Direkt zum Hauptbereich

Onboarding im Projekt: Worauf besonders zu achten ist.

Thomas Michl schreibt in seinem Blog, dass der richtige Projektstart häufig vernachlässigt wird. Aber worauf muss man eigentlich achten?

Über Toms Gedankenblog /1/ finde ich immer wieder interessante Beiträge von Kollegen. Zum Beispiel hat sich Holger Zimmerman in seinem Blog Gedanken über das Onboarding in Projekten gemacht /2/. Er schildert ein Problem, das ich besonders aus großen Unternehmen kenne: Das Unternehmen gewinnt (oder bekommt) einen Projektauftrag, aber es ist noch gar nicht klar, wen man nun für das Projekt braucht bzw. wer überhaupt zur Verfügung steht. Holgers Idee ist, mit einem vorläufigen Projektteam zu starten. Auch seinen Vorschlag zum Ablauf des ersten Treffens finde ich nachvollziehbar.

Aus meiner Sicht ist aber schon im Vorfeld einiges nicht rund gelaufen. Stellen Sie sich vor, Sie betreiben ein italienisches Restaurant. Zur Mittagszeit ist die Bude voll. Ein Gast drängelt sich bis zum Tresen vor und sagt, er warte jetzt auf sein Essen.
  • Mitarbeiter: "Was haben Sie denn bestellt?"
  • Gast: "Ente süß-sauer. Wann kommt mein Essen?"
  • Mitarbeiter: "Tut mir leid. Wir haben nur italienische Küche. Chinesisches Essen können wir leider nicht."
  • Gast: "Das hat mich auch gewundert. Aber Ihr Chef hat gesagt, ich könnte solch ein Gericht bekommen. Also, wann ist es fertig. Nehmen Sie einfach ein Kochbuch. So schwer wird das ja nicht sein."
  • Mitarbeiter: "Hm, das hat mein Chef gesagt? Wir haben ein Kochbuch. Aber wir haben nicht die Zutaten und Sie sehen, was hier los ist. Wir können jetzt nicht Ente süß-sauer kochen."
  • Gast: "Oh ich habe den Rest des Tages Zeit. Das Essen ist mir wirklich sehr wichtig. Ich bezahle auch gern einen höheren Preis."
Sie können nun ein perfektes Onboarding für dieses Projekt machen: Wer kümmert sich um den Einkauf? Wer könnte schon mal mit den Vorbereitungen anfangen? Was sind die Spielregeln?"

Sie können sich auch die Situation des Chefs vorstellen: "Da hole ich einen guten Auftrag rein und nun kümmert sich keiner."

Kein Auftrag ohne Auftragsteam

An dem Beispiel wird hoffentlich deutlich, dass Onboarding gar nicht einfangen kann, was hier schief gelaufen ist:
  • Wie kann der Chef einen Auftrag annehmen, ohne zu klären, wer dafür Zeit hat?
  • Wie kann man einen Auftrag annehmen, ohne sich zu vergewissern, dass das Unternehmen die richtigen Kompetenzen hat?
  • Wieso soll ein Auftrag bearbeitet werden, der für keinen wichtig ist? Wenn er wichtig wäre, gäbe es ja Leute, die so etwas auf ihrer strategischen Agenda stehen haben.
Was nützt es, in dieser Situation Rollen und Spielregeln zu klären? Solche Projekte dürfen gar nicht angenommen werden.

Vor jedem Auftrag muss geklärt werden: Wer hat Zeit für den Auftrag? Haben die, die Zeit haben, alle nötigen Fähigkeiten und Ressourcen? Die Antwort kann nur das Auftragsteam geben. Kein anderer.

Nicht Erwartungen, Kompetenzen, Spielregeln klären, sondern die Ergebnisse

In allen Unternehmen haben wir zu viele Regeln und Erwartungen /3/. Jetzt kommen noch mehr dazu. Projekte scheitern nicht an fehlenden Regeln, sondern in erster Linie daran, dass nicht klar ist, was geliefert werden soll.

Auf die Agenda des ersten Treffens gehören für mich daher: Ziele, Ergebnisse, Unsicherheit/Risiken.
  • Was will der Kunde? Was sind seine Ziele?
  • Welche Ergebnisse braucht er von uns, um diese Ziele zu erreichen?
  • Wo gibt es Unsicherheiten, die uns davon abhalten, Ergebnisse zu liefern?
In der ersten Besprechung erwarte ich, dass das Auftragsteam darüber spricht, wie es plant, die Ergebnisse zu liefern.

Aus diesem Grund gibt es zum Beispiel bei Scrum kein eigenes Kick-Off, um die Spielregeln etc. zu klären. Wir starten bei Scrum mit einem Refinement, in dem wir die nächsten Anforderungen besprechen. Bei Scrum starten wir mit den Leuten, die da sind.

Wie könnte das Gespräch mit dem Gast weitergehen?
  • Mitarbeiter: "Nehmen Sie doch bitte Platz. Ich bringe Ihnen erst einmal etwas zu trinken. Ich frage mal in der Küche nach, was wir machen können. ... Sagen Sie mal, warum wollen Sie eigentlich Ente süß-sauer essen? Gibt es dafür einen bestimmten Grund?
  • Gast: "Mein Arzt hat mir Schweine- und Rindfleisch verboten. Aber Geflügel darf ich essen. Süß-sauer deshalb, weil in den anderen Soßen oft Knoblauch drin ist. Das vertrage ich nicht so gut. Zudem esse ich lieber gern Reis als Nudeln."
  • Mitarbeiter: "Wie wäre es, wenn wir Ihnen ein Reisgericht mit Hähnchenbrust zubereiten? Das könnten wir machen und wir hätten alle Zutaten da. Und es kostet auch nicht mehr."
Wie der Gast sich entschieden hat, werden wir leider nicht erfahren. Aber es war sicherlich gut, dass der Mitarbeiter zunächst den Auftrag geklärt hat.

Anmerkungen

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Wie beschreibt man einen Workshop für eine Konferenz?

Konferenzen bieten immer ein gutes Forum, um sein Wissen und seine Erfahrungen zu teilen. Was für die Vortragenden selbstverständlich scheint, ist für die Besucher:innen oft unverständlich. Wie können Vortragende ihren Workshop in 2-3 Sätzen beschreiben, damit die Besucher:innen schnell einschätzen können, er sich für sie lohnt?

Der Softwareeisberg, die Softwarepyramide - Wie sprechen wir über neue Software?

Software ist aus den Geschäftsprozessen vieler Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Sie verwaltet Kunden- und Produktdaten. Sie automatisiert Abläufe und verhindert Fehler. Aber Software veraltet. Was machen wir, wenn wir Unternehmenssoftware erneuern müssen? Von den ersten Konzepten bis zum ersten Release ist es ein weiter Weg, mit vielen Entscheidungen. Wie sprechen wir über diese Entscheidungen?

Transparenz als Schlüssel zum Erfolg: 20 Reflexionsfragen für moderne Organisationen

Transparenz ist das Herzstück erfolgreicher Teams. Sie schafft Vertrauen und fördert Zusammenarbeit. Wenn alle Zugang zu den notwendigen Informationen haben, können sie fundierte Entscheidungen treffen und gemeinsam Lösungen erarbeiten. Dies führt zu höherer Effizienz, schnelleren Entscheidungsprozessen und besseren Arbeitsergebnissen. Transparenz ist mehr als ein Schlagwort – es gilt, sie greifbar zu machen, ein gemeinsames Verständnis davon zu entwickeln und es in die Praxis umzusetzen. Wie das gelingt und welche Vorteile es für Euer Team und Eure Organisation bringt, erkunden wir im Folgenden.

Die Stimmung in Deinem Team drehen? So wird’s gemacht.

Oder ähnlich. Mir gefiel der Titel. Vor ein paar Tagen hat mich jemand angesprochen und von einem, wohl etwas frustrierenden, virtuellen Teammeeting erzählt. Die Teammitglieder zogen lange Gesichter, schauten grimmig in ihre Kameras. Ich habe mich dann gefragt, was ich tun würde, wenn ich in so einer Situation wäre. In diesem Blogpost beschreibe ich ein paar Tipps mit denen Du die Stimmung in Deinem Team (und Deine eigene) verbessern kannst.

Die Microsoft Teams-Not-To-Do-Liste

Viele hoffen, dass es  für die Einrichtung von Microsoft Teams  den Königsweg gibt, den perfekten Plan – doch den gibt es leider (oder glücklicherweise?) nicht. Genauso wenig, wie es jemals einen Masterplan für die Organisation von Gruppenlaufwerken gab, gibt oder je geben wird. Was gut und vernünftig ist hängt von vielen Faktoren und ganz besonders den Unternehmensprozessen ab. Sicher ist nur eines: Von alleine entsteht keine vernünftige Struktur und schon gar keine Ordnung. Dafür braucht es klare Entscheidungen.

Effektive Dokumentation in IT-Teams: Herausforderungen und Best Practices

  Effektive Dokumentation in IT-Teams: Herausforderungen und Best Practices In der heutigen Informationsgesellschaft ist eine effiziente Dokumentation essenziell für den Erfolg von IT-Teams. Dennoch kämpfen viele Unternehmen mit veralteten, überladenen oder unauffindbaren Informationen. Dieser Artikel beleuchtet die Herausforderungen der Dokumentation, zeigt Best Practices wie den „Clean-Up Day“ und zieht Parallelen zu politischen Initiativen zur Bürokratieentlastung. Strukturierte und gepflegte Dokumentation steigert die Effizienz, reduziert Fehler und verbessert die Zusammenarbeit. Der Mut zur Löschung irrelevanter Inhalte ist dabei ein zentraler Erfolgsfaktor.

Agilität ist tot. Ausgerechnet jetzt?

Agilität wird zurückgefahren, Hierarchien kehren zurück. Doch ist das wirklich der richtige Weg in einer Welt, die immer unberechenbarer wird? Oder erleben wir gerade eine riskante Rolle rückwärts?

Die Digitale Transformation braucht Tempo. Also auch Konversation in Ruhe statt nur hektische Meetings

„Gesprächsrunde“ (Quelle: siehe unten) Mir sind in letzter Zeit zwei Trends aufgefallen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Zum einen gibt es vermehrt Beiträge zur Meetingkultur , vor allem auf Online-Konferenzen bezogen. Zum anderen taucht das Thema „ Widerstand der Mitarbeiter gegen Changeprojekte“ wieder einmal stärker auf. Die beiden Phänomene sind gar nicht so unterschiedlich. Ihnen gemeinsam ist die Unzufriedenheit mit unproduktiven Vorgehensweisen, mangelndem Tempo, Stockungen in Prozessen und Projekten. Kurz, beide adressieren verschiedene Aspekte des Gefühls „wir sind im Hamsterrad, und es geht wieder einmal nichts voran“. Um diese beiden Trends geht es in diesem Artikel. Und eine Einladung zu einem Event „Impuls in der Mittagspause“, in dem Stephanie Borgert eine konkrete Alternative vorstellt. Zeitfresser Meetings Dazu hat Jessica Turner Ende 2024 ein interessantes Buch veröffentlicht „Online-Meetings mit Fokus und Mehrwert“ (alle Quellen unten). Der...

Leisten! Leisten? Leisten!

Warum opfern wir so viel für den Job, selbst wenn es uns nicht wirklich weiterbringt? Ein paar blasphemische Gedanken zu einem für uns überlebenswichtigen Thema.