Viele Teams leisten Dienste für andere. Beispiele sind Priester, die Gottesdienste abhalten, Anwälte, die Arbeitsverträge erstellen oder Ärzte, die Patienten behandeln. Dabei arbeiten Teams nicht allein. Oft brauchen sie Unterstützung von anderen Mitgliedern, Teams oder Organisationen. Einer ist vom guten Service des anderen abhängig. Aber nicht selten gibt es Probleme in der Servicekette. Der Grund dafür ist einfach.
Ich habe mich schon das eine und andere Mal gewundert, warum es mit bestimmten Lieferanten oder Kunden immer wieder - sagen wir mal - Überraschungen gibt? Kein Mensch macht absichtlich Fehler. Es muss etwas anderes sein. Ich glaube, es spielt eine wichtige Rolle, welche Vorstellung wir davon haben, was der andere tut und braucht.
Bei Dienstleistungen ist das nicht einfach: Viele Vorgänge sind für den Kunden und auch für Lieferanten nicht sichtbar. Mir ist dazu ein Artikel von Lynn Shostack eingefallen. Sie spricht darin von einer Line of visibility (/1/). Als Kunde oder Abnehmer von Dienstleistungen können Sie nur bis zu dieser Sichtbarkeitslinie sehen. Die Abläufe dahinter sind für Sie verborgen. Dazu ein paar Beispiele.
Eine Anwältin erstellt auf Wunsch eines Mandanten einen Zeitarbeitsvertrag. Die Sichtbarkeitslinie verläuft irgendwo zwischen Telefon und E-Mail-Programm. Der Mandant meldet sich per Telefon und bekommt einen Entwurf per E-Mail zurück. Wenn Sie nicht selbst Anwalt sind, wissen Sie gar nicht, was man alles tun muss, um einen guten Vertrag zu erstellen. Man muss in der eigenen Datenbank nach passenden Vorlagen suchen. Dann wird der Entwurf gegen die letzten Urteile geprüft. Was vor einem Jahr vielleicht möglich war, geht heute nicht mehr. Und es gibt oft Widersprüche zwischen verschiedenen Urteilen und Gesetzen, die für den Mandanten mit möglichst wenig Konfliktpotenzial aufgelöst werden.
Ein Hausarzt behandelt Patienten. Die Sichtbarkeitslinie ist die Tür des Wartezimmers. Als Patient gelangen Sie auch irgendwann in den Behandlungsraum. Aber Ihre Beschwerden und Behandlung ist eine andere als die der anderen Patienten. Das, was Sie sehen, muss nicht das sein, was andere sehen.
Guter Service ist schwierig, weil wir nicht verstehen, was hinter der Sichtbarkeitslinie passiert. Dann fragen wir uns, warum etwas so lange dauert oder warum schon wieder dieser blöde Fehler aufgetreten ist.
Hinzu kommt ein zweiter Punkt: Dienstleistungen werden zur gleichen Zeit erbracht, in der sie auch genutzt werden. Wenn ein Taxifahrer einen Fahrgast zu spät am Flughafen absetzt, kann er ihn nicht einmal noch einmal fahren und ist dann pünktlich. Bei Produkten geht das. Wenn ein Produkt fehlerhaft ist, wird es gegen ein fehlerfreies ausgetauscht. Aber bei Dienstleistungen ist es nicht möglich. Der Taxifahrer kann seinen Stammkunden auch nicht zehnmal im Voraus fahren (/2/).
Wenn Teams mit Teams aus anderen Organisationen länger zusammenarbeiten wollen, ist es hilfreich, sich die gegenseitigen Abläufe sichtbar zu machen. Und wegen des eben genannten zweiten Punktes müssen sie das vorher tun, also bevor die eigentlichen Dienste geleistet werden.
Es geht dabei nicht um präzise und ausführliche Beschreibungen. Erstens hat keiner Zeit ausführliche Dokumente zu erstellen und zu lesen. Zweitens weiß der Ersteller nicht, was der Leser nicht weiß. Somit besteht die Gefahr, dass zu viel, zu triviales oder nicht relevantes Wissen festgehalten wird. Wahrscheinlich ist es einfacher, erst mal den direkten Kontakt zu versuchen.
Auf welcher Seite der Sichtbarkeitslinie stehen Sie? Was sieht Ihr Kunde? Was meinen Sie, was Ihr Lieferant eigentlich tun muss?
Im einfachsten Fall erklärt ein Team dem anderen kurz, was es so üblicherweise tut und was kritische Punkte sind. Das hilft oft schon weiter. Oder erklären Sie Ihrem Kunden, was Sie jetzt tun müssen, um seine Anfrage zu beantworten.
Zwei interessante Ideen habe ich in einer Handreichung vom ISF München gefunden - Tracking und Twinning (/3/):
Update 26.08.2013, 09:40: Paul Huppertz hat sich ziemlich viele Gedanken zu den Eigenschaften von Dienstleistungen gemacht. Von ihm stammt ein sehr ausführliches Glossar zu diesem Thema: http://de.slideshare.net/PaulGHz/servicialisierung-glossar-serviceterminologie-v070000
Ich habe mich schon das eine und andere Mal gewundert, warum es mit bestimmten Lieferanten oder Kunden immer wieder - sagen wir mal - Überraschungen gibt? Kein Mensch macht absichtlich Fehler. Es muss etwas anderes sein. Ich glaube, es spielt eine wichtige Rolle, welche Vorstellung wir davon haben, was der andere tut und braucht.
Bei Dienstleistungen ist das nicht einfach: Viele Vorgänge sind für den Kunden und auch für Lieferanten nicht sichtbar. Mir ist dazu ein Artikel von Lynn Shostack eingefallen. Sie spricht darin von einer Line of visibility (/1/). Als Kunde oder Abnehmer von Dienstleistungen können Sie nur bis zu dieser Sichtbarkeitslinie sehen. Die Abläufe dahinter sind für Sie verborgen. Dazu ein paar Beispiele.
Sichtbarkeitslinien
Ein Priester hält einen Gottesdienst. Die Tür zur Sakristei ist die Line of visibility, die Sichtbarkeitslinie. Die Gottesdienstbesucher sehen wie der Priester aus der Sakristei kommt, die Messe abhält und am Ende wieder hinter der Tür verschwindet. Wenn Sie nicht gerade Küster sind, wissen Sie nicht, was alles für die Messe vorbereitet werden muss. Beispielsweise werden verschiedene Gegenstände im Altarraum plaziert, mit dem Organist Lieder abgesprochen und mit dem Lektor Gebetstexte.Eine Anwältin erstellt auf Wunsch eines Mandanten einen Zeitarbeitsvertrag. Die Sichtbarkeitslinie verläuft irgendwo zwischen Telefon und E-Mail-Programm. Der Mandant meldet sich per Telefon und bekommt einen Entwurf per E-Mail zurück. Wenn Sie nicht selbst Anwalt sind, wissen Sie gar nicht, was man alles tun muss, um einen guten Vertrag zu erstellen. Man muss in der eigenen Datenbank nach passenden Vorlagen suchen. Dann wird der Entwurf gegen die letzten Urteile geprüft. Was vor einem Jahr vielleicht möglich war, geht heute nicht mehr. Und es gibt oft Widersprüche zwischen verschiedenen Urteilen und Gesetzen, die für den Mandanten mit möglichst wenig Konfliktpotenzial aufgelöst werden.
Ein Hausarzt behandelt Patienten. Die Sichtbarkeitslinie ist die Tür des Wartezimmers. Als Patient gelangen Sie auch irgendwann in den Behandlungsraum. Aber Ihre Beschwerden und Behandlung ist eine andere als die der anderen Patienten. Das, was Sie sehen, muss nicht das sein, was andere sehen.
Für Sichtbarkeit sorgen
Guter Service ist schwierig, weil wir nicht verstehen, was hinter der Sichtbarkeitslinie passiert. Dann fragen wir uns, warum etwas so lange dauert oder warum schon wieder dieser blöde Fehler aufgetreten ist.
Hinzu kommt ein zweiter Punkt: Dienstleistungen werden zur gleichen Zeit erbracht, in der sie auch genutzt werden. Wenn ein Taxifahrer einen Fahrgast zu spät am Flughafen absetzt, kann er ihn nicht einmal noch einmal fahren und ist dann pünktlich. Bei Produkten geht das. Wenn ein Produkt fehlerhaft ist, wird es gegen ein fehlerfreies ausgetauscht. Aber bei Dienstleistungen ist es nicht möglich. Der Taxifahrer kann seinen Stammkunden auch nicht zehnmal im Voraus fahren (/2/).
Wenn Teams mit Teams aus anderen Organisationen länger zusammenarbeiten wollen, ist es hilfreich, sich die gegenseitigen Abläufe sichtbar zu machen. Und wegen des eben genannten zweiten Punktes müssen sie das vorher tun, also bevor die eigentlichen Dienste geleistet werden.
Es geht dabei nicht um präzise und ausführliche Beschreibungen. Erstens hat keiner Zeit ausführliche Dokumente zu erstellen und zu lesen. Zweitens weiß der Ersteller nicht, was der Leser nicht weiß. Somit besteht die Gefahr, dass zu viel, zu triviales oder nicht relevantes Wissen festgehalten wird. Wahrscheinlich ist es einfacher, erst mal den direkten Kontakt zu versuchen.
Auf welcher Seite der Sichtbarkeitslinie stehen Sie? Was sieht Ihr Kunde? Was meinen Sie, was Ihr Lieferant eigentlich tun muss?
Im einfachsten Fall erklärt ein Team dem anderen kurz, was es so üblicherweise tut und was kritische Punkte sind. Das hilft oft schon weiter. Oder erklären Sie Ihrem Kunden, was Sie jetzt tun müssen, um seine Anfrage zu beantworten.
Zwei interessante Ideen habe ich in einer Handreichung vom ISF München gefunden - Tracking und Twinning (/3/):
- Beim Tracking verfolgt ein Mitarbeiter einen Vorgang vom Anfang bis Ende. Er besucht zum Beispiel alle Stationen von der Annahme einer Bestellung bis zum Verladen des Pakets. An den einzelnen Stationen notiert er, was ihm aufgefallen ist oder was an der Station wichtig ist.
- Beim Twinning besucht ein Mitarbeiter einen anderen an seinem Arbeitsplatz, vielleicht für ein paar Stunden und beobachtet ihn bei der Arbeit. Auch hier wird wieder notiert, was interessant und wichtig ist.
Update 26.08.2013, 09:40: Paul Huppertz hat sich ziemlich viele Gedanken zu den Eigenschaften von Dienstleistungen gemacht. Von ihm stammt ein sehr ausführliches Glossar zu diesem Thema: http://de.slideshare.net/PaulGHz/servicialisierung-glossar-serviceterminologie-v070000
Anmerkungen
- /1/ G. Lynn Shostack: Designing Services That Deliver, erschienen im Harvard Business Review, Ausgabe Januar 1984, abrufbar unter http://hbr.org/1984/01/designing-services-that-deliver/
- /2/ Die Idee mit dem Taxifahrer habe ich in einer Beschreibung von Dienstleistungen von Paul Huppertz gefunden, siehe Kresse, Michael ; Huppertz, Paul G.: IT Service Management Advanced Pocket Book : IT-Service - Der Kern des Ganzen -. Bad Homburg: Serview GmbH, 2006.
- /3/ Pfeiffer, Sabine ; Ritter, Tobias ; Treske, Eric: Work Based Usability : Produktionsmitarbeiter gestalten ERP-Systeme "von unten" ; eine Handreichung. M: ISF München, 2008, bestellbar unter http://www.isf-muenchen.de/publikationen/artikel/id/20. Das Buch ist sehr interessant, wenn Sie mehr über die Einführung von komplexen Softwarepordukten erfahren wollen.
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