Agilität bedeutet, Menschen ernst zu nehmen. Es wichtig, dass sie für die Ziele des Auftraggebers den Weg selbst festlegen und gestalten. Das funktioniert in der Softwareentwicklung sehr gut. Aber geht das auch in der Schule? Ja! Der Chemielehrer Willy Wijnands macht das seit Jahren. Wir haben seine Klassen und ihn Anfang Mai in den Niederlanden besucht. Das war wirklich beeindruckend. Am 08. und 09. Juni 2016 kann man Willy Wijnands und seine Schüler übrigens in Stuttgart treffen.
In agilen Projekten gibt der Auftraggeber vor, welche Ziele das Umsetzungsteam erreichen soll. Das Team überlegt sich dann selbst den besten Weg dafür.
In der Schule geht das auch. Hier ist der Lehrer derjenige, der die Ziele vorgibt. Die Schüler werden in kleine Teams von 4 Personen eingeteilt. Dabei wird darauf geachtet, dass in den Teams verschiedene Stärken vorhanden sind. Sie werden nicht auf Basis von Freundschaften, sondern auf Basis von Fähigkeiten gebildet.
Willy hat auch die Meetings von Scrum übernommen. Der Rhythmus ist allerdings ein anderer. Während der Scrum Guide eine maximale Sprintlänge von 4 Wochen (oder einem Monat) empfiehlt, dauert ein Sprint bei eduScrum ungefähr 2 Monate (16-24 Schulstunden). Das entspricht ungefähr der Zeit, die die Schüler brauchen, um ein Thema zu bearbeiten.
Wir waren zwei Tage an der Schule und haben an mehreren Chemie-Stunden teilgenommen. Das niederländische Schulsystem funktioniert etwas anders als das deutsche. Die Schülerinnen und Schüler waren 13-15 Jahre alt. Wir haben darauf verzichtet, Fotos von den Schülern zu machen.
Zunächst fällt auf, dass die Tische in Willys Klassenraum anders stehen. In den anderen Zimmer waren ordentliche Reihen zu sehen. Alle Kinder blicken nach vorn zum Lehrer. Bei Willy gibt es Gruppentische, an der 4-6 Schüler sitzen.
Willys Klassen waren zum Zeitpunkt unseres Besuchs schon 6 Wochen früher mit dem regulären Stoff durch. Die Zeit bis zu den Ferien sollte nun sinnvoll genutzt werden. Ein Teil der Schüler hat auch im nächsten Schuljahr Chemieunterricht. Diese Gruppen sollten sich schon mit dem Stoff des kommenden Jahres vertraut machen. Der andere Teil hat Chemie abgewählt. Diese Schüler bekamen die Aufgabe, für die Klasse ein Menü zu kochen (und damit den Auftrag, sich auf diese Weise mit gesundem Essen zu beschäftigen).
Alle Schüler kannten sich bereits mit eduScrum aus. Die Abläufe waren also bekannt.
Die erste Stunde zum neuen Thema bestand daraus, das Thema zu überfliegen und Ideen zu sammeln:
In der nächsten Stunde werden die folgenden Wochen (des Sprints) konkret geplant. Zu jedem der folgenden Bereiche musste die Arbeit geplant werden:
Willy muss sich an die staatlichen Vorgaben zum Lehrplan halten. Daher werden auch die vorgegebenen Schulbücher verwendet. Was Willy ergänzt sind Kontext und das Warum. Wir haben uns das Material von früheren Einheiten angesehen. Um das Thema Kosmetik im Schulbuch besser zu verstehen, bestand die praktische Aufgabe darin, selbst Kosmetik herzustellen.
Für die Arbeitsplanung wird ein Flipchart benutzt, auf dem alle wesentlichen Informationen auf einer Seite dargestellt werden (Beispiel in Abb. 3):
Jede neue Stunde beginnt mit einem Standup vor dem Flipchart. Das war sehr interessant zu sehen. Im Wesentlichen begrüßt Willy die Schüler und bittet sie, ihre Standups zu machen. Nach ein paar Minuten ist das "Flip" aktualisiert und jedes Team legt los. Am Ende der Stunde muss Willy sie darauf hinweisen, dass die Stunde zu Ende ist.
Ab und zu gibt es Punkte, die er für alle erklärt.
Wer mehr zu den Abläufen wissen will, kann sich von der EduScrum-Webseite den eduScrum-Guide herunterladen. Es gibt auch eine deutsche Version.
Die Ergebnisse sind sehr interessant. Wir haben uns die Noten angesehen. Viele Schüler haben ihre Noten deutlich verbessert. Was die Schüler schätzen ist, dass sie autonom und selbstbestimmt arbeiten können. Sie schätzen die gegenseitige Unterstützung. Sie wissen, dass das einen Preis hat, z. B. können sie nicht immer mit ihren Freunden im gleichen Team sein und sie müssen auch mit Konflikten umgehen. Sie finden es auch toll, ihr eigenes Tempo und ihre eigenen Methoden zu finden.
Peter hat eduScrum im Anschluss in seinen Trainings eingesetzt. Er hat ähnliche Effekte festgestellt. Am Anfang ist es etwas chaotischer. Aber das Lernen ist intensiver, nachhaltiger und macht mehr Spass. Während des Trainings muss man nicht so viel reden.
Allerdings steht und fällt der Erfolg mit der guten Vorbereitung der Anforderungen. Aber das kennen wir ja auch aus Scrum.
Am Scrum Day 2016 hält Willy mit seinen Schülern die Abschlussrede. Am nächsten Tag gibt es die Gelegenheit, in einem Workshop eduScrum besser kennen zu lernen. Mehr dazu auf dieser Webseite: http://www.scrum-day.de/eduscrum.html
Von Scrum zu eduScrum
Willy hat durch seinen Schwiegersohn Scrum kennen gelernt. Dieser hatte ihm von einer Scrum-Schulung erzählt. Anschließend hat er sich überlegt, wie er Scrum nutzen kann, damit seine Schüler besser lernen.In agilen Projekten gibt der Auftraggeber vor, welche Ziele das Umsetzungsteam erreichen soll. Das Team überlegt sich dann selbst den besten Weg dafür.
In der Schule geht das auch. Hier ist der Lehrer derjenige, der die Ziele vorgibt. Die Schüler werden in kleine Teams von 4 Personen eingeteilt. Dabei wird darauf geachtet, dass in den Teams verschiedene Stärken vorhanden sind. Sie werden nicht auf Basis von Freundschaften, sondern auf Basis von Fähigkeiten gebildet.
Willy hat auch die Meetings von Scrum übernommen. Der Rhythmus ist allerdings ein anderer. Während der Scrum Guide eine maximale Sprintlänge von 4 Wochen (oder einem Monat) empfiehlt, dauert ein Sprint bei eduScrum ungefähr 2 Monate (16-24 Schulstunden). Das entspricht ungefähr der Zeit, die die Schüler brauchen, um ein Thema zu bearbeiten.
Wie sieht eduScrum konkret aus?
Willy war so freundlich, uns einzuladen. Im Mai 2016 sind wir mit einer kleinen Delegation zu seiner Schule, das Ashram College, nach Alphen an den Rijn gefahren.Abb. 1: Wir besuchen den eduScrum-Erfinder |
Zunächst fällt auf, dass die Tische in Willys Klassenraum anders stehen. In den anderen Zimmer waren ordentliche Reihen zu sehen. Alle Kinder blicken nach vorn zum Lehrer. Bei Willy gibt es Gruppentische, an der 4-6 Schüler sitzen.
Willys Klassen waren zum Zeitpunkt unseres Besuchs schon 6 Wochen früher mit dem regulären Stoff durch. Die Zeit bis zu den Ferien sollte nun sinnvoll genutzt werden. Ein Teil der Schüler hat auch im nächsten Schuljahr Chemieunterricht. Diese Gruppen sollten sich schon mit dem Stoff des kommenden Jahres vertraut machen. Der andere Teil hat Chemie abgewählt. Diese Schüler bekamen die Aufgabe, für die Klasse ein Menü zu kochen (und damit den Auftrag, sich auf diese Weise mit gesundem Essen zu beschäftigen).
Alle Schüler kannten sich bereits mit eduScrum aus. Die Abläufe waren also bekannt.
Die erste Stunde zum neuen Thema bestand daraus, das Thema zu überfliegen und Ideen zu sammeln:
- Die Gruppe, die Chemie weiter macht, hat z. B. Mindmaps erstellt, was sie schon alles über Chemie wissen (Abb. 2)
- Die Gruppe der Kochenden hat Essensvorschläge diskutiert.
Abb. 2: Was weiß ich schon über Chemie |
- Theorie
- Praktische Arbeit
- Präsentation
- Bericht
Willy muss sich an die staatlichen Vorgaben zum Lehrplan halten. Daher werden auch die vorgegebenen Schulbücher verwendet. Was Willy ergänzt sind Kontext und das Warum. Wir haben uns das Material von früheren Einheiten angesehen. Um das Thema Kosmetik im Schulbuch besser zu verstehen, bestand die praktische Aufgabe darin, selbst Kosmetik herzustellen.
Für die Arbeitsplanung wird ein Flipchart benutzt, auf dem alle wesentlichen Informationen auf einer Seite dargestellt werden (Beispiel in Abb. 3):
- Titel
- Team
- User Storys und Aufgaben (bzw. Akzeptanzkriterien) sowie Bearbeitungsstand
- Jede Aufgabe ist relativ geschätzt. Die Schüler rechnen selbst aus, wie viel sie pro Unterrichtsstunde abschließen müssen, um rechtzeitig fertig zu sein.
- Qualitätskriterien (Definition of Done, Definition of Fun)
- Hindernisse
Abb. 3: Beispiel für ein "Flip" |
Jede neue Stunde beginnt mit einem Standup vor dem Flipchart. Das war sehr interessant zu sehen. Im Wesentlichen begrüßt Willy die Schüler und bittet sie, ihre Standups zu machen. Nach ein paar Minuten ist das "Flip" aktualisiert und jedes Team legt los. Am Ende der Stunde muss Willy sie darauf hinweisen, dass die Stunde zu Ende ist.
Ab und zu gibt es Punkte, die er für alle erklärt.
Wer mehr zu den Abläufen wissen will, kann sich von der EduScrum-Webseite den eduScrum-Guide herunterladen. Es gibt auch eine deutsche Version.
Die Ergebnisse sind sehr interessant. Wir haben uns die Noten angesehen. Viele Schüler haben ihre Noten deutlich verbessert. Was die Schüler schätzen ist, dass sie autonom und selbstbestimmt arbeiten können. Sie schätzen die gegenseitige Unterstützung. Sie wissen, dass das einen Preis hat, z. B. können sie nicht immer mit ihren Freunden im gleichen Team sein und sie müssen auch mit Konflikten umgehen. Sie finden es auch toll, ihr eigenes Tempo und ihre eigenen Methoden zu finden.
Peter hat eduScrum im Anschluss in seinen Trainings eingesetzt. Er hat ähnliche Effekte festgestellt. Am Anfang ist es etwas chaotischer. Aber das Lernen ist intensiver, nachhaltiger und macht mehr Spass. Während des Trainings muss man nicht so viel reden.
Allerdings steht und fällt der Erfolg mit der guten Vorbereitung der Anforderungen. Aber das kennen wir ja auch aus Scrum.
Am Scrum Day 2016 hält Willy mit seinen Schülern die Abschlussrede. Am nächsten Tag gibt es die Gelegenheit, in einem Workshop eduScrum besser kennen zu lernen. Mehr dazu auf dieser Webseite: http://www.scrum-day.de/eduscrum.html
Kommentare
Kommentar veröffentlichen