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Killerphrasen-Folge 4: Ich sage doch nur


Weiter geht es in unserer beliebten Reihe über Sätze, die Teams auf die Palme bringen. In diesem Beitrag untersuche ich einen Satz, der auf Probleme hinweist, ohne Verantwortung zu übernehmen.

Bitte schicken Sie mir Ihre Killerphrasen per Kommentar oder per E-Mail. Vielleicht können wir hier zusammen solche Sätze besser verstehen und Argumente dagegen sammeln.

Was fühlen Sie in folgender Situation?
  • A: "Lasst uns ein Projekt starten, um XY zu verbessern. Ich habe mir hier ein paar Gedanken zur Struktur gemacht."
  • B: "Das ist interessant. Ich sehe gerade, Sie haben Herrn Meyer für Z-Rolle vorgesehen. Ich kann ihn schon sagen, was dann passiert. Besser ist es, Frau Schmidt für die Z-Rolle zu fragen."
  • A: "Wir hielten das auch für eine bessere Idee und haben sie schon gefragt. Sie sagte, Herr Meyer sollte dies tun."
  • B: "Ich bin ja gar nicht gegen Herrn Meyer. Ich sage ja nur, dass Frau Schmidt die bessere Kandidatin ist."
Es gibt ähnliche Situationen, z.B. bei der Auswahl von Ideen, Herangehensweisen, Produkten usw. Das Muster ist jedoch immer gleich. Person A macht einen Vorschlag, der von Person B kommentiert wird. A bestätigt den Kommentar und legt dar, dass man sich dennoch für eine andere Alternative entschieden hat. B leitet das letzte Wort mit dem Satz "Ich sag' ja nur" ein. Denn dann ist die Kommunikation meist zu Ende, was bekanntlich das Merkmal einer Killerphrase ist.

Was fühlen Sie, wenn jemand Ihre Ideen mit "Ich sag' ja nur" kommentiert? Meine Emotionen gehen dann hoch. Ich fühle ich mich nicht richtig ernst genommen. Was ist die Ursache dafür?

Diese Killerphrase verneint die Relevanz der Aussagen von A. Die gleichen Gefühle hätte B auch mit folgenden Sätzen erzeugen können:
  • "Dann haben Sie wohl nicht richtig gefragt." 
  • "Ich glaube nicht, dass Sie gefragt haben." 
  • "Wenn ich gefragt hätte, hätte Frau Schmidt bestimmt zugesagt."
Das ist verbales Nachsetzen. Person B hat erkannt, dass sie sich nicht durchsetzen kann. Sie möchte aber trotzdem das letzte Wort haben (woher soll sie auch wissen, dass Person A nichts mehr sagen will). In der internen Diskussion mit Edgar vorab, haben wir das Thema Machtspiele noch entdeckt (/1/). Diese Killerphrase ist einer der subtilsten Angriffe auf den eigenen Selbstwert und die eigene Stellung:
  1. "Du liegst falsch" (direkter Angriff auf Selbstwert = Emotionen). 
  2. "Und behaupte nur ja nicht, ich hätte dich nicht gewarnt. Am besten du räumst gleich deine Position. Ich kann es sowieso besser als du."

Für Person A wird es schwierig, den Kommunikationsfaden wieder aufzunehmen. Egal ob sie nun erneut auf den Vorschlag eingeht ("Ich werde nochmal nachfragen.") oder die gewählte Alternative erneut bestätigt ("Ja, Sie haben recht. Aber Frau Schmidt wird uns nicht unterstützen können."), in beiden Fällen werden wir "Ich sag' ja nur" zu hören bekommen.

Woher kommt dieser Satz?

Jemand, der "Ich sag ja nur" antwortet, möchte eigentlich einen Beitrag leisten. Vielleicht fühlt er sich ausgeschlossen oder nicht beteiligt. Er möchte gehört werden. Er möchte zeigen, dass er sich Gedanken gemacht hat. Er erwartet eigentlich folgende Antwort: "Ja, tolle Idee. Wir werden sie sofort umsetzen. Dass wir nicht selbst auf diesen Gedanken gekommen sind. Es ist wirklich sehr gut, dass Sie uns darüber informiert haben. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn wir Ihre Idee nicht berücksichtigt hätten."

Stattdessen muss er feststellen, dass Person A ja auch schon diese Idee hatte. Nun kann B nicht mehr punkten. Mit traurigen Augen blickt er nach unten und gibt kleinlaut ein "Ich wollte ja nur sagen, dass..." wider (/2/).

Was wäre eine gute Antwort?

Auf der sachlichen Ebene kommen wir nicht weiter. Das haben wir schon gesehen. Es ist immer gut, gar nicht erst auf Killerphrasen reagieren zu müssen. Wenn Sie also schon ein paar Ich-sag-ja-nur-Kandidaten kennen, ist es wahrscheinlich besser, sie im Vorfeld um einen Beitrag zu bitten. Geben Sie ihnen die Möglichkeit, sich gut zu fühlen.

Wenn es zur Killerphrase kommt, haben Sie mehrere Möglichkeiten:
  1. Die harte Variante: Sie können die Killerphrase als solche entlarven und das Thema offensiv ansprechen. "Den Spruch 'ich sag' ja nur' will ich hier nicht noch einmal hören. Das ist eine Killerphrase. Sie trägt nicht dazu bei, dass wir das Gespräche auf Augenhöhe fortsetzen können. Wir beide haben keine Chance mehr, ohne Statusverlust weiterzureden."
  2. Sprechen Sie die guten Absichten Ihres Gesprächspartners an: "Der gute Herr B. Sie machen sich ja wirklich viel Gedanken um diese Sache. Erzählen Sie mir doch etwas von den Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit Frau Schmidt. Das scheint Ihnen ja wirklich wichtig zu sein."
  3. Die kommunikative Variante, die den tatsächlichen Hintergründen direkt auf den Grund geht - und so die tatsächlichen Beweggründe enttarnt: „Ich würde gerne verstehen, was Sie mit ‚Ich sag‘ ja nur‘ meinen? Was wollen Sie mit dieser Aussage bezwecken? Möchten Sie, dass wir weiter darüber sprechen oder nicht? Wenn ja, bitte ich Sie um mehr Informationen und Argumente. Wenn nein, machen wir so, wie wir vorschlagen."
Vielleicht haben unsere Leser ja noch mehr Ideen.


Hier geht es zu anderen Killerphrasen: http://www.teamworkblog.de/search/label/Killerphrasen  

Anmerkungen

  • /1/ Wir nutzen das Teamwork-Blog um unsere Gedanken zu sortieren. Jeder Autor sucht sich einen Partner, mit dem er seinen Artikel vorher bespricht. Das ist für uns, die wir über die Republik verteilt sind, immer ein schöner Anlass, miteinander zu sprechen.
  • /2/ Es könnte auch sein, dass dies ein bewusster Akt eines Machtspielchens ist. Zum Thema Statusspiele gibt es übrigens ein kurzweiliges Buch von Tom Schmitt und Michael Esser (/3/).
  • /3/ Schmitt, Tom ; Esser, Michael: Status-Spiele : Wie ich in jeder Situation die Oberhand behalte. 8. Aufl.. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch, 2012.

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