Im Berufsalltag gibt es ständig Fragen, die zu klären sind. Wie machen wir dies, wie machen wir jenes? Wie reagieren wir auf X, wie planen wir Y, wie kontrollieren wir Z? Früher dachte ich, ich müsste auf alles eine Antwort wissen. Muss ich aber gar nicht. Und manchmal ist das sogar die bessere Antwort.
Gebhard wird jetzt schmunzeln, weil ich es wieder getan habe. Ich habe mir ein weiteres Buch über Selbstmanagement gekauft, nein, sagen wir gegönnt. Ich fand "18 Minutes" von Peter Bregman schon gut, da wollte ich auch das nächste Buch lesen (/1, 2/). Beim Lesen fand ich den Autor irgendwie sympathisch. Deswegen habe ich bei TED.com nach Videos von ihm gesucht.
Peter Bregman hat 2012 einen Vortrag darüber gehalten, dass es manchmal auch gut ist, zuzugeben, etwas NICHT zu wissen (/3/).
Zuzugeben, dass man etwas nicht weiß, ist schwierig und kostet Überwindung. Aber es öffnet den Weg zu neuen Ideen. Andere Menschen nehmen den Ball dankbar auf und entwickeln eigene Ideen. Das verbindet.
Das gilt umso mehr für Führungskräfte, die oft denken, sie müssten für alles eine Antwort parat haben. Sie fühlen sich verantwortlich und denken, sie kämen ihrer Verantwortung nach, wenn sie Antworten auf Fragen liefern, selbst wenn sie die Antwort nicht kennen: "Das ist doch meine Aufgabe. Ich muss das doch sagen. Das erwarten doch meine Mitarbeiter von mir."
Es mag sein, dass die Mitarbeiter das erwarten. Aber ich glaube, dass diese Erwartungshaltung falsch ist, sowohl die der Führungskraft, als auch die der Mitarbeiter. Es ist unmenschlich, auf alle Fragen eine Antwort zu haben. Es gibt auch viele Situationen, in denen es einfach keine klare Antwort gibt. Da muss die Antwort erkundet werden. In einem meiner psychologischen Profile stand zum Beispiel, dass ich gute Ideen im Gespräch mit anderen entwickeln kann. (Das ist natürlich eine beschönigende Form dafür, dass ich mir allein nur Blödsinn ausdenke und dass mich jemand auf den Boden der Tatsachen zurückholt, bevor ich zu viel Schaden anrichte.) Wichtiger als die Antwort ist der Prozess des Beantwortens und das Vertrauen, dass ich mit anderen eine gute Lösung finde.
Darin beruht auch der Erfolg von Großgruppenmethoden wie Open Space Technology, Future Search oder Appreciative Inquiry. Es ist einfach lächerlich, wenn ich als Führungskraft allein versuche, einen Unternehmensbereich neu zu strukturieren. Warum frage ich nicht die Leute, die es betrifft? Eine Umstrukturierung ist kein triviales Problem. Organisationen sind komplexe soziale Systeme. Da gibt es keine optimale Lösung. Es ist vielleicht nicht mal möglich, die Organisation in einem Schritt zu verändern. Vielleicht brauche ich viele Schritte, bis es merklich besser wird. Aber allein kann das keiner entscheiden. Deswegen kann ich mittlerweile auch gut zugeben, dass bestimmte Dinge nicht weiß.
Wo ich allerdings sofort eine klare Antwort (und klares Handeln) von Führungskräften erwarte, ist wenn jemand dauerhaft gegen die Werte des Teams verstößt.
Anmerkungen
Gebhard wird jetzt schmunzeln, weil ich es wieder getan habe. Ich habe mir ein weiteres Buch über Selbstmanagement gekauft, nein, sagen wir gegönnt. Ich fand "18 Minutes" von Peter Bregman schon gut, da wollte ich auch das nächste Buch lesen (/1, 2/). Beim Lesen fand ich den Autor irgendwie sympathisch. Deswegen habe ich bei TED.com nach Videos von ihm gesucht.
Peter Bregman hat 2012 einen Vortrag darüber gehalten, dass es manchmal auch gut ist, zuzugeben, etwas NICHT zu wissen (/3/).
Zuzugeben, dass man etwas nicht weiß, ist schwierig und kostet Überwindung. Aber es öffnet den Weg zu neuen Ideen. Andere Menschen nehmen den Ball dankbar auf und entwickeln eigene Ideen. Das verbindet.
Das gilt umso mehr für Führungskräfte, die oft denken, sie müssten für alles eine Antwort parat haben. Sie fühlen sich verantwortlich und denken, sie kämen ihrer Verantwortung nach, wenn sie Antworten auf Fragen liefern, selbst wenn sie die Antwort nicht kennen: "Das ist doch meine Aufgabe. Ich muss das doch sagen. Das erwarten doch meine Mitarbeiter von mir."
Es mag sein, dass die Mitarbeiter das erwarten. Aber ich glaube, dass diese Erwartungshaltung falsch ist, sowohl die der Führungskraft, als auch die der Mitarbeiter. Es ist unmenschlich, auf alle Fragen eine Antwort zu haben. Es gibt auch viele Situationen, in denen es einfach keine klare Antwort gibt. Da muss die Antwort erkundet werden. In einem meiner psychologischen Profile stand zum Beispiel, dass ich gute Ideen im Gespräch mit anderen entwickeln kann. (Das ist natürlich eine beschönigende Form dafür, dass ich mir allein nur Blödsinn ausdenke und dass mich jemand auf den Boden der Tatsachen zurückholt, bevor ich zu viel Schaden anrichte.) Wichtiger als die Antwort ist der Prozess des Beantwortens und das Vertrauen, dass ich mit anderen eine gute Lösung finde.
Darin beruht auch der Erfolg von Großgruppenmethoden wie Open Space Technology, Future Search oder Appreciative Inquiry. Es ist einfach lächerlich, wenn ich als Führungskraft allein versuche, einen Unternehmensbereich neu zu strukturieren. Warum frage ich nicht die Leute, die es betrifft? Eine Umstrukturierung ist kein triviales Problem. Organisationen sind komplexe soziale Systeme. Da gibt es keine optimale Lösung. Es ist vielleicht nicht mal möglich, die Organisation in einem Schritt zu verändern. Vielleicht brauche ich viele Schritte, bis es merklich besser wird. Aber allein kann das keiner entscheiden. Deswegen kann ich mittlerweile auch gut zugeben, dass bestimmte Dinge nicht weiß.
Wo ich allerdings sofort eine klare Antwort (und klares Handeln) von Führungskräften erwarte, ist wenn jemand dauerhaft gegen die Werte des Teams verstößt.
Anmerkungen
- /1/ Bregman, Peter: 18 Minutes. London: Hachette Book Group USA, 2011.
- /2/ Bregman, Peter: Four Seconds : All the Time You Need to Stop Counter-Productive Habits and Get the Results You Want. Heidelberg: HarperCollins, 2015.
- /3/ Peter Bregman: I Don't Know, Vortrag bei TEDxMillRiver, 28.04.2012, abrufbar unter https://www.youtube.com/watch?v=k2KCdgPfT0o
Lieber Jan,
AntwortenLöschendanke für deinen tollen Beitrag, der sicher vielen aus dem Herzen spricht.
Du schreibst: "Wichtiger als die Antwort ist der Prozess des Beantwortens und das Vertrauen, dass ich mit anderen eine gute Lösung finde." Pflichte dir voll uns ganz bei. Und doch halte ich diese Aussage - gerade in Ländern, wo sich Leistung gefälligst lohnen muss - für einigermaßen revolutionär.
Denn als leistungsorientierte Gesellschaft und natürlich auch als Individuen sind wir extrem auf die auf die Erreichung Ergebnissen und (Höchst-) Leistungen getrimmt. Der Weg zur Erlangung der Ziele hat - gesellschaftlich betrachtet - wenig bis gar keinen Wert. Wer kennt nicht das berühmte Zitat: "Wichtig ist, was hinten rauskommt." Ist das nicht das vorherrschende Motto unserer Zeit?
Außerdem: Eines unserer vorherrschenden Instrumente, die wir zum Erreichen von Ergebnissen allgemein anzuwenden gelernt haben (Familie, Kindergarten, Schule, Studium, Job), ist normalerweise Druck und Kontrolle. Vertrauen als sehr gegensätzliches Erfolgsmuster, zumal Vertrauen in die Gruppe oder eben in den Prozess, ist hierzulande und auch anderswo kein ausgeprägtes kulturelles Muster. Eher ist es wohl im Gegenteil überwiegend Misstrauen, das uns in unserem Tun leitet. Es heißt eben doch: "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser."
Es ist für mich aber spürbar, dass sich die Dinge in die Richtung zu ändern beginnen, die du beschreibst. Sehr langsam zwar, aber immerhin. Ich halte das für eine gute Entwicklung. Und wer weiß, vielleicht setzt ein Wandel bald auch schneller ein als wir das im Moment vermuten. Umstände können sich nämlich manchmal schneller ändern als gedacht und damit die Notwendigkeit Dinge anders anzugehen als bisher.
Beste Grüße,
Edgar