Direkt zum Hauptbereich

Jesus, der Super-Empath

Im Stress der Weihnachtstage passiert es leicht, dass man den eigentlichen Anlass aus den Augen verliert. Aber ist die Botschaft des Weihnachtsfestes heute noch relevant?


Ich bin viel mit der Bahn unterwegs. Häufig erfordert es viel Geduld, nach einer Trainingswoche in vollen Zügen die Spleens der Mitreisenden zu ertragen:
  • Hier ist eine Familie mit kleinen überdrehten, lauten Kindern. 
  • Dort macht sich ein älteres Ehepaar gegenseitig an, weil der Mann nicht schnell genug die Koffer bewegt. 
  • Drüben bekomme ich ein Gespräch zwischen dem Zugbegleiter und einem Student mit, der eine falsche Fahrkarte hat. 
  • Ein Fahrgast telefoniert sehr laut und hinter mir isst eine Frau Chips.

Je mehr ich unterwegs bin und je mehr ich Menschen beobachte, desto mehr beginne ich, Jesus von Nazareth zu verstehen. Vielleicht ist seine Leistung in der Sprache, die wir heute in den Kirchen hören oder in den religiösen Texten lesen, nicht so klar erkennbar.

Jesus von Nazareth hatte eine ganz einfache Botschaft: Liebt einander. Aber was bedeutet das heute? Jesus war sehr empathisch. Er spürte, wie es jedem einzelnen ging.

Nehmen wir unsere eigenen Bedürfnisse wahr?

Was wäre, wenn all unsere Bedürfnisse gerechtfertigt wären? Was bedeutet das in meinem vollen Wagen?
  • Die Familie mit den lauten Kindern ist schon lange unterwegs. Normalerweise sind die Kinder um diese Zeit schon im Bett. Sie sind müde und können nicht mehr. Auch die Eltern sind kaputt.
  • Das alte Ehepaar kann nicht mehr so schnell wie früher. Beide sind unzufrieden, dass sie nicht mehr so fit und beweglich sind. Sie haben Angst, zu fallen und wollen schnell im Sessel sitzen. 
  • Der Student fährt eigentlich immer mit dem Auto. Aber nun ist es kaputt. Er musste sich beeilen und hat einfach nicht verstanden, woher die Preisunterschiede bei den Fahrkarten kamen und welche Auswirkungen das hat.
  • Der laute Fahrgast hätte gern Feierabend. Aber er muss jetzt noch etwas Wichtiges regeln. Leider ist die Person, die ihm helfen kann nicht mehr da. Ein Kollege muss einspringen. Aber der kennt sich im Vorgang nicht aus. Zudem bricht immer wieder die Verbindung ab und der laute Fahrgast weiß nicht, was sein Kollege als letztes verstanden hat.
  • Die Frau hinter mir hat Hunger. Das beste, was der Automat am Bahnsteig hergab, war ein Tüte Chips.
Wenn Jesus neben mir im Zug gesessen hätte, hätte er mich genau darauf hingewiesen. Auch wenn er selbst müde und ausgelaugt gewesen wäre. Er hätte mich angesprochen: "Jan, das Paradies, das Himmelreich wäre, wenn wir mit unseren Bedürfnissen voll und ganz von uns selbst und von anderen akzeptiert würden."

Alle Menschen leiden

Aber war auch ein guter Psychologe. Er hat den Schmerz und die inneren Konflikte verstanden. Er konnte die Zerrissenheit sehen.
  • Die Eltern machen sich an und doch denken sie: "Ich wäre Dir so gern so nah. Aber mein Bedürfnis nach Ruhe ist nicht erfüllt und jetzt habe ich etwas gesagt, was ich nicht wollte. Aber ich kann es auch nicht zugeben."
  • Die ältere Dame ist unsicher: "Ich habe Angst, mich zu bewegen. Ich sehe so schlecht. Ich möchte, dass Du mich hältst. Aber stattdessen beschimpfe ich Dich."
  • Der Student denkt: "Du blöder Zugbegleiter. Natürlich habe ich jetzt verstanden, dass meine Fahrkarte nicht gültig ist. Ich ärgere mich über mich selbst. Würdest du mir jetzt nicht drohen, hätte ich das auch sofort zugegeben."
  • Der laute Fahrgast weiß, dass er laut telefoniert. Innerlich macht er sich Vorwürfe: "Ich weiß nicht, wie ich das alles schaffen soll. Von morgens bis abends schufte ich. Aber es reicht immer noch nicht. Ich möchte so nicht leben."
  • Die Frau mit der Chipstüte fragt sich, warum sie keine Zeit hatte, gut zu essen: "Immer ist mir etwas anderes wichtiger. Nie komme ich dazu, auf mich zu achten. Ich bin ein undisziplinierter Mensch."
Jesus würde alle diese Menschen symbolisch umarmen und ihnen signalisieren: "Ja, ich verstehe ich Dich. Ich weiß, was in Dir vorgeht. Keine Angst. Gib mir Deinen Schmerz, wenn es Dir so besser geht."

Und dann lenkt er unseren Blick auf die anderen Menschen um uns herum: "Sieh mal, vielleicht geht es den anderen um Dich herum ähnlich. Ich glaube, da freut sich einer, wenn Du ihm Deine Nähe gibst. Sei doch ein bisschen da." Jeder kann so beitragen, dass wir das Paradies auf Erden erreichen.

Und deswegen ist Glauben auch heute noch so wichtig. Es gibt keine Beweise dafür, dass sich das Gute immer durchsetzt. Aber der Glaube, dass es so sein könnte, treibt uns an, empathisch zu sein, es zumindest zu versuchen.

In diesem Sinne wünsche ich allen Leserinnen und Lesern im Namen der Redaktion des Teamwork-Blogs einen empathischen Jahreswechsel. Alles Gute für Sie und Euch für das neue Jahr.

Euer Jan Fischbach

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Das Ubongo Flow Game

Spiele bieten eine gute Gelegenheit, zeitliche Erfahrungen zu verdichten und gemeinsam zu lernen. Karl Scotland und Sallyann Freudenberg haben im Mai 2014 das Lego Flow Game veröffentlicht. Wir haben die Spielidee übernommen, aber das Spielmaterial gewechselt. Statt Legosteinen benutzen wir Material aus Grzegorz Rejchtmans Ubongo-Spiel. Hier präsentieren wir die Anleitung für das Ubongo Flow Game.

Outlook-Aufgabenliste: bitte nicht die Aufgaben des ganzen Teams!

Am Tag der Arbeit kommt eine Lösung, nach der ich schon so oft gefragt wurde: Wie schaffe ich es, dass meine Outlook-Aufgabenliste nur meine eigenen Aufgaben anzeigt und nicht auch die E-Mails, die meine Kollegen gekennzeichnet haben oder Aufgaben, die einfach in einem gemeinsamen Postfach stehen?

Kategorien in Outlook - für das Team nutzen

Kennen Sie die Kategorien in Outlook? Nutzen Sie diese? Wenn ja wofür? Wenn ich diese Fragen im Seminar stelle, sehe ich oft hochgezogene Augenbrauen. Kaum jemand weiß, was man eigentlich mit diesen Kategorien machen kann und wofür sie nützlich sind. Dieser Blogartikel stellt sie Ihnen vor.

Und jetzt alle zusammen! Teams - OneNote - Aufgaben - To Do

Ein Meeting jagt das nächste. Sich da nicht zu verzetteln, wird  im Zeitalter virtueller Besprechungen  noch anspruchsvoller. Kein Wunder, dass  im Zusammenhang mit Microsoft 365  zwei Fragen besonders häufig auftauchen: Wie dokumentiert man Besprechungen gut? Was hilft, offene Aufgaben nachzuhalten? Eine gute Lösung: Das in MS Teams integrierte OneNote-Notizbuch als gemeinsame Plattform auch für den Aufgabenüberblick zu nutzen.

Das neue Outlook - One Outlook - erster Eindruck

Microsoft hat ein Problem: Outlook ist nicht gleich Outlook. Da ist das gute alte Outlook in der Desktop-Version. Das ist das, womit fast alle von uns im Alltag arbeiten und worüber ich hier schon oft berichtet habe. Outlook auf dem MAC sieht aber anders aus. Outlook auf Mobilgeräten sowieso. Dann gibt's noch Outlook im Web. Kein Wunder, dass Microsoft das alles entwirren, verschlanken und vereinheitlichen möchte. Gelingt es? Hier die interessantesten Funktionen des neuen Outlooks . 

Beispiel für eine Partyplanung mit Scrum

Wer sich neu mit Scrum beschäftigt, ist vielleicht überwältigt von den ganzen Fachbegriffen. Dann sieht man vielleicht gar nicht, wie einfach die einzelnen Elemente von Scrum sind. Deshalb hier ein einfaches Beispiel für die Vorbereitung einer Party mit Hilfe von Scrum.

E-Mail-Vorlagen gemeinsam nutzen (Outlook)

Mittlerweile wird praktisch alle Routine-Korrespondenz in Outlook erledigt. Was liegt da näher, als ein gutes Set von Vorlagen zu erstellen und diese gemeinsam in Team zu nutzen? Leider hat Microsoft vor diesen – an sich simplen – Wunsch einige Hürden gebaut.

2 Tätigkeiten, bevor man agile Arbeitsweisen nutzt

Wenn Teams und Organisationen sich mit Agilität beschäftigen, hoffen sie auf eine schnelle Lösung für ihre Probleme. Mit Scrum und Kanban sollte es doch sofort und spürbar besser werden. Abgesehen davon, dass diese Teams vielleicht noch nicht wissen, warum Scrum und Kanban funktionieren, sind aus meiner Sicht zwei wichtige Fragen noch nicht beantwortet.

Protokolle in OneNote - neue Ideen für's neue Jahr

Protokolliert Ihr Team seine Besprechungen in OneNote? Das geht einfach, schnell ist teamfähig und hat eine exzellente Suchfunktion. Die beliebte Fragen "Wann haben wir eigentlich beschlossen, dass..." ist so schnell beantwortet. Darum wird OneNote an dieser Stelle immer beliebter. In meinen Seminaren dazu sind gute Ideen entstanden, die ich hier weitergeben will.

Rebellieren für den Wandel: die 8 Regeln des totalen Stillstandes von Prof. Dr. Peter Kruse

In einem legendärem Vortrag skizzierte Peter Kruse 8 Regeln des totalen Stillstands. Ihm zufolge wurden die Regeln entwickelt, um Managern und Führungskräften dabei zu helfen, Bereiche mit potenziellem Widerstand gegen Veränderungen zu erkennen und Menschen auf strukturierte Weise durch den Veränderungsprozess zu führen.