den Fortbestand der Unternehmung aufs Spiel. Ohne Weiterentwicklung ist nicht nur möglich, sondern sogar wahrscheinlich, dass Kunden und Belegschaft (!) mit der Zeit unzufrieden werden, mittel- bis langfristig abwandern und erst einmal nicht wiederkommen.

Das galt natürlich immer schon. Besonders aber gilt es in jenen dynamischen Märkten, die sich in den vergangenen digitalen Jahren rasant herausgebildet haben. Es lässt sich deshalb gar nicht deutlich genug hervorheben: In so gut wie allen Industrien hat sich sehr vieles sehr radikal gewandelt. Und es ist anzunehmen, dass dies auch weiterhin geschieht. Leider sind genau dafür unsere auf Stabilität und stabile, kontrollierbare Märkte konzentrierte Organisationen schlecht gewappnet.

Doch was genau hat sich eigentlich verändert? Zunächst, dass Kunden heute viel mehr Möglichkeiten haben, die sie auch nutzen. Es stehen Kunden heute viel mehr unterschiedliche Produkt- und Angebotsformen und Communities zur Verfügung als noch vor ein paar Jahren. Dadurch kann sich heute jede/r selbst informieren und dadurch auch selbstbewusster entscheiden, was für sie oder ihn wann relevant, konsum- und erlebenswert ist. Und auch, was ihr oder ihm die Leistung wert ist oder wert sein sollte. Kunden entscheiden dadurch heute viel souveräner und unabhängiger davon, was ihnen Produzenten und Handel als wichtig oder wertig kommunizieren oder auch suggerieren.

Es lässt sich auch so sagen: Unsere relativ überschaubaren Märkte für Massenwaren verabschieden sich (sofern sie überhaupt noch existieren). An ihre Stelle tritt nun ein unübersichtliches Feld unterschiedlichster Angebote, Produkte und Dienstleistungen, auf dem sich sehr viele sehr unterschiedliche Spieler tummeln. Hier gelten andere, neue wertschöpfende Regeln. Dies ist ein ziemlich anderes Geschäft als das, was wir bislang kannten, mit dem wir erfolgreich waren - und nach dem wir uns heute noch organisieren.

"Praktisch veranlagte Männer, die sich ziemlich frei wähnen von intellektuellen Einflüssen, sind überlichewerise die Sklaven irgendeines verstorbenen Ökonomen." John Maynard Keynes

Wenn wir aber heute und in Zukunft erfolgreich sein wollen, gilt es, unsere bisherigen Vorstellungen von Organisation und wie man sie gestaltet zu überprüfen und wahrscheinlich auch teilweise über Bord zu werfen. Vor allem aber haben wir uns schleunigst anzupassen. Jetzt heißt es lernen, das bestehende Geschäft so lange reibungslos, rentabel und effizient abzuwickeln, solange es uns noch trägt und gleichzeitig (!) unsere Produkte schneller und immer wieder marktnah zu verbessern bzw. völlig neue Lösungen zu (er-) finden, also: innovativ zu sein. In der Vergangenheit, in der Innovation eine vergleichsweise gemütliche Sache waren, ist uns das auch aufgrund unserer durchaus erfolgreichen hierarchischen Routinen aus dem Blick geraten. Leider haben wir deshalb auch - aus organisatorischer Perspektive betrachtet - vergleichsweise wenig bis keine Übung darin, immer wieder größere und kleinere innovative Geschäftsideen zu erkennen und zügig marktnah umzusetzen.

"You may not want to upgrade, but you must because everyone else is. It's an upgrade arms race."
Kevin Kelly

Doch diesmal werden wir wegen der oben genannten Umstände wohl nicht darum herumkommen, genau das zu lernen. Also: Unsere Unternehmen also wirklich in lernende, flexiblere, selbstorganisierte Organisationen zu verwandeln, was natürlich ganz andere Anforderungen an unsere Abläufe stellt, die wir bislang bekanntlich sehr arbeitsteilig und sehr hierarchisch organisiert haben. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Führungskräfte, Geschäftsführung und InhaberInnen werden in Zukunft anders, offener, selbstorganisierter, eigenmotivierter und auch selbstbewusster agieren, entscheiden und Verantwortung übernehmen als bisher. Wer hofft oder darauf wartet, dass dies unkoordiniert, auf magische Art und Weise überhaupt und dann auch noch gut geschieht, dürfte eher enttäuscht werden. Ein solcher Wandel ist kein Selbstläufer, sondern ist als unternehmerische strategisch wichtige Aufgabe natürlich zu initiieren und zu organisieren.

Aus heutiger Sicht mag uns eine selbstorganisierte, lernende Organisation ungewohnt oder gar unmöglich erscheinen. Es spricht jedoch einiges dafür, dass es so kommen wird. Und zwar deshalb, weil unsere bisherigen Mittel eben nicht mehr auf die Situationen passen, die wir immer öfter antreffen werden. Kurz: Wir haben schlicht keine andere Wahl, als uns in diese Richtung zu ändern.

Das Gute daran wird sein, dass wir so zügig das eine oder andere aktuelle dringende organisatorische und auch existentiell wirtschaftliche Problem lösen und gleichzeitig lernen können, unsere unternehmerische Zukunft immer wieder aufs Neue zu sichern. Das ist doch schon mal was.


Hier finden Sie alle Artikel von Edgar Rodehack.

 

Literatur


  • Camus, Albert: Der Mythos des Sisyphos. Reinbek, 2013
  • Kelly, Kevin: The Inevitable. Understanding the 12 Technological Forces That Will Shape Our Future. New York, 2016.
  • Kline, Peter: Ten steps to a learning Organization, Arlington/Virginia, 1993.
  • Kotter, John P.: Accelerate. Building Strategic Agility for a Faster-Moving World. Boston, 2014.
  • Rother, Mike: Die Kata des Weltmarktführers. Toyotas Erfolgsmethoden. Frankfurt am Main, 2013. 
  • Pink, Daniel: Drive. The Surprising Truth About What Motivates Us. New York, 2011.
  • Senge, Peter M.: Die fünfte Disziplin. Kunst und Praxis der lernenden Organisation. Stuttgart, 2011.
  • Sutherland, Jeff: Die Scrum-Revolution. Management mit der bahnbrechenden Methode der erfolgreichsten Unternehmen. Frankfurt am Main, 2015. 
  • Schwartz, Barry: Warum wir arbeiten? Frankfurt am Main, 2015

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Kategorien in Outlook - für das Team nutzen

Kennen Sie die Kategorien in Outlook? Nutzen Sie diese? Wenn ja wofür? Wenn ich diese Fragen im Seminar stelle, sehe ich oft hochgezogene Augenbrauen. Kaum jemand weiß, was man eigentlich mit diesen Kategorien machen kann und wofür sie nützlich sind. Dieser Blogartikel stellt sie Ihnen vor.

Rebellieren für den Wandel: die 8 Regeln des totalen Stillstandes von Prof. Dr. Peter Kruse

In einem legendärem Vortrag skizzierte Peter Kruse 8 Regeln des totalen Stillstands. Ihm zufolge wurden die Regeln entwickelt, um Managern und Führungskräften dabei zu helfen, Bereiche mit potenziellem Widerstand gegen Veränderungen zu erkennen und Menschen auf strukturierte Weise durch den Veränderungsprozess zu führen.

Und jetzt alle zusammen! Teams - OneNote - Aufgaben - To Do

Ein Meeting jagt das nächste. Sich da nicht zu verzetteln, wird  im Zeitalter virtueller Besprechungen  noch anspruchsvoller. Kein Wunder, dass  im Zusammenhang mit Microsoft 365  zwei Fragen besonders häufig auftauchen: Wie dokumentiert man Besprechungen gut? Was hilft, offene Aufgaben nachzuhalten? Eine gute Lösung: Das in MS Teams integrierte OneNote-Notizbuch als gemeinsame Plattform auch für den Aufgabenüberblick zu nutzen.

E-Mail-Vorlagen gemeinsam nutzen (Outlook)

Mittlerweile wird praktisch alle Routine-Korrespondenz in Outlook erledigt. Was liegt da näher, als ein gutes Set von Vorlagen zu erstellen und diese gemeinsam in Team zu nutzen? Leider hat Microsoft vor diesen – an sich simplen – Wunsch einige Hürden gebaut.

Pragmatisch oder nur “Quick and Dirty”?

“Wir müssen aber pragmatisch vorgehen”, drängt der Kollege. Hm… Im Wörterbuch finde ich für “pragmatisch” in etwa: sachbezogenes, praktisches Handeln. Klingt gut. Leider zeigt sich in meinen Erfahrungen, dass pragmatisch für viele doch eher “quick and dirty” bedeutet. Es soll schnell fertig werden. Aber auf welche oder wessen Kosten? Wo ist die Grenze? Warum steht “praktisch” im Konflikt mit einem langfristigen “Nützlich”? Muss das sein?

Outlook-Aufgabenliste: bitte nicht die Aufgaben des ganzen Teams!

Am Tag der Arbeit kommt eine Lösung, nach der ich schon so oft gefragt wurde: Wie schaffe ich es, dass meine Outlook-Aufgabenliste nur meine eigenen Aufgaben anzeigt und nicht auch die E-Mails, die meine Kollegen gekennzeichnet haben oder Aufgaben, die einfach in einem gemeinsamen Postfach stehen?

Das Ubongo Flow Game

Spiele bieten eine gute Gelegenheit, zeitliche Erfahrungen zu verdichten und gemeinsam zu lernen. Karl Scotland und Sallyann Freudenberg haben im Mai 2014 das Lego Flow Game veröffentlicht. Wir haben die Spielidee übernommen, aber das Spielmaterial gewechselt. Statt Legosteinen benutzen wir Material aus Grzegorz Rejchtmans Ubongo-Spiel. Hier präsentieren wir die Anleitung für das Ubongo Flow Game.

Nie wieder Ärger mit Besprechungsserien in Outlook

Erstellen auch Sie Besprechungsserien in Outlook? Ärgern auch Sie sich manchmal darüber, wenn Sie etwas zu ändern haben? Falls nicht, versenden Sie entweder keine wiederkehrenden Outlook-Besprechungen (Serienterminen). Oder Sie ändern nie etwas daran. Dann ist dieser Artikel nichts für Sie. Lesen Sie aber bitte weiter, falls Sie sich schon immer mal gefragt haben, ob es eine Lösung gibt? 

Tooling #8: In die Zukunft blicken - die Szenarioplanung

In die Zukunft blicken geht nicht? Oh doch: Die Szenarioplanung.