Direkt zum Hauptbereich

Unsere Sprache macht unser Denken und unsere Weltsicht sichtbar

Viele Team nutzen Scrum und Methoden aus dem Bereich Lean Thinking. Trotzdem bleiben die Ergebnisse hinter den Erwartungen zurück. Warum das so ist, fällt auf, wenn man einmal genau auf die Sprache achtet.

 

Unsere Weltsicht bestimmt, was wir denken

 

Wir alle haben eine bestimmte Sicht auf die Welt. Weltsicht bedeutet, dass wir alle Erlebnisse bewusst oder unbewusst so interpretieren, dass unsere Weltsicht bestätigt wird. Wer mehr darüber erfahren möchte, findet bei Edgar Schein oder Dave Logan mehr Informationen /1,2/.

Eine bestimmte Weltsicht ist weder gut noch schlecht. Wir haben über Jahre Erfahrungen gemacht und Vorbilder kennengelernt, die unsere Sicht geprägt haben. Das ist uns vielleicht gar nicht mehr genau bewusst.

Welche Weltsichten treffen wir häufig an? Da gibt es einmal eine eher klassische Managementsicht.

 

Sprache bei einer klassischen Managementweltsicht

In einer eher klassischen Weltsicht treffen wir auf folgende Annahmen:
  • "Wenn wir nur alles genau definieren und planen, erreichen wir unsere Ziele."
  • "Wir müssen erst genau analysieren, wie viel Zeit wir brauchen."
  • "Wenn wir alles genau geplant haben, dann können wir die Mitarbeiter einteilen."
  • "Die Mitarbeiter (oder anderen Führungskräfte) müssen intrinsisch motiviert sein. Sie sollen sich an ihre Commitments halten."
Wie gesagt, es gibt keine gute oder schlechte Weltsicht. Diese Sicht auf die Dinge hier ist stark von der Planbarkeit von Aufgaben und von der individuellen Leistungsfähigkeit geprägt.

 

Sprache aus agiler Sicht

In agilen Umgebungen treffen wir auf folgenden Annahmen:
  • "Wir können nicht alles genau planen. Wir denken und Teilzielen und prüfen, was wir erreicht haben."
  • "Wir wissen nicht immer, wie lange etwas dauert. Es gibt Abhängigkeiten oder wir verstehen nicht genau, was erreicht werden muss. Daher legen wir Zeitabschnitte fest und überprüfen immer wieder, wo wir wirklich stehen."
  • "Die Mitarbeiter wissen selbst am besten, wie sie die Ziele erreichen. Daher planen wir gemeinsam."
  • "Alle Menschen sind motiviert. Aber das Arbeitssystem lässt gutes Arbeiten oft nicht zu. Wenn wir das Arbeitssystem ändern, bekommen wir die Ergebnisse, die wir brauchen."
Diese Sicht auf die Welt ist stark von komplexen Umfeldern geprägt. Es gibt eine hohe Unsicherheit. Ursache und Wirkung sind nicht sofort zu erkennen.

 

Wenn Weltsicht und Ziele nicht zusammen passen

Die unterschiedlichen Weltsichten sind über die Zeit gewachsen. Wir können sie nicht von einem Tag auf den anderen ablegen oder ändern. Aber wir können sie uns bewusst machen: Welche Worte benutzen wir? In welchen Kategorien denken wir? In welchen Beziehungen oder Konstellationen treffen wir uns oder halten Meetings ab?

Interessant wird es, wenn unsere Sichtweise nicht mehr zur Situation passt. In gut planbaren, sicheren Umgebungen kommen wir mit einer klassischen Managementsicht gut klar. In komplexen Situationen passt das aber nicht mehr.

David Snowden hat mit dem sog. Cynefin-Framework ein Bewertungsraster entwickelt, um Situationen besser einschätzen zu können und um ein gutes Verhalten abzuleiten /4/.

 

Wie ändern wir unsere Weltsicht

Taiichi Ohno schreibt, dass nur ein Teil unserer Annahmen über die Welt stimmt. Er schreibt, ein normaler Mensch liegt nur in der Hälfte der Fälle richtig. Selbst ein Schurke hat in 3 von 10 Fällen recht und selbst ein weiser Mensch hat nur in 7 von 10 Fällen recht. Es lohnt sich also nicht, darüber zu streiten, ob man richtig liegt.

Viel wichtiger ist, dass wir gemeinsam überlegen, wie wir unsere Annahmen überprüfen können. Dazu müssen wir sie zunächst sichtbar machen. Dann überlegen wir uns Experimente, um unsere Annahmen zu testen.

Anmerkungen

  • /1/ Schein, Edgar H.: Organisationskultur. Berlin: EHP, 2003.
  • /2/ Logan, Dave ; King, John ; Fischer-Wright, Halee: Tribal Leadership : Leveraging Natural Groups to Build a Thriving Organization. New York: Harper Collins, 2009.
  • /3/ Snowden 2007: David J. Snowden & Mary E. Boone: A Leader’s Framework for Decision Making. In: Harvard Business Review. November 2007, S. 69–76
  • /4/ Ohno, Taiichi: Taiichi Ohnos Workplace Management : Special 100th Birthday Edition. Madison: McGraw Hill Professional, 2012.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Kategorien in Outlook - für das Team nutzen

Kennen Sie die Kategorien in Outlook? Nutzen Sie diese? Wenn ja wofür? Wenn ich diese Fragen im Seminar stelle, sehe ich oft hochgezogene Augenbrauen. Kaum jemand weiß, was man eigentlich mit diesen Kategorien machen kann und wofür sie nützlich sind. Dieser Blogartikel stellt sie Ihnen vor.

Und jetzt alle zusammen! Teams - OneNote - Aufgaben - To Do

Ein Meeting jagt das nächste. Sich da nicht zu verzetteln, wird  im Zeitalter virtueller Besprechungen  noch anspruchsvoller. Kein Wunder, dass  im Zusammenhang mit Microsoft 365  zwei Fragen besonders häufig auftauchen: Wie dokumentiert man Besprechungen gut? Was hilft, offene Aufgaben nachzuhalten? Eine gute Lösung: Das in MS Teams integrierte OneNote-Notizbuch als gemeinsame Plattform auch für den Aufgabenüberblick zu nutzen.

Rebellieren für den Wandel: die 8 Regeln des totalen Stillstandes von Prof. Dr. Peter Kruse

In einem legendärem Vortrag skizzierte Peter Kruse 8 Regeln des totalen Stillstands. Ihm zufolge wurden die Regeln entwickelt, um Managern und Führungskräften dabei zu helfen, Bereiche mit potenziellem Widerstand gegen Veränderungen zu erkennen und Menschen auf strukturierte Weise durch den Veränderungsprozess zu führen.

Pragmatisch oder nur “Quick and Dirty”?

“Wir müssen aber pragmatisch vorgehen”, drängt der Kollege. Hm… Im Wörterbuch finde ich für “pragmatisch” in etwa: sachbezogenes, praktisches Handeln. Klingt gut. Leider zeigt sich in meinen Erfahrungen, dass pragmatisch für viele doch eher “quick and dirty” bedeutet. Es soll schnell fertig werden. Aber auf welche oder wessen Kosten? Wo ist die Grenze? Warum steht “praktisch” im Konflikt mit einem langfristigen “Nützlich”? Muss das sein?

Outlook-Aufgabenliste: bitte nicht die Aufgaben des ganzen Teams!

Am Tag der Arbeit kommt eine Lösung, nach der ich schon so oft gefragt wurde: Wie schaffe ich es, dass meine Outlook-Aufgabenliste nur meine eigenen Aufgaben anzeigt und nicht auch die E-Mails, die meine Kollegen gekennzeichnet haben oder Aufgaben, die einfach in einem gemeinsamen Postfach stehen?

Das Ubongo Flow Game

Spiele bieten eine gute Gelegenheit, zeitliche Erfahrungen zu verdichten und gemeinsam zu lernen. Karl Scotland und Sallyann Freudenberg haben im Mai 2014 das Lego Flow Game veröffentlicht. Wir haben die Spielidee übernommen, aber das Spielmaterial gewechselt. Statt Legosteinen benutzen wir Material aus Grzegorz Rejchtmans Ubongo-Spiel. Hier präsentieren wir die Anleitung für das Ubongo Flow Game.

E-Mail-Vorlagen gemeinsam nutzen (Outlook)

Mittlerweile wird praktisch alle Routine-Korrespondenz in Outlook erledigt. Was liegt da näher, als ein gutes Set von Vorlagen zu erstellen und diese gemeinsam in Team zu nutzen? Leider hat Microsoft vor diesen – an sich simplen – Wunsch einige Hürden gebaut.

Welches Motto für den Scrum Day 2025 würde Eure Arbeit am besten unterstützen?

Die Organisator:innen planen den nächsten Scrum Day. Wir wollen bei der nächsten Ausgabe ein paar neue Dinge ausprobieren. Wir haben uns Gedanken zu ein paar Themen gemacht. Welche haben den höchsten Nutzen für die Besucher:innen des Scrum Days 2025? Wir brauchen Feedback.

Tooling #8: In die Zukunft blicken - die Szenarioplanung

In die Zukunft blicken geht nicht? Oh doch: Die Szenarioplanung.