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Nicht immer sind wir Opfer der Situation - Unser Sprechen und Denken versperrt uns die Sicht auf Lösungen

Es gab in meinem Leben viele Zeiten, in denen ich mit den anderen unzufrieden war. Mein Problem: Ich gab anderen die Schuld dafür, dass ich nicht das bekam, was ich wollte. Aber waren es wirklich die anderen?

Nehmen wir an, Sie nehmen den Bus (oder eine S-Bahn), um zum Bahnhof zu fahren. Nun kommt der Bus zu spät und Sie verpassen Ihren eigenlichen Zug am Bahnhof. Sie rufen Ihren Partner an, der zu Hause wartet: "Ich muss einen Zug später fahren. Der Bus zum Bahnhof kam zu spät."

Beim ersten Mal ist es wirklich die Schuld des Busses. Aber beim zweiten und beim dritten Mal? Sie könnten sich aufregen: "Diese Verkehrsbetriebe schaffen es nicht, einen zuverlässigen Betrieb sicherzustellen. Und dazu noch die teuren Fahrpreise."

Aber wenn Sie wissen, dass der Bus aller Wahrscheinlichkeit zu spät kommt, dann liegt es nun in Ihrer Verantwortung. Was können Sie also tun?
  • Sie können die Dinge akzeptieren, wie sie sind. Sie verpassen den Zug und kommen später zu Hause an.
  • Sie können einen früheren Bus nehmen. Damit haben Sie mehr Puffer.
  • Sie können ein anderes Verkehrsmittel nehmen oder eine andere Strecke fahren.
  • Sie können jemanden bitten, Sie zum Zug zu fahren.
  • Sie können das Treffen grundsätzlich an einen anderen Ort legen, damit Sie nicht mehr auf den unpünktlichen Bus angewiesen sind.
  • Sie können Kontakt zu den Verkehrsbetrieben aufnehmen und die Ursachen für die Verspätung erfoschen. Vielleicht gibt es Muster, an dem Sie Pünktlichkeit selbst erkennen können.
Sie sehen, wenn Sie sich selbst in die Pflicht nehmen, fallen Ihnen auch viele Möglichkeiten ein, wie Sie trotzdem pünktlich nach Hause kommen.

Leider kommen viele Leute nicht auf solche Ideen. Nicht, weil sie unkreativ sind, sondern weil ihre eigene Sprache den Blick auf die Lösung verstellt. Und: wie Wittgenstein so schön sagt, legt die Sprache die Grenzen meines Denkens fest.

Wenn ich davon spreche, dass "die Verkehrsbetriebe" es mal wieder nicht schaffen, blende ich mich selbst aus. Einer der psychologischen Faktoren, der hier wirkt, ist das sog. Narrow Framing /1/. Ich bin nur auf eine Lösung fixiert.

Wenn Sie sich mal wieder als Opfer der Situation fühlen (was ich sehr gut nachvollziehen kann), stellen Sie sich mal folgenden Fragen:
  • Was wäre, wenn es mehr als eine Option gäbe, dieses für mich wichtige Problem zu lösen?
  • Was würde ich einem Freund in ähnlicher Lage raten?
  • Wie würde ein unbeteiligter Dritter die Situation und mein Handeln von außen beschreiben?
  • Begrenze ich durch meine Sprache selbst meine Möglichkeiten?
Das, was ich schreibe, klingt klüger als ich tatsächlich bin. Sicher: ich finde viele gute Ideen in den Büchern, die ich lese. Aber in dieser Situation haben mir Vorbilder geholfen. Leute, die ähnlicher Situation anders als ich gehandelt haben. Das hat mich beeindruckt und bei mir einen Umdenkprozess ausgelöst.

Anmerkungen

  • /1/ Narrow Framing habe ich im Buch von den Heath-Brüdern über das Treffen von Entscheidungen gefunden, siehe /2/.
  • /2/ Heath, Chip ; Heath, Dan: Decisive. How to make better choices in life and work. New York, 2013. 

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